Landtag

Ernst Weidenbusch bei der Jagd mit Hund Finzi. (Foto: Privat)

10.01.2020

Der Rastlose

Abgeordnete im Porträt: Ernst Weidenbusch (CSU)

Der Rekord von Ernst Weidenbusch liegt bei fünf Minuten. Länger hat es der CSU-Landtagsabgeordnete noch nie geschafft, einfach nur zu entspannen. Die Zeit kennt er bis heute genau, obwohl das Experiment 1988 stattfand. „Langeweile stört mich viel mehr als Arbeit“, sagt der Haushaltspolitiker. Weidenbusch ist rastlos. Selbst im Urlaub mit seiner Frau Claudia ist der Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang durchgetaktet. „Bei Städtetrips schaffen wir es, nicht nur die Top Ten des Reiseführers, sondern alle Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.“ Wenn das Ehepaar nach seiner Rückkehr Freunden von seinem Sightseeing-Programm erzählt, fragen die oft schon nach dem dritten geschilderten Tag, wie viele Wochen der Urlaub eigentlich gedauert habe, erzählt Weidenbusch. Bei Plenardebatten warnten Abgeordnete Weidenbusch schon, sich zu beruhigen. Nicht, dass er noch einen Herzkasper bekomme.

Weidenbusch (56) ist in München geboren und lebt in Haar. Schon während seiner Schulzeit wunderten sich seine Lehrer angeblich, wie er gleichzeitig aufpassen und schwätzen konnte. Was sie nicht wussten: Nebenher schrieb Weidenbusch noch unbemerkt Hausaufgaben ab. Für die hatte er tagsüber nie Zeit, weil er bis Sonnenuntergang auf dem Bolzplatz stand. Sein beruflicher Ehrgeiz, entsinnt sich Weidenbusch, wurde durch seinen Onkel geweckt. Der konnte es sich leisten, regelmäßig in Urlaub zu fahren – das wollte Weidenbusch auch. Mit 14 Jahren beschloss er daher, Anwalt zu werden. Und so studierte er nach dem Abitur ab 1984 in München Gesellschaftsrecht und Bankrecht, 1991 folgte das Rechtsreferendariat unter anderem bei der Regierung von Oberbayern. Seit 1994 praktiziert Weidenbusch als Anwalt – offenbar mit Erfolg.

Der kinderlose CSU-Abgeordnete gehört zu den Großverdienern im Landtag. Laut der veröffentlichungspflichtigen Angaben verdient er neben seiner Abgeordnetentätigkeit über 250 000 Euro pro Jahr. Dazu trägt auch seine Arbeit als Syndikus des Bayerischen Lotto-Toto-Fachverbands bei. Er vertritt die Interessen der 3500 Lotto-Annahmestellen und hilft zum Beispiel bei Verträgen oder Problemen mit dem Vermieter.

Der meinungsfreudige Weidenbusch wurde schon als Minister gehandelt, letztes Jahr sogar als Chef des Münchner Flughafens. Ob er tatsächlich Angebote hatte, weiß man nicht. Weidenbusch selbst lässt wissen, er habe alles abgelehnt. Warum? Weil er dann seine lukrativen anwaltlichen Nebentätigkeiten hätte aufgeben müssen, antwortet er. Aus diesem Grund schließt er auch für die Zukunft höhere Posten aus.

Seit 2003 sitzt Weidenbusch als direkt gewählter Abgeordneter des Stimmkreises München-Land-Nord im Landtag. Bei der letzten Wahl erhielt er allerdings lediglich 30,6 Prozent der Stimmen. Fünf Jahre zuvor waren es noch 42,9 Prozent. Weidenbusch führt das auf das Erstarken der AfD zurück.

