Landtag

Richtig zufrieden mit den aktuellen Umfragen zur Landtagswahl in Bayern dürfte Markus Söder (rechts), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, nicht sein. (Foto: dpa/Kneffel)

12.09.2023

CSU im Stimmungstief, Freie Wähler auf Rekordhoch

Die Aiwanger-Affäre hat die politische Stimmung in Bayern kurz vor der Wahl durcheinandergewirbelt. Aktuell gibt es nur einen Gewinner

Knapp vier Wochen vor der bayerischen Landtagswahl steckt die CSU im Stimmungstief, dagegen erreichen die Freien Wähler nach der Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger ein Rekordhoch. Im neuen "Bayerntrend" des Bayerischen Rundfunks, der am Dienstag veröffentlicht wurde, kommt die CSU von Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder erneut nicht über 36 Prozent hinaus, wie schon in zwei vorangegangenen Umfragen. Das ist der niedrigste Umfragewert seit mehr als eineinhalb Jahren – niedriger auch als das schon historisch schlechte Landtagswahlergebnis 2018 (37,2 Prozent).

Die Freien Wähler liegen in der repräsentativen Erhebung des Instituts Infratest dimap bei 17 Prozent. Das ist noch einmal ein Prozentpunkt mehr als in zwei Umfragen anderer Institute aus der vergangenen Woche - und der höchste Wert, den die Freien Wähler je in einer Umfrage erzielten. Im Vergleich zum "Bayerntrend" aus dem Mai ist es ein Plus von fünf Punkten. Bei der Landtagswahl 2018 hatten sie 11,6 Prozent geholt, seither regieren sie zusammen mit der CSU.

Wäre am kommenden Sonntag Landtagswahl, würden die Grünen der Umfrage zufolge mit 15 Prozent nur noch auf Platz drei landen. Die AfD kommt im "Bayerntrend" auf 13 und die SPD auf 9 Prozent. Für die FDP wird es immer enger: Mit 3 Prozent würde sie dieser Umfrage zufolge klar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, säße also nicht mehr im Landtag.

Mehr Bekanntheit und Solidarisierung

Politikwissenschaftler hatten als Ursachen für den Höhenflug der Freien Wähler jüngst eine Mischung aus nochmals gewachsener Bekanntheit und Solidarisierungseffekten für Aiwanger genannt. Der 52-Jährige hatte sich zuletzt gegen Vorwürfe gewehrt, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Stattdessen bezichtigte sich sein Bruder als Verfasser. Aiwanger räumte aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden.

Nach mehreren Tagen, und auch nach weiteren Vorwürfen zu seiner Schulzeit, entschuldigte Aiwanger sich, ging aber zugleich zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne. Söder lehnte eine Entlassung Aiwangers am Ende als "nicht verhältnismäßig" ab. CSU und Freie Wähler wollen ihre Koalition auch nach der Wahl fortsetzen.

Wenig Durchschlagskraft in Umfragen

Sollte das Ergebnis am Wahlabend des 8. Oktober so ausfallen wie die aktuellen Umfragen aussehen, hätte Söder ein weiteres Absacken der CSU zu verantworten. Doch auch wenn die Aiwanger-Affäre ein Faktor sein sollte: Schon in Umfragen zuvor war die CSU kaum über ihr Ergebnis von 2018 hinausgekommen. Und das nach mehr als fünfjähriger Regierungszeit Söders, obwohl dieser seit langem nimmermüde durchs Land tourt und trotz des drastischen Ansehensverlustes der Berliner Ampel-Koalition. Bereits vor der Causa Aiwanger hatten nicht wenige CSU'ler angemerkt, dass die Partei eigentlich besser dastehen müsste.

Die Freien Wähler wiederum dürften, sollte sich ihr Höhenflug fortsetzen, massiv gestärkt in Koalitionsverhandlungen mit der CSU gehen – samt Forderungen nach mehr als drei Ministerien wie bisher. Söder nannte die hohen Umfragewerte für Aiwanger am Dienstag, noch vor der Veröffentlichung des aktuellen "Bayerntrends", erneut "eine Fieberkurve auch von Solidarität". "Wir werden sehen, was am Ende die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl entscheiden", betonte er.

Gut zwei Drittel (68 Prozent) der Bayern halten laut "Bayerntrend" Söders Entscheidung, Aiwanger nicht zu entlassen, für richtig, ein knappes Viertel (24 Prozent) erachtet sie als falsch. 53 Prozent der Bayern halten Aiwangers Erklärungen demnach für glaubwürdig - 35 Prozent nicht. Bei der Frage nach der Politikerzufriedenheit gab es bei Söder und Aiwanger im Vergleich zum Mai quasi keine Veränderung.

Von Brunn legt zu

Zulegen konnte hier SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn, der mit 17 Prozent (plus 5 Punkte) aber hinter Söder (56 Prozent), Aiwanger (48) und Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze (25) zurückliegt. Bei den Zufriedenheitswerten liegt Söder im Vergleich zu anderen Ministerpräsidenten im Mittelfeld. An der Spitze liegt hier Daniel Günther (CDU, 69 Prozent) in Schleswig-Holstein, hinten liegt dagegen Hendrik Wüst (CDU, 45 Prozent) in Nordrhein-Westfalen.

Die Zufriedenheit mit der Arbeit von CSU (plus 2 Punkte auf 49 Prozent) und Freien Wählern (plus 5 Punkte auf 42 Prozent) in der Staatsregierung hat im Vergleich zum Januar-"Bayerntrend" zugenommen. Die Zufriedenheit mit den Ampel-Parteien nahm dagegen ab: SPD minus 3 Punkte auf 26 Prozent, Grüne minus 9 auf 22 Prozent, FDP minus 3 auf 19 Prozent. Die AfD legte hier um einen Punkt auf 16 Prozent zu.

Eine Koalition von CSU und Freien Wählern halten 51 Prozent für gut oder sehr gut. Bei einer CSU-Alleinregierung sind es 34 Prozent, dann folgen Schwarz-Rot (28), Schwarz-Gelb (25) und Schwarz-Grün (24).

Das Interesse an der Wahl ist der Umfrage zufolge quasi genauso hoch wie 2018: Drei Viertel sind stark oder sehr stark daran interessiert. Während damals fast die Hälfte der Wahlberechtigten (48 Prozent) mit Zuversicht auf die Verhältnisse in Bayern blickte, sind es aktuell nur noch 37 Prozent. Sogar unter Anhängern der Freien Wähler sind 46 Prozent eher beunruhigt und nur 43 Prozent eher zuversichtlich.

Immer mit Unsicherheiten behaftet

Grundsätzlich spiegeln Wahlumfragen nur ein Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang. Sie sind zudem immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Infratest dimap gibt die Schwankungsbreite wie folgt an: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent. (Christoph Trost und Marco Hadem, dpa)

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