Der Frauenanteil im Landtag beträgt nur ein Viertel. Wobei es vor allem zwei Parteien sind, die die Quote drücken: FDP und AfD. Nur jeweils 9 Prozent ihrer Parlamentarier sind weiblich. Auch wenn beide Parteien sonst nichts verbindet – sowohl FDP und AfD lehnen Frauenquoten klar ab. Den höchsten Frauenanteil verzeichnet mit 50 Prozent übrigens die SPD; die Grünen kommen auf knapp 45 Prozent – beide Parteien setzen auf Frauenquoten. Die CSU schickt 21 Prozent weibliche Abgeordnete in den Landtag, ihr künftiger Koalitionspartner FW 22 Prozent. Wir stellen die jeweils jüngsten Frauen der Fraktionen vor.
CSU: Judith Gerlach (32) aus Aschaffenburg
Die Quotengegnerin
Das Direktmandat kam gerade rechtzeitig. Und hat der 32-jährigen Juristin jetzt den Wiedereinzug in den Landtag gesichert. Vor fünf Jahren war die aus Aschaffenburg stammende Judith Gerlach erstmals über die Liste in den Landtag gekommen. Inzwischen ist sie zweifache Mutter: Um den 2-jährigen Sohn und die 8 Monate alte Tochter kümmert sich Gerlachs Mann, ein Sporttherapeut, der Elternzeit genommen hat.
Dass sie als Frau noch immer eine rare Spezies im Landtag ist, findet Gerlach zwar traurig. Eine Frauenquote sieht sie dennoch skeptisch: „Ich weiß nicht, ob das helfen würde.“ Das Problem sei ja, dass einfach zu wenig Frauen bereit seien, sich in der CSU zu engagieren, meint sie. Derzeit sind im Schnitt nur ein Viertel der 205 Abgeordneten weiblich – wobei der Anteil der Frauen bei der CSU mit 21 Prozent noch etwas geringer ist.
Zuletzt saß Gerlach im Europa- und im Sozialausschuss. Vor allem Letzterer sei gar nicht ihr sehnlichster Wunsch gewesen, gesteht sie. Inzwischen ist ihr der Bereich Soziales aber ans Herz gewachsen. Gekümmert hat sie sich dabei vor allem um die Arbeit mit behinderten Menschen: „Das hat unglaublich viel Spaß gemacht.“ In ihrem Heimatwahlkreis hat sie moderne Wohnformen für jüngere Menschen mit Behinderung mitentwickelt. Ein Projekt, das sie weiterverfolgen möchte.
Ansonsten will Gerlach jetzt nach dem kräfteraubenden Wahlkampf auch wieder Sport treiben – am besten im landtagseigenen Fitness-Studio. Und endlich mal in Ruhe shoppen gehen. (Waltraud Taschner)
FDP: Julika Sandt (47) aus München
Die Medienexpertin
Die jüngste Abgeordnete in der FDP-Fraktion zu finden, ist kein großer Aufwand. Es gibt dort nur eine Frau: die Münchnerin Julika Sandt (47). Genau darin sieht die Kunsthistorikerin und Germanistin auch ihre größte Herausforderung. Die FDP im Landtag dürfe nicht als „reiner Männerclub“ wahrgenommen werden, weshalb sie als starke Stimme der Frauen auftreten und dafür sorgen wolle, dass nach der nächsten Wahl das Geschlechterverhältnis bei den Liberalen und im Parlament als Ganzem ausgeglichener wird. Bei der FDP hätten zwar viele Frauen kandidiert, aber die „Zugpferde“ Wolfgang Heubisch und Helmut Markwort hätten diese auf der Oberbayern-Liste überholt. Kein Vorwurf, betont die zur Fraktionsvizin gewählte Sandt, denn ohne deren viele Stimmen säße die FDP jetzt überhaupt nicht im Landtag.
Für Sandt ist es die zweite Legislaturperiode. Von 2008 bis 2013 zu Zeiten der CSU/FDP-Koalition war sie Sprecherin der Fraktion für Medien-, Kultur- und Gesundheitspolitik. Jetzt will sie sich vor allem um die Medienkompetenz an Schulen kümmern, um schon bei Kindern das Bewusstsein für Qualitätsjournalismus zu stärken und ihnen zu helfen, Wert und Glaubwürdigkeit von Quellen und Informationen richtig einzuschätzen. In Zeiten sozialer Medien und Fake-News sei das eine wichtige Aufgabe von Schule, meint Sandt. (Jürgen Umlauft)
Freie Wähler: Anna Stolz (35) aus Arnstein
Die Sachpolitikerin
Mit einem Landtagsmandat hatte Anna Stolz selbst nicht gerechnet. Sie ist erst Anfang des Jahres den Freien Wählern beigetreten und auf einem recht aussichtslosen Listenplatz angetreten. Doch die 35-Jährige hatte sich wohl in der Region als parteilose Bürgermeisterin des 8000-Einwohner-Städtchens Arnstein doch einen größeren Namen gemacht als gedacht. Vielleicht weil sie es in ihrer Amtszeit geschafft hat, dass nach 30 Jahren keine schweren Lastwagen mehr durch den Ort fahren dürfen. „Vielleicht aber auch, weil die Wähler ein paar jüngere und weiblichere Volksvertreter haben wollten“, sagt sie.
