Landtag

Lauter stolze Gesichter: Ministerpräsident Söder, umringt von den neuen Regierungsmitgliedern mit den Ernennungsurkunden. (Foto: dpa/Hildenbrand)

10.11.2023

Das Kabinett im Überblick

Diese Woche wurden die neuen Ministerinnen und Minister im Landtag vorgestellt – große Überraschungen blieben aus. Markus Söder sprach von Kontinuität und Erneuerung, die Opposition von Folklore

Im Landtag wurde das neue Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vereidigt. Es besteht aus 13 Männern und vier Frauen. Inklusive Söder beträgt der Frauenanteil 22,2 Prozent, aktuell der niedrigste Wert einer deutschen Landesregierung. Zwölf Kabinettsmitglieder Söders gehören der CSU an, fünf den Freien Wählern. „Das ist das neue Team Bayern“, erklärte Söder bei der Vorstellung des Personaltableaus. Er sprach von einer Mischung aus Kontinuität und Stabilität, aber auch Erneuerung und Perspektive. Neu in der Runde sind Europaminister Eric Beißwenger (CSU), der seine Parteikollegin Melanie Huml ablöst, Finanzstaatssekretär Martin Schöffel (CSU) und Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt (Freie Wähler). Er sei stolz auf dieses „ausgewogen besetzte Kabinett“, sagte Söder. Es verkörpere die Regionen Bayerns und setze auf bewährte und junge Kräfte sowie auf ein gutes Miteinander von Männern und Frauen.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze bemängelte den niedrigen Frauenanteil im Kabinett. „Das ist ein Armutszeugnis“, erklärte Schulze, und sei weit weg von Söders einstigem Anspruch, den Ministerrat geschlechterparitätisch zu besetzen. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn kritisierte den Neuzuschnitt der Ministerien, vor allem, dass Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) nun für Staatsforsten und Jagdrecht zuständig sei. Es brauche ein Ministerium für Wirtschaft und Zukunft und „kein Folkloreministerium für Herrn Aiwanger“. Die AfD äußerte sich nicht zur Kabinettsbildung. Worauf sich die Neuen im Kabinett eingelassen haben, formulierte Söder so: „Ihre Zeit gehört jetzt im Wesentlichen Bayern und damit auch der bayerischen Staatsregierung. Herzlichen Dank! Viel Erfolg!“

DAS KABINETT IM ÜBERBLICK

Bayerischer Ministerpräsident: Markus Söder (CSU)

Als Söder (56) im März 2018 Horst Seehofer als Ministerpräsident nachfolgte, herrschten für die CSU paradiesische Zustände: Sie verfügte im Landtag über die absolute Mehrheit. Bei der Landtagswahl im Oktober 2018 fuhr Söder mit 37,2 Prozent das schlechteste Ergebnis der CSU seit 1950 ein. Bei der Wahl vor vier Wochen waren es 37 Prozent. Als Ministerpräsident ist er dennoch unangefochten, ernst zu nehmende parteiinterne Konkurrenz ist nicht in Sicht.

Innenminister: Joachim Herrmann (CSU)

Der 67-jährige Jurist aus Nürnberg ist der dienstälteste Landesinnenminister und seit 16 Jahren im Amt. Wegen seiner Fachkompetenz und seines besonnenen Auftretens genießt er auch bei der Opposition hohes Ansehen. Seine Innenpolitik ist klar konservativ. Weil er Polizeirechte ausweitete und das Demonstrationsrecht verschärfte, gilt er vielen als Hardliner. Bayern ist laut Kriminalstatistik 2022 indes das sicherste Bundesland.

Finanz- und Heimatminister: Albert Füracker (CSU)

Der 55-jährige Landwirt aus der Oberpfalz gilt als einer der engsten Vertrauten Söders. Seine komplexe Aufgabe ist es, Söders Ideen und Programme zu finanzieren und gleichzeitig den schuldenfreien Haushalt zu gewährleisten. Dass das in Zeiten einer kriselnden Konjunktur der Quadratur des Kreises ähnelt, ist Füracker gelegentlich anzumerken. Dafür darf er als Heimat- und „Breitband“-Minister gerne Superlative verkünden.

