Da war’s noch heimelig: Als Kanzlerin Angela Merkel in Kreuth eintraf, wurde sie von Fraktionschef Thomas Kreuzer (links) und einer Trachtengruppe begrüßt und mit weiß-blauen Blumen beschenkt. Hat alles nix genützt: Die von der CSU geforderte Flüchtlings-Obergrenze will Merkel nicht. (Foto: dpa)
Auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth hat die CSU-Landtagsfraktion ihre Positionen zur Begrenzung der Zuwanderung und den Integrationspflichten für bleibeberechtigte Flüchtlinge präzisiert. Sie verabschiedete dazu mehrere Resolutionen. Kernpunkte sind die Einführung von Obergrenzen für die jährliche Aufnahme von Schutzsuchenden, eine lückenlose Kontrolle der deutschen Außengrenzen zur Vermeidung illegaler Einwanderung und die Zurückweisung von Personen aus sicheren Drittstaaten. Zudem soll das Grenzregime mit allen Transitländern auf der so genannten Balkan-Route abgestimmt werden. „Wir können von diesen Forderungen keine Abstriche machen“, erklärte Fraktionschef Thomas Kreuzer. Er sei überzeugt davon, dass sich die CSU mit ihrer Position am Ende auch gegen Widerstände in der Bundesregierung durchsetzen werde. Laut einer repräsentativen, von der CSU-Fraktion beim Institut „policy matters“ in Auftrag gegebenen Umfrage unterstützt eine große Mehrheit der Bayern die Forderungen der CSU nach Zuwanderungsbegrenzung und klaren Integrationsvorgaben.
In einer Entschließung zur Verankerung einer Leitkultur hat die CSU-Fraktion zehn Grundregeln erarbeitet, die für das Zusammenleben in Bayern wichtig seien. „Eine klare Leitkultur soll dazu beitragen, Verlustängsten in der Bevölkerung zu begegnen und Zuwanderern Orientierung zu geben“, erklärte der federführende Abgeordnete Markus Blume. Die CSU setzt dabei unter anderem auf die Verbindlichkeit der deutschen Sprache im öffentlichen Leben, die Anerkennung von Recht und Gesetz sowie die Gültigkeit des „christlich-jüdischen-abendländischen Wertefundaments“. Diese Leitkultur soll konkretes Staatsziel und deshalb in der bayerischen Verfassung verankert werden. Nach einer ausführlichen Debatte mit Bürgerbeteiligung will die CSU ihre Vorstellungen dem Landtag vorlegen. Sie hofft dabei auf die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Verfassungsänderung.
In einem mehr als zweistündigen Gespräch mit der als Gast nach Kreuth gereisten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchten die Abgeordneten in teils persönlich gehaltenen, teils mit massiver Sachkritik gespickten Redebeiträgen, Merkel von einer Wende in der Flüchtlingspolitik zu überzeugen. Bei weiterhin rund 3000 Zufluchtsuchenden pro Tag werde eine Lösung des Problems immer dringlicher, betonte Kreuzer. Nach Teilnehmerangaben reagierte Merkel auf die Schilderungen mit den Worten: „Ich kenne Ihre Sorgen, aber ich bitte Sie, darüber nachzudenken, dass Ihre Lösung auch nicht ohne Risiken ist.“ Nach ihrer Einschätzung bestehe auch Einigkeit darüber, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge „spürbar und nachhaltig reduziert“ werden müsse. Man müsse dabei aber bei den Fluchtursachen ansetzen und eine europäische Lösung des Problems finden, hielt Merkel an ihrer Linie fest. Bis Mitte Februar stünden noch mehrere internationale Gespräche und Konferenzen an, danach müsse das weitere Vorgehen überlegt werden. In der CSU-Fraktion reagierte man enttäuscht auf Merkels Aussagen. Einzelne Abgeordnete erklärten, es müsse entweder eine andere Flüchtlingspolitik geben oder eine andere Kanzlerin. Kreuzer betonte die Standhaftigkeit der CSU in der Debatte: „Wir werden unsere Forderungen auch nach Kreuth weiter vertreten.“
Rinderspacher: "Das ist die Stunde der SPD"
Auch bei der SPD-Fraktion im schwäbischen Irsee standen die Themen Flüchtlinge und Integration im Mittelpunkt der Klausurtagung. Bei der Lösung der Probleme sah Fraktionschef Markus Rinderspacher seine Partei in einer Schlüsselrolle, da sie sozialen Zusammenhalt besser organisieren könne als andere Parteien. „Das ist die Stunde der SPD“, sagte Rinderspacher. Grundsätzlich sprach sich auch er für eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen aus, da ansonsten die Integration fehlschlagen werde. Den Vorschlag der CSU zu einer Verfassungsänderung lehnte Rinderspacher nicht rundweg ab. Man sei offen für Gespräche und wolle das Vorhaben genau prüfen, erklärte er. Der integrationspolitische Sprecher Arif Tasdelen ergänzte, Integration sei eine Querschnittsaufgabe über alle Politikfelder. „Wir brauchen umfassende staatliche Anstrengungen in den Kernfeldern der Integration, besonders Bildung, Arbeit und Wohnen.“ Hier tue die Staatsregierung noch zu wenig.
Tasdelen forderte mehr Sozialarbeiter an bayerischen Schulen, um ein Abdriften von Jugendlichen in den Extremismus zu verhindern. Davor hatte der Extremismusforscher Ahmad Mansour in einem Gastvortrag in Irsee gewarnt und die besondere Bedeutung der Schulen bei der Prävention betont. Bayern sei von politischem Extremismus noch nicht so stark betroffen, sagte Tasdelen. „Wir müssen alles dafür tun, dass dies so bleibt.“ Zudem sprach er sich für eine bessere Unterstützung muslimischer Gemeinden in Bayern aus. Diese müssten als Partner im Kampf gegen religiösen Extremismus gewonnen werden, sagte er nach einem Fraktionsbesuch in der Moschee von Marktoberdorf. Wünschenswert wäre dazu ein Staatsvertrag zwischen Bayern und den muslimischen Gemeinden.
In weiteren Punkten sprach sich die SPD für eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus und eine verbesserte Kinderbetreuung aus. Zudem müssten Maßnahmen ergriffen werden, um die wachsende Armutsgefährdung einiger gesellschaftlicher Gruppen zu bekämpfen. „Wir als SPD nehmen unsere staatspolitische Verantwortung wahr und setzen uns mit den für Bayern aktuell wichtigen Themen auseinander“, zog Rinderspacher eine Klausurbilanz. Man mache dabei keine Versprechen, die nicht eingehalten werden könnten. Für die weitere Landtagsarbeit kündigte er an, die sachpolitischen Beschlüsse von Irsee nun in sukzessive parlamentarische Initiativen umzusetzen. (Jürgen Umlauft)
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