Landtag

Kaum kracht es, kommen die Gaffer und stellen oft Bilder oder Videos davon ins Netz. (Foto: dpa)

17.06.2016

Der Notarzt als Hilfssheriff

Innenausschuss: Sollen nicht nur Polizei und Feuerwehr bei Unfällen Platzverweise aussprechen dürfen?

Sie filmen, posten und stehen vor allem im Weg: Gaffer. Im Innenausschuss waren sich alle Fraktionen einig, dass die Behinderung von Rettungsmaßnahmen und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Schaulustige verhindert werden muss. Nur wie? Notärzte sind oft die ersten am Unfallort. Doch im Gegensatz zu Polizei und Feuerwehr haben sie keine Möglichkeit, schaulustigen Gaffern einen Platzverweis zu erteilen. Noch bevor am nächsten Tag die Zeitung aufgeschlagen werde, fänden sich bereits Bilder und Filme von den Feuerwehr-, Hilfs- oder Rettungseinsätzen im Internet, schimpfte Joachim Hanisch (Freie Wähler) im Innenausschuss des Landtags. „Das sind die Leute, die vor Ort stören.“ Um die „Privatsphäre und Würde der Verletzten“ zu schützen, verlangte seine Fraktion, dass Notärzte störenden Schaulustigen einen Platzverweis aussprechen können – solange Polizei und Feuerwehr nicht anwesend sind. „Danach soll der Notarzt wieder nichts mehr zu schnabeln haben“, ergänzte Hanisch. Eine solche Regelung existiere beispielsweise bereits in Rheinland-Pfalz.

Die CSU lehnte den Antrag dennoch ab. „Die Gaffer werden sich auch nicht an den Platzverweis halten, wenn der Notarzt sagt: ’Ich habe eine rechtliche Befugnis’“, meinte Manfred Ländner (CSU). In der Konsequenz müsste also darüber nachgedacht werden, wie der Platzverweis durchgesetzt werden soll. „Ich vermute, dass der Notarzt weder Zeit, noch Lust dazu hat.“ Stattdessen verwies der Abgeordnete auf den CSU-Antrag. Dieser sieht ebenfalls vor, „eine Behinderung von Rettungsmaßnahmen und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten Verletzter oder Erkrankter durch Schaulustige“ zu verhindern. Allerdings sollen vor der Entscheidung über ein Recht auf Platzverweis alle Rettungsdienstler, Vertreter der bayerischen Notärzte, der Zweckverbände für Rettungsdienst und der Feuerwehralarmierung angehört werden. Langfristig solle die Behinderung von Rettungsarbeiten außerdem auf Bundesebene unter Strafe gestellt werden.

Wie soll ein ignorierter Platzverweis durchgesetzt werden?

Die SPD beklagte in der Aussprache ebenfalls die zunehmende Tendenz, dass Einsätze gestört und behindert würden. Menschen müssten davor geschützt werden, dass sie gefilmt und das Video gepostet wird, mahnte Paul Wengert (SPD), der auch Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes ist. „Notärzte wollen aber keine Hilfssheriffs sein.“ Andererseits müssten Schaulustige wissen, dass sie bei Behinderungen mit Konsequenzen rechnen müssten. Der Abgeordnete sprach sich daher wie die CSU dafür aus, die Experten zu befragen. Der Antrag der Freien Wähler sei ihm etwas zu „sofort und jetzt und hier“, sagte Wengert.

Jürgen Mistol (Grüne) wies darauf hin, dass das Thema nicht zum ersten Mal im Ausschuss behandelt werde. „Es ist allgemein bekannt, dass der Respekt gegenüber Rettungskräften abnimmt.“ Auch gegenüber der Polizei sei dieser schon seit vielen Jahren rückläufig. Die Grünen können sich gut vorstellen, dass es Situationen gibt, in denen ein Platzverweis Sinn ergebe – auch wenn die Notärzte sicherlich mit anderen Dingen beschäftigt seien. Die Fraktion wollte daher wie die CSU zuerst die betroffenen Verbände anhören. „Wir halten unseren Antrag zwar für den besseren“, meinte FW-Mann Hanisch zerknirscht, „aber wir stimmen auch dem CSU-Antrag zu.“ (David Lohmann)

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