Für Politik interessierte er sich schon als Schüler. Mit 16 Jahren trat er in die Junge Union ein und gründete an seiner Schule den Schülerunions-Ortsverein. Obwohl seine Großeltern ihr ganzes Leben SPD gewählt hatten, kam für ihn keine andere Partei als die CSU infrage. „Ich habe die Politik von FJS gut gefunden und was die RAF veranstaltet hat, schlecht“, begründet er seine Entscheidung. Noch vor seinem Referendariat wurde Weidenbusch 1990 Kreisrat, bis zu seinem Einzug in den Landtag war er Vorsitzender der CSU-Kreistagsfraktion München-Land. Von 2008 bis 2013 war er Chef der Kommission zur Krisenbewältigung der BayernLB, anschließend Sonderbeauftragter der Staatsregierung zum Thema BayernLB.

2018 wurde mit Markus Söder (CSU) ein enger Vertrauter Weidenbuschs Ministerpräsident und machte ihn zum Beauftragten der Staatsregierung für alle Beteiligungen des Freistaats, also neben der BayernLB zum Beispiel für das Hofbräuhaus oder die Flughäfen München und Nürnberg. Nach der Landtagswahl gab er diesen Posten auf – die Diskussionen, ob eine Aufwandsentschädigung von 2000 Euro pro Monat gerechtfertigt ist oder nicht, nervten ihn. Der Posten wurde nicht nachbesetzt.

Aktuell ist Weidenbusch neben seiner Tätigkeit als Kreisrat und Stellvertreter des Münchner Landrats lediglich einfaches Mitglied im Haushaltsausschuss des Landtags. Sein Ziel in dieser Legislaturperiode: die Gründung einer landeseigenen Infrastruktur-Baugesellschaft durchzusetzen, die dann zum Beispiel die neue Universität in Nürnberg oder andere Projekte bauen kann.

Sein Hobby: Jagen mit seiner Frau und Hund Finzi

Zu seinen größten Erfolgen im Landtag zählt Weidenbusch seine Beteiligung bei der Abwicklung der Landesbank-Altlast Hypo Alpe Adria mit Österreich. Nach langem Nachdenken nennt er auch die Überwindung des CSU-Tiefs 2008. „Ich habe damals sehr deutlich gesagt, das Beckstein-Huber-Experiment muss enden und wir müssen uns neu aufstellen“, erinnert er sich. Auf regionaler Ebene sieht er als Erfolg, dass die Zone „M“ des neuen MVV-Jahrestickets für den gesamten Landkreis München gilt. Dafür habe er lange gekämpft.

Wenn Weidenbusch auf seine Anfangszeit im Landtag zurückblickt, vermisst er der Korpsgeist innerhalb der CSU-Fraktion. „Heutzutage gibt es viel mehr Individualisten“, klagt er. Auch stört ihn, dass es seit dem Einzug der AfD in den Landtag deutlich ruppiger zugehe als in den früheren Legislaturperioden.

Doch auch Weidenbusch ist mit dem politischen Gegner nicht immer zimperlich. Als Klaus Ernst (Linke) sagte, bevor seine Partei mit der CSU regieren würde, würde er sich lieber in der Isar ertränken, postete Weidenbusch: „Wer ist wir und wann findet das Event statt?“ Er selbst hält sich für zurückhaltend. „Nur bei Extremisten nicht“, betont er. Im Falle mancher AfD-Abgeordneter falle es ihm schwer, sich im selben Raum aufzuhalten. Auch kaltschnäuzig sei er nicht, wie Oppositionskollegen behaupten. Dass er jähzornig ist, gibt er indes zu.

Weidenbuschs Lieblingsfreizeitbeschäftigung: Jagen mit seiner Frau Claudia und seinem Hund, dem fünfjährigen Finzi. Man wüsste gern, wie lange es der rastlose Weidenbusch aushält, wenn er auf der Lauer liegt und sich ruhig verhalten muss.

Sein Vorsatz fürs neue Jahr: so zu bleiben, wie er ist, mit allen „Ecken und Kanten, Fehlern und Macken“. Das war ihm sogar einen Facebook-Post wert. „Ganz ehrlich“, sagt er: „Ich sehe keine Veranlassung, mich zu verändern.“ (David Lohmann)

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