Landtag

Aus dem Rathaus in den Landtag: Josef Schmid (CSU). (Foto: privat)

25.10.2019

Der Spezi-Experte

Im Porträt: Josef Schmid (CSU), Münchner Ex-Bürgermeister

Heuer war es endlich so weit: Josef Schmid (CSU) durfte zum ersten Mal selbst auf der Wiesn anzapfen. Ein „großer Vorteil“ seines neuen politischen Lebens, sagt Schmid und lacht. Zwar schwang er nur in der Fischer-Vroni, einem der kleineren Festzelte, den Schlegel. In der Ratsbox im Schottenhamel, wo Schmid während seiner Zeit als Münchner Wirtschaftsreferent und damit Wiesn-Chef bislang den offiziellen Anstich organisieren musste, darf nur der Oberbürgermeister ran. Und der heißt seit 2014 zu Schmids Leidwesen Dieter Reiter (SPD) – Schmid hatte in der Stichwahl gegen den Sozi verloren. Zumindest beim Wiesn-Anstich zog Schmid nun mit Reiter gleich: „Zwei Schläge waren es“, erklärt der 50-Jährige stolz.

Viereinhalb Jahre war Schmid zweiter Münchner Bürgermeister. 16 Jahre saß er für die CSU im Stadtrat, sieben davon als Fraktionschef. Seit einem Jahr ist er einfacher Landtagsabgeordneter. Einer von insgesamt 85 in der CSU-Fraktion – ohne herausgehobene Funktion. Ein erstaunlicher Wechsel für einen, der als überaus selbstbewusst und ehrgeizig gilt. Beobachter im Landtag erklären gern, Schmid falle dort kaum auf.

Die Aussicht auf den Wiesn-Anstich in der Fischer-Vroni war natürlich nicht der Grund dafür, dass sich Schmid 2017 zu der Landtags-Kandidatur entschloss. Eher die unvermeidliche Bürde einer dritten OB-Kandidatur. Als CSU-Fraktionschef sei er automatisch „ständiger OB-Kandidat“ gewesen, sagt Schmid. Gegen den amtierenden Reiter allerdings ohne große Erfolgsaussichten. Also lieber ein Neustart im Landtag?

Schmid selbst spricht von Pflichtgefühl. „Ich habe es für meine Partei gemacht“, erklärt er. In München setzten die Grünen der CSU im Vorfeld der Landtagswahl 2018 mächtig zu, eroberten am Ende gar fünf der neun Stimmkreise. Schmid konnte mit 30,8 Prozent der Stimmen das Direktmandat in München-Pasing für die CSU verteidigen. Er betont: „Ich hatte das drittbeste Gesamtstimmenergebnis in Oberbayern!“ Falsche Bescheidenheit zählt nicht zu Schmids hervorstechenden Eigenschaften.

Er sollte die Metzgerei des Vaters übernehmen

Doch was ist mit seinen Karriereambitionen? Im Rathaus agierte er überaus selbstbewusst – mit OB Reiter gab es deshalb mitunter Zoff. Dass er im Landtag nun eine untergeordnete Rolle spielt, mache ihm überhaupt nichts aus, behauptet Schmid. Die Macht, die einem ein Amt verleiht, sei ja kein Selbstzweck. „Mir geht gar nichts ab“, erklärt Schmid und fügt an: In der Politik ließen sich Karrieren ohnehin nicht planen. „Man kann nur bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Und dazu bin ich grundsätzlich immer bereit.“ Klingt nicht danach, als wolle er seine Karriere als Landtags-Hinterbänkler langsam ausklingen lassen.

Auch ohne Amt ist Schmid überzeugt, im Landtag mit seiner Großstadtkompetenz „wertvolle Arbeit“ zu leisten. Er will dort vor allem die Münchnerinnen und Münchner vertreten. Im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr gehe das besonders gut, meint er. Ein großes Anliegen Schmids: die Finanzierung des Münchner ÖPNV auf sichere Beine zu stellen. Im Ausschuss doziert er deshalb gerne mal über das verfehlte Gemeindefinanzierungsgesetz und zu knappe Bundesmittel. Oppositionspolitiker bemängeln indes, dass Schmid alles nur „durch die München-Brille“ betrachte.