Wirtschaftsminister: Hubert Aiwanger (FW)

Der 52-jährige Diplom-Agraringenieur sorgt regelmäßig mit kontroversen Positionen für Aufsehen. Sei es zu Impfungen, zur Energiepolitik oder zum Zustand der Demokratie. Wegen seiner klaren Ansagen erfährt Aiwanger aber auch großen Zuspruch, selbst bei Teilen der CSU-Basis. Mit Markus Söder verbindet ihn eine innige gegenseitige Abneigung, die im Vorfeld der Europa- und Bundestagswahl kaum abnehmen wird.

Staatssekretär: Tobias Gotthardt (FW)

Der Politologe (46) aus der Oberpfalz kommt eigentlich aus der Jugend- und Europapolitik und darf nun unter Hubert Aiwanger mit besonderer Zuständigkeit für die Außenwirtschaft Regierungserfahrung sammeln. Gotthardt gilt als ehrgeizig und strebsam, Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache ist eines seiner Steckenpferde.

Staatssekretär: Martin Schöffel (CSU)

Beim Spross einer Brauerei-Familie aus Oberfranken passen Amt und Person zusammen. Der heimatverbundene Schöffel (46) soll die im Finanzministerium angesiedelte Heimatflanke abdecken. Da war er schon als Abgeordneter federführend tätig. Außerdem hat ihn Söder mit der Aufgabe als Koordinator für die bayerisch-tschechischen Beziehungen betraut.

Leiter der Staatskanzlei: Florian Herrmann (CSU)

Der Jurist aus Freising (51) ist so etwas wie der Maschinist der Staatsregierung. Er koordiniert die Regierungsarbeit und wirkt als Scharnier zwischen den politischen Ebenen. Sollte er weitergehende Ambitionen haben, versteckt Herrmann diese geschickt hinter der Fassade eines rechtschaffenen Staatsdieners, der als eine Art wandelndes Regierungslexikon stets Zahlen und Fakten parat hat.

Bauminister: Christian Bernreiter (CSU)

Der 59-jährige Maschinenbau-Ingenieur war 20 Jahre Landrat von Deggendorf, bevor er 2022 im Rahmen einer Kabinettsumbildung zum Bauminister berufen wurde. Er agierte unauffällig, wurde trotzdem wieder berufen. Die Herausforderung, die Wohnungsnot in Bayern zu lindern, bleibt gewaltig.

Kultusministerin: Anna Stolz (FW)

Für ihren Aufstieg zur Ministerin hat die 41 Jahre alte Stolz fünf Jahre als Staatssekretärin unter ihrem Vorgänger Michael Piazolo lernen können. Groß in Erscheinung getreten ist sie dabei selten. Jetzt muss die Juristin aus Unterfranken das riesige Haus mit seinen Eitelkeiten und Empfindlichkeiten alleine führen und nebenbei den häufig divergierenden Interessen von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern gerecht werden.

Staatssekretär: Sandro Kirchner (CSU)

Im Schatten des in jeder Hinsicht mächtigen Ministers Joachim Herrmann (CSU) hatte es der Unterfranke Kirchner schwer, sich zu profilieren. Spatenstiche, Ehrungen, Fachtagungen – Los eines Staatssekretärs. Jetzt soll der 48-jährige Diplom-Ingenieur für die Zahlkarte für Asylbewerber*innen und die Digitalisierung der Ausländerbehörden verantwortlich werden.

Landwirtschaftsministerin: Michaela Kaniber (CSU)

Markus Söders Überraschungsberufung zu Beginn seiner ersten Amtszeit hat sich im Laufe der Jahre zu einer Stütze des Kabinetts und zum bissigen CSU-Gegenpol zu Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger entwickelt. Die 46-jährige, in Oberbayern geborene und aufgewachsene Wirtstochter kroatischer Eltern hat sich durch Fleiß und ein ebenso charmantes wie resolutes Auftreten den Respekt der Bauernschaft erarbeitet.

