Landtag

Bei der Protestkundgebung der Initiative Querdenken in Stuttgart schwenkt ein Teilnehmer eine Reichsflagge – kein Einzelfall. (Foto: dpa/Christoph Schmidt)

11.09.2020

Corona: Rechtsextremisten sind auf Anhängersuche

Für Samstag haben selbsternannte Corona-Rebellen in München eine Veranstaltung mit 5000 Teilnehmern angemeldet. Welche Erkenntnisse der Verfassungsschutz in Bayern über den Einfluss von QAnon, Rechtsextremen, Preppern, Esotherikern und Impfgegnern hat

Antisemitische und rassistische Verschwörungstheorien haben in der Corona-Pandemie Hochkonjunktur. „Auch wenn in Bayern zum Glück kein Attila Hildmann vor Ort nach der Todesstrafe ruft und antisemitische Parolen verbreitet, ist es wichtig, dass die Sicherheitsbehörden das Kundgebungsgeschehen im Zusammenhang mit Corona im Blick halten“, schreibt Grünen-Chefin Katharina Schulze in ihrer Anfrage. Sie wollte daher wissen, welche Erkenntnisse die Staatsregierung hat.

QAnon-Verschwörungstheoretiker:
Nach Angaben des bayerischen Verfassungsschutzes glauben sie daran, dass Kinder entführt und in unterirdischen Lagern gefoltert und ermordet würden, um daraus ein Lebenselixier für Prominente, jüdische Banker und die politische Elite zu gewinnen. Obwohl der Ursprung der Theorie in den USA läge, hätten die Verschwörungstheoretiker vor allem über den Messenger-Dienst Telegram und bei Kundgebungen in Deutschland Zulauf. „Q wurde zuletzt sowohl von Reichsbürgern, als auch von Teilen der rechtsextremistischen Szene aufgegriffen“, heißt es in der Antwort. Durch den Kampf gegen den „tiefen Staat“ sollen auch bei uns neue Anhänger gewonnen werden.

Rechtsextreme Szene:
Laut Innenministerium schwanken die Positionen zwischen der Hoffnung auf einen Sturz des Systems und der Befürchtung, die Krise diene nur als Vorwand, um Bürgerrechte einzuschränken. „Aktivisten versuchen so, die Pandemie zu instrumentalisieren und durch Selbstdarstellung als soziale Organisation, die sich um die Probleme der ‚kleinen‘ Leute kümmert, Anhänger zu gewinnen.“ So fiel zum Beispiel die neonazistische Partei „Der Dritte Weg“ mit Unterstützungsangeboten wie Einkaufshilfen oder Kinderbetreuung auf. Auch würden Reichsbürger und rechtsextremistische Personen verschwörungstheoretische und rassistische Elemente miteinander verbinden. So soll beispielsweise Microsoft-Gründer Bill Gates das Virus in Umlauf gebracht haben, um an Zwangsimpfungen Geld zu verdienen. Manche behaupten, es gebe einen Zusammenhang zwischen 5G und Corona. Andere glauben, Corona diene dazu, das Bargeld abzuschaffen.

Prepper:
Vorbereitungen auf einen „Tag X“ im Sinne einer besonderen Krisenvorsorge sind nach Angaben des Ministeriums immer wieder Bestandteil der rechtsextremistischen wie auch der Reichs- und Selbstverwalterszene. Kennzeichnend ist, dass sie die Krise nicht nur befürchten und sich entsprechend vorbereiten, sondern sie auch selbst herbeiführen wollen. Es gebe aber keine konkreten Hinweise zu geheimen Waffendepots. „Auf Grundlage einer die Gewalt bejahenden Ideologie kann die Begehung einzelner schwerer Gewalttaten bis hin zu terroristischen Anschlägen aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.“

Hygiene-Demos:
Bei Veranstaltungen gegen Corona-Beschränkungen nahmen nach Erkenntnissen von Innenminister Joachim Herrmann auch die Parteien Der Dritte Weg und die NPD sowie Einzelpersonen der Skinheadgruppierung „Voice of Anger“, von „Wodans Erben Germanien“, der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“, der Reichsbürgerszene und von Pegida teil. Bekannte Linksextremisten seien nicht unter den Teilnehmern. Zur politischen Ausrichtung der neuen Partei „Widerstand 2020“ kann die Staatsregierung noch keine valide Einschätzung abgeben.

Islamistische Szene: Laut Staatsregierung finden Verschwörungstheorien keinen relevanten Widerhall. Aus dem salafistischen Spektrum gebe es Äußerungen, die die Pandemie als Ausdruck der Allmacht Gottes über die Ungläubigen darstellt – zum Beispiel wegen des Besuchsverbots von Bars und Discotheken.

Esoteriker und Impfgegner: Dazu liegen dem Verfassungsschutz keine relevanten Informationen vor, gleiches gilt für die AfD-Jugend „Junge Alternative“ und die sogenannte Querfront.

Grünen-Chefin Schulze fordert die Staatsregierung auf, vor allem die „QAnon-Bewegung“ stärker zu beobachten. „Wie gefährlich dieser Verschwörungsmythos ist, zeigt der Attentäter von Halle, der sich in seiner Live-Video-Botschaft selbst als Anon, also als Anhänger der QAnon-Theorie, bezeichnet hat“, betont sie. QAnon habe eine eindeutig antisemitische Botschaft von einer geheimen Weltverschwörung einer globalen Elite, die an die Ritualmordlegenden des traditionellen Antisemitismus erinnert. (David Lohmann)

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