Ebenfalls ein wichtiges Thema für Schmid: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Das Volksbegehren „Mietenstopp“, für das zurzeit Unterschriften gesammelt werden, nennt er „grob verfassungswidrig“. Landet es vor dem Verfassungsgerichtshof, wird Schmid dort womöglich persönlich seine Bedenken vorbringen können. Denn er sitzt auch im Verfassungsausschuss und wird wohl zum Vertreter des Landtags bestellt, berichtet er.

Schmid ist Jurist und Diplom-Kaufmann, arbeitete als Wirtschaftsanwalt, bevor er Bürgermeister wurde. Als Partner einer Münchner Kanzlei hat der zweifache Vater die Anwaltstätigkeit nun wieder aufgenommen. „Mir ist das wichtig, denn man behält dabei den Kontakt zur Bevölkerung – und zur Wirtschaft.“

Vorgezeichnet war dieser Weg nicht. Schmid wurde als Sohn eines Metzgers im Münchner Stadtteil Allach geboren. Als er in der vierten Klasse verkündete, auf die Haupt- und dann die Realschule zu gehen, um Metzger zu werden – so habe es die Familie vorgesehen – rief die Lehrerin beim Vater an. „Und hat ihn zur Sau gemacht“, erzählt Schmid. „Denn ich war der Klassenbeste.“ Schmid durfte aufs Gymnasium, machte Abitur und studierte. „Ich dachte, für meinen Vater bricht die Welt zusammen, weil ich die Metzgerei nicht übernehme“, entsinnt sich Schmid, dessen drei Jahre jüngerer Bruder aufgrund einer Behinderung ausfiel. „Doch entgegen meiner Erwartung hat mein Vater total verständnisvoll reagiert.“

Früher hat er eigene Songs komponiert

Dem Vater verdankt Schmid sein Interesse für Politik. Er hat darauf bestanden, dass die Söhne jeden Tag zwei Nachrichtensendungen schauten: Heute und Tagesschau. Für einen Sechsjährigen „stink- langweilig“, so Schmid. Der Vater aber meinte: „Ihr habt das Glück, in einer Demokratie zu leben, und das erfordert, dass ihr euch zumindest informiert.“ Mit etwa zwölf Jahren begann Schmid sich dafür zu interessieren, was er da im Fernsehen sah. Am Tag des Misstrauensvotums von Kohl gegen Schmidt schwänzte er sogar die Schule. „Ich habe auf krank gemacht und lag mit vier halben Mettwurstsemmeln im Wohnzimmer, um die Übertragung dieses Spektakels zu genießen.“ Kurz danach trat Schmid in die Schüler-Union ein – mit 13 Jahren.

Als Stadtrat und Fraktionsvorsitzender arbeitete er daran, die Münchner CSU zu einer liberalen Großstadtpartei zu formen. Früh trat er für ein Familiensplitting ein – und für die Homo-Ehe. Menschen hätten vor allem davor Angst, was sie nicht kennen, sagt Schmid. Er selbst habe immer homosexuelle Freunde gehabt und sei überzeugt: „Die Sexualität ist privat und geht den Staat erst einmal nichts an.“ Aber er stellte auch ganz pragmatische Überlegungen an: Homosexuelle wählen keine Partei, von der sie sich abgelehnt fühlen. Schmid: „Was für eine schwachsinnige Politik.“

Überhaupt gibt sich Schmid als lockerer Typ – zum Beispiel, wenn er über seine Spezi-Leidenschaft spricht. Sein Rekord als Student: 16 Flaschen an einem Tag. Minutenlang kann er darüber dozieren, wie man das Getränk am besten einschenkt und serviert.

Wenn Schmid mal abschalten will von der Politik, trinkt er nicht nur Spezi. Er hört auch gern Musik – Klassik, aber auch Hip-Hop oder Hardrock. Er selbst spielt Orgel und Schlagzeug, war einst Mitglied in zwei Bands und komponierte eigene Songs. Noch heute hat er sporadisch Auftritte – bei Charity-Veranstaltungen, gemeinsam mit drei Profimusikern.

Ein großer Vorteil seines neuen politischen Lebens ist nämlich auch: wieder etwas mehr Zeit zu haben. (Angelika Kahl)

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