Landtag

Richard Graupner vor der Landtags-Fototapete der AfD-Fraktion. (Foto: loh)

09.04.2020

Der Höcke-Fan

Im Porträt: Richard Graupner, Vizevorsitzender der AfD-Fraktion

Im Gegensatz zu vielen seiner Parteikollegen spricht der AfD-Abgeordnete Richard Graupner gern mit Journalisten – selbst wenn er glaubt, dass der Text dann „ein Verriss“ wird, wie er beim Treffen mit Corona-Sicherheitsabstand im Landtag sagt. Im Umgang mit der Presse ist er auch recht professionell – das unterscheidet ihn von anderen AfDlern, die ihre kruden Thesen oft recht unbekümmert rausblasen.

„Die Medien beobachten uns kritisch, deswegen müssen wir konsequent gegen sprachliche Grenzüberschreitungen vorgehen“, sagt Graupner. Mit Provokationen hält er sich weitgehend zurück. Bei seinen Landtagsreden, erklärt er, wolle er zwar keinen Hehl daraus machen, wo er politisch stehe. „Aber ich will die Form wahren, damit beim politischen Gegner keine unüberwindbaren Gräben entstehen“, betont er. Das alles bedeutet aber nicht, dass Graupner zu den gemäßigteren Mitgliedern der AfD gehört – im Gegenteil.

Wer den früheren Polizeihauptkommissar nach seinen politischen Zielen als Mitglied des Landtags-Innenausschusses fragt, bekommt zunächst die harmlose Antwort: die Personalsituation bei der Polizei verbessern. „Innere Sicherheit ist mein Leib- und Magen-Thema“, erklärt Graupner. Über Migration oder Flüchtlinge verliert er kein Wort. Auf Facebook liest sich das ganz anders: Da spricht er von Sicherheitsverlust durch „Multikulti“, linker Hetze gegen die AfD, verunglimpft öffentlich-rechtliche Sendeanstalten und lässt Kommentare stehen, in denen Deutsche mit Migrationshintergrund als „Abschaum“ bezeichnet werden. 

Letztes Jahr nahm der AfD-Fraktionsvize sogar an Treffen mit führenden Köpfen der vom Verfassungsschutz überwachten Identitären Bewegung und des völkisch-nationalistischen AfD-Flügels teil. Mit auf der Bühne: der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Flügel-Frontmann Björn Höcke. Als die erste Strophe des Deutschlandlieds abgespielt wird, fängt Graupner nach kurzem Zögern an mitzusingen: „Deutschland, Deutschland über alles.“ Das ist nicht verboten, zeigt aber, wessen Geistes Kind jemand ist.

Dass der Flügel im März vom Verfassungsschutz unter anderem wegen Verbindungen zu extremistischen Gruppierungen als rechtsextrem eingestuft wurde, nennt Graupner einen „Skandal“. Die Einschätzung sei „das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist“, wütet er. Dem Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang unterstellt Graupner politische Motive. Der AfD-Flügel sei nichts anderes als die „Werteunion“, der Zusammenschluss konservativer und wirtschaftsliberaler Mitglieder von CSU und CDU.

Den Flügel findet er zwar okay, bestreitet aber, diesem anzugehören. Seine eigene Einstellung, so Graupner, sei nicht völkisch-nationalistisch, sondern „national-konservativ“. Die von AfD-Chef Jörg Meuthen angestoßene Debatte, den rechten Flügel vom Rest der Partei abzuspalten, nennt er „inhaltlich und politisch falsch“. Ob der Flügel jetzt aufgelöst wird? „Man kann schon rein rechtlich nichts auflösen, was nicht als definierte Organisation oder Körperschaft existiert“, glaubt Graupner. 

