Landtag

Tim Pargent (26) vor dem Landtag. (Foto: privat)

19.07.2019

Der Durchstarter

Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher der Grünen

Wenn sich die deutschen Olympioniken in ziemlich genau einem Jahr zu den Sommerspielen nach Tokio aufmachen, wird ein Name mit Sicherheit nicht auf der Sportlerliste stehen: Tim Pargent. Das liegt in erster Linie daran, dass der 26-jährige Bayreuther vor rund zehn Jahren eine für sich wegweisende Entscheidung getroffen hat: gegen den Leistungssport und für die Politik. Ob es andernfalls ins Olympia-Team gereicht hätte, steht auf einem anderen Blatt. Immerhin hatte es Pargent als Kanuslalomfahrer zum Deutschen Jugendvizemeister in der Mannschaft geschafft. „Ich war da an der Schwelle zum Leistungssport“, erzählt Pargent. Doch da war auch das politische Engagement. „Mir wurde schnell klar: Da geht nur eines.“ Es wurde die Politik.

Heute sitzt Pargent für die Grünen als finanzpolitischer Sprecher im Landtag. Im Hohen Haus ist er trotz seiner erst 26 Jahre einmal nicht das, was er bislang immer in der Politik war: der Jüngste. Sein grüner Kollege Florian Siekmann zählt noch ein paar Tage weniger. Aktiv wurde Pargent an der Schwelle zur gymnasialen Oberstufe. Er war Schülersprecher am „Ernestinum“ in Bayreuth und gehörte zum ersten G8-Jahrgang, der in verkürzter Schulzeit zum Abitur kommen sollte. Bei ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen habe sich das Gefühl breitgemacht, die neue Schulform sei schlecht vorbereitet eingeführt worden. Es habe sich der Eindruck verfestigt, „da wird Schulpolitik auf unserem Rücken ausgetragen“. Für Pargent die Initialzündung zum politischen Engagement.

Das hat ihn schnell in Ämter und Würden befördert. 2011 trat er mit 18 den Grünen bei, schon ein Jahr später wurde er zu deren Bayreuther Stadtchef gewählt – als männlicher Teil zusammen mit der erfahrenen damaligen Landtagsabgeordneten Ulrike Gote. Die Struktur der Doppelspitze mache solche Experimente mit Nachwuchskräften leichter, glaubt Pargent. Zwei Jahre später, inzwischen studierte er Internationale Wirtschaft und Entwicklung an der Uni Bayreuth, zog er in den Bayreuther Stadtrat ein. So jung wie er damals war in dem Gremium noch nie einer. Pargents Motivation: „Ich wollte nicht, dass über die Köpfe einer Generation hinweg entschieden wird.“ Das sei die Lehre aus seinen G8-Erfahrungen gewesen.

Zu seinem Status als fast überall Jüngster hat Pargent eine klare Haltung. Das sei für ihn „nie ein Hemmnis“ gewesen. Er kennt die Vorbehalte der Älteren im Landtag, die ihn für einen Grünschnabel ohne Berufserfahrung halten und über seine Blitzkarriere vom Kreiß- über den Hör- in den Plenarsaal spöttelten. Sein Ansatz ist zunächst ganz pragmatisch: „Wir sind hier die Volksvertretung, und zum Volk gehören auch junge Menschen.“ Zudem seien die Aufgaben eines Abgeordneten andere als die eines Firmenvorstands. In politische Ämter hineinzuwachsen, sei keine Frage des Alters, ist sich Pargent sicher. Überhaupt wünsche er sich ein diverseres Parlament, nicht nur bei der Altersspreizung. „Unsere Gesellschaft ist vielseitiger, als es beim Blick in das Parlament den Anschein macht“, betont er.

Pargents erster Eindruck vom Landtag war ein besonderer. Schließlich durfte er als zweitjüngster Abgeordneter an der Seite des Alterspräsidenten Helmut Markwort (FDP) die konstituierende Sitzung leiten. „Schon cool, was man von da oben für eine Aussicht hat“, berichtet er über die Zeit am erhöht über dem Plenum thronenden Präsidiumstisch. Dass 24 Jahre vorher die heutigen CSU-Größen Ilse Aigner und Markus Söder an der gleichen Stelle gesessen waren, nahm Pargent eher amüsiert zur Kenntnis. Das sei weder Ansporn noch Bürde. Einen Karriereplan jedenfalls hat Pargent nicht. Er wolle seinen weiteren Weg offen angehen.

Für seine aktuelle Aufgabe als finanzpolitischer Sprecher der Grünen fühlt sich Pargent gerüstet. Zu seinem Studienbereich an der Uni habe Volkswirtschaft gehört, da habe er schon einiges zum Wirkungsgeflecht von Steuern und Staatsausgaben mitbekommen. Auch im Bayreuther Stadtrat habe er sich um Haushalt und steuerliche Fragen gekümmert. Er sei zwar „kein Zahlenfreak“, aber die Systematik von Haushalten glaubt er schon durchdrungen zu haben. Natürlich flöße einem der Staatshaushalt mit 16 dicken Bänden Respekt ein. „Aber wenn man einen Band verstanden hat, hat man alle 16 verstanden“, gibt sich Pargent selbstbewusst. Man dürfe sich von den vielen Zahlen nur nicht abschrecken lassen. Nach gut einem halben Jahr im Haushaltsausschuss fühlt sich Pargent von den Kollegen aller Fraktionen fachlich akzeptiert und respektiert.

„In politische Ämter hineinzuwachsen, ist keine Frage des Alters“

Neben dem finanzpolitischen Alltagsgeschäft möchte Pargent sein Augenmerk künftig mehr auf die Bereiche Steuer- und Finanzverwaltung sowie Steuerkriminalität und Geldwäschebekämpfung richten. Spannende Themen seien das, wobei er zunehmend den Eindruck gewinne, dass andere Länder da „mehr dahinter sind als Bayern“. Als Vorbild nennt Pargent überraschenderweise Italien. Dort hätten sie in den vergangenen Jahren wirklich viel getan, weshalb immer mehr italienisches Schwarzgeld in Bayern gewaschen werde. „Die Bayern sind nicht überall die ganz tollen Hechte“, hat Pargent zumindest für die Geldwäschebekämpfung festgestellt. Sein Wunsch wäre deshalb, mit dem Haushaltsausschuss mal über den Brenner zu reisen und von den Erfahrungen der Italiener zu lernen. Ein etwas selbstkritischerer Blick und etwas mehr Lernwille könne den Bayern gar nicht schaden.

Nach bald einem Jahr im Landtag musste Pargent konstatieren, dass der Job des Volksvertreters eine „zeitlich und persönlich recht aufzehrende Aufgabe“ ist. Das Pensum sei eigentlich nur zu bewältigen, wenn einem die Arbeit auch Spaß mache – was für ihn ausdrücklich gelte. Seine weniger werdende Freizeit nutzt er zu Wildwasserfahrten in den Alpen, schon noch ambitioniert, aber nicht mehr im Wettkampfmodus. Und so zwischendurch spielt er in Bayreuth noch hobbymäßig Feldhockey. Dass er dort inzwischen zu den erfahreneren Kräften gehört, stört Pargent wenig. Denn egal ob Sport oder Politik: „Alter ist für mich keine wichtige Kategorie.“ Mit 26 ist eine solche Feststellung wahrscheinlich nicht einmal geflunkert. (Jürgen Umlauft)

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