Umweltminister: Thorsten Glauber (FW)

Der Architekt aus Oberfranken wandelt zwischen den Welten. Er brennt für den Arten-, Umwelt- und Naturschutz, findet seine Grenzen aber in den Ex-cathedra-Verkündigungen seines Parteichefs und Bauernfreunds Hubert Aiwanger. Jetzt hat ihm dieser auch noch die Zuständigkeit für die Tierwohlkontrollen in den Ställen entzogen. Glauber nimmt das so sportlich, wie er ist, und wird wohl weiter sein Ding machen.

Justizminister: Georg Eisenreich (CSU)

Der 52-jährige Jurist aus München fungierte bereits in der letzten Legislatur als Justizminister – ein Job mit eher geringer Außenwirkung, den Eisenreich beanstandungsfrei erledigte. Im Kabinett zählt er, trotz überschaubaren Bekanntheitsgrads, zu den Dienstältesten. 2013 wurde er Bildungsstaatssekretär. Im Landtag sitzt er seit 2003.

Europaminister: Eric Beißwenger (CSU)

Der 51-jährige Biobauer aus dem Oberallgäu war bisher vor allem für seinen Einsatz im Bereich Umwelt, Verbraucherschutz und Landwirtschaft bekannt. Ob er auch Europaminister kann? Immerhin hat sich der gelernte Bankkaufmann durch seine Arbeit bei der Mittelstands-Union wirtschaftliche Expertise erworben und gezeigt, dass er sich in neue Themenfelder einarbeiten kann. Er ist außerdem als äußerst fleißig bekannt, was für Neuminister nicht schädlich ist.

Sozialministerin: Ulrike Scharf (CSU)

Die 55-jährige Diplom-Kauffrau hat wechselvolle Zeiten hinter sich. Sie gehört dem Landtag mit Unterbrechungen seit 2006 an, war ab 2014 vier Jahre Umweltministerin. 2022 avancierte sie zur Sozialministerin und wurde jetzt im Amt bestätigt. Zusätzlich avancierte sie zur Vizeministerpräsidentin.

Wissenschaftsminister: Markus Blume (CSU)

Der 48-jährige Münchner ist seit 2022 Kunstminister. Bedeutende Akzente hat der Politikwissenschaftler in dieser Zeit nicht gesetzt. Zuvor fungierte er als CSU-Generalsekretär, zeigte sich dabei als wortgewandt und talkshowtauglich, ohne die bei Generalsekretären übliche Schreihals-Attitüde an den Tag zu legen. Eine seiner künftigen Herausforderungen wird der möglichst preisgünstige Konzertsaalneubau in München sein.

Digitalminister: Fabian Mehring (FW)

Der 34-jährige Politologe hat seit seiner Wahl in den Landtag 2018 eine Turbokarriere hingelegt. Er avancierte sofort zum Parlamentarischen Geschäftsführer, glänzte mit Fleiß und rhetorischem Geschick. Medial ist er dauerpräsent, außerdem superloyal. Als Hubert Aiwanger wegen der Flugblatt-Affäre unter Druck geriet, fand Mehring die richtigen Worte, ohne anbiedernd zu wirken. Als Digitalminister verantwortet er das kleinste Ressort, dürfte aber zumindest PR-mäßig einiges draus machen.

Gesundheitsministerin: Judith Gerlach (CSU)

Als Markus Söder 2018 bei der Besetzung seines damaligen Kabinetts die Parole „jünger und weiblicher“ ausgegeben hatte, war Judith Gerlach das Gesicht dazu. Söder vertraute der Juristin aus Unterfranken den Aufbau des neuen Digitalministeriums an, obwohl die damals 33-Jährige nicht mal einen Twitter-Account hatte. Mit viel IT-Sprech und einigen frischen Ideen hat Gerlach trotz fehlender Kompetenzen viel aus dem Amt gemacht. Als Belohnung darf sie nun die Gesundheitspolitik verantworten. (David Lohmann, Waltraud Taschner, Jürgen Umlauft)

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