Höcke imponiert Graupner. Auf Facebook veröffentlicht er Bilder, auf denen er stolz lächelnd neben Höcke steht, letztes Jahr unterstützte er Höcke sogar beim Wahlkampf in Thüringen. Eine „grandiose Rede“ habe Höcke dort gehalten, jubelt Graupner. „Sensationell! Die AfD unter Björn Höcke verhindert durch geschicktes Taktieren linken Ministerpräsidenten in Thüringen“, postete er, nachdem Thomas Kemmerich (FDP) durch die Stimmen der AfD kurzzeitig zum Ministerpräsidenten gewählt worden war.

Bis 2015 war Graupner Republikaner

Ist es keine Grenzüberschreitung, wenn Höcke vom „Ausschwitzen“ seiner Gegner spricht? „Diese Frage enttäuscht mich jetzt“, sagt Graupner. Das Wort habe nichts mit Auschwitz zu tun, sondern sei ein ganz normales Verb, das auch er häufig benutze. Eine Geschmacklosigkeit mag er nicht erkennen.

Anderen AfD-Mitgliedern lässt Graupner, der auch unterfränkischer AfD-Bezirksvorsitzender ist, verbale Entgleisungen nicht immer durchgehen. Zwei AfD-Kommunalpolitiker mussten vor der Kommunalwahl wegen antisemitischer Äußerungen von ihren Ämtern zurücktreten. Immer kämpfe man dafür, als gemäßigte Partei wahrgenommen zu werden, klagt er. „Und dann kommen Funktionäre, die für diese Position nicht geeignet sind, und verzapfen Mist, den man im Wahlkampf ausbaden muss.“

Zu der Tatsache, dass der AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler im Januar einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung bekommen hat, will sich Graupner nicht äußern. 

Enttäuscht ist der Fraktionsvize von den aus der AfD ausgetretenen Landtagsabgeordneten Markus Plenk und Raimund Swoboda. Im Gegensatz zum politischen Gegner grüßt er sie nicht einmal mehr. Grund: Sie haben in Graupners Augen nach ihrem Abgang „viel Unfug“ erzählt. Künftig werde es keinen weiteren Austritt aus der Fraktion mehr geben, ist Graupner überzeugt. „Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir ein geschlossenes Bild nach außen abgeben müssen.“

Allerdings sind bei der Fraktionsklausur im Januar mehrere Abgeordnete ferngeblieben. „Unbestritten gibt es Verwerfungen, die sich nicht einfach abschalten lassen“, räumt Graupner ein. Das seien aber am Anfang ganz normale „Kinderkrankheiten“. Eine Zukunftsprognose zur Fraktion wagt er dennoch nicht abzugeben: „Ob ich die verschiedenen Richtungen in der Fraktion zusammenhalten kann, weiß ich nicht – ich bin aber immer für Gespräche offen.“

Sein schneller Aufstieg an die Fraktionsspitze hat Graupner selbst überrascht. Er begründet das mit seinem regionalen Bekanntheitsgrad. Bereits mit 27 Jahren saß der gebürtige Kieler für die Republikaner im Schweinfurter Stadtrat. Seine Motivation, in die Politik zu gehen, waren angebliche „Defizite in der Bundespolitik“. Wegen der Jugoslawien-Kriege in den 90er-Jahren flüchteten viele Menschen nach Deutschland.

2015 wechselte Graupner zur AfD. Zwar war er nicht mit jeder Sichtweise der Partei einverstanden – beispielsweise war ihm die Wirtschaftspolitik zu liberal. „Aber die grundsätzlichen politischen Leitlinien haben gestimmt.“

Richtige Hobbys hat der geschiedene Graupner nicht. In seiner Freizeit versucht er viel an der frischen Luft zu sein oder etwas mit seinen Kindern (25 und 27) zu unternehmen. Politische Diskussionen über die Arbeit ihres Vaters gibt es dabei nicht. „Beide sind nicht politisch“, sagt er.

Solange Graupner gewählt wird, will der 57-Jährige Landtagsabgeordneter bleiben. Sollte er ausscheiden, will er sofort wieder zur Polizei zurück. „Als ich nach der Landtagswahl nach 40 Jahren meinen Dienstausweis abgeben musste“, sagt Graupner, „war viel Wehmut dabei.“ (David Lohmann)

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