Stolz hat in Würzburg, Barcelona und Münster Jura studiert. Danach arbeitete sie in Kassel beim Verwaltungsgericht und in Düsseldorf bei einer Großkanzlei. Als sie für ein paar Tage in der Heimat war, wurde sie gefragt, ob sie für das Bürgermeisteramt kandidieren wolle – und Stolz sagte ja. Mit nur 31 Jahren gewann sie als Kandidatin für SPD, Freie Wähler, Freie Werntalliste und Grüne die Wahl mit 61 Prozent gegen ihre CSU-Herausforderin. Warum sie sich jetzt für die Freien Wähler entschieden hat: „Weil sie in der Kommunalpolitik Sachpolitik unabhängig von Parteizwängen betreiben.“ Das möchte sie auch im Landtag fortführen.
Um den Kontakt zur Heimat nicht zu verlieren, will Stolz erstmal nur nach München pendeln. Auch ihr Mandat als Kreisrätin will sie nicht aufgeben. Ihr Amt als Bürgermeisterin musste sie mit einem „weinenden Auge“ niederlegen. Sie habe sich aber bewusst dafür entschieden, weil sich viele Aufgaben im ländlichen Raum nur gemeinsam mit der Landespolitik lösen ließen. Außerdem könne sie als Juristin so ihrer ureigenen Aufgabe nachkommen: Gesetzesarbeit und Gesetzgebung. (David Lohmann)
AfD: Katrin Ebner-Steiner (40) aus Metten
Die Vorzeigefrau
Nur zwei Frauen sitzen in der AfD-Fraktion, eine davon aber zumindest an der Spitze: Katrin Ebner-Steiner führt die Fraktion gemeinsam mit Markus Plenk an. Die Top-Themen der Niederbayerin aus Metten bei Deggendorf: „Familie und der Erhalt der Heimat sowie unserer bayerischen Kultur.“
Ebner-Steiner hat selbst vier Kinder, das erste bekam sie mit 19. Zuletzt arbeitete sie im Home-Office und Teilzeit in der Münchner Anwaltskanzlei ihres zweiten Mannes. Dass Ebner-Steiner jetzt selbst Polit-Karriere machen kann, geht nur mit der Unterstützung der Großeltern. Dennoch: Mit Emanzipation kann sie nichts anfangen.
Was Familien aus Ebner-Steiners Sicht bräuchten: „Sicherheit“, sagt sie. Finanzielle Sicherheit und auch „Sicherheit vor Kriminalität“. Im Wahlkampf fiel Ebner-Steiner, die mit dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke befreundet ist, mit heftiger Anti-Islam-Rhetorik auf. Beim Islam gehe es „nicht um Religionsfreiheit, es geht um Landnahme“, sagte sie etwa. Und sprach von „Messerstechern“ und „Vergewaltigern“. Das sei „zugespitzte Wahlkampfrhetorik“, rudert Ebner-Steiner zurück. Inhaltlich aber bleibt sie dabei: Es gebe einen Verlust an Sicherheits- und Heimatgefühl, und der gehe auf das Konto von Zuwanderern aus islamischen Ländern, erklärt sie. (Angelika Kahl)
Grüne: Eva Lettenbauer (25) aus Daiting
Die Kampferprobte
Frau und jung: Eva Lettenbauer weiß, dass sie im Maximilianeum eine Exotin ist. Erschreckend findet sie, wie alt der Landtag ist – und wie männlich. „Einschüchtern lasse ich mich davon aber nicht“, betont die Wirtschaftsingenieurin aus dem schwäbischen Daiting bei Donauwörth. „Mein Einzug in den Landtag soll ein klares Signal an die Jungen sein“, betont sie selbstbewusst: „Eure Meinung zählt.“
Trotz ihres eigenen Alters: Lettenbauer hat viel Erfahrung in der Politik – seit 2015 als Vorsitzende der Grünen Jugend. Ein großer Erfolg: Die Forderung nach einem kostenlosen ÖPNV-Ticket für junge Leute wurde in das Programm der Grünen aufgenommen – gegen den Willen der Landtagsfraktion.
Jetzt sitzt die junge Parteiarbeiterin zum ersten Mal selbst in einem offiziellen Gremium. „Unser überragendes Ergebnis beschert uns auch in der Opposition Aufmerksamkeit“, ist sie überzeugt. Im Wahlkampf habe man es schließlich schon geschafft, Umwelt und Flächenverbrauch zu wichtigen Themen zu machen.
Persönlich habe sie viele „Herzensangelegenheiten“, sagt Lettenbauer mit Blick auf ihre künftige Arbeit im Landtag. Eine davon: die Energiewende. Die Ingenieurin arbeitete bislang in der Projektierung von Solaranlagen. „Es ist an der Zeit, die Windkraft-Blockade in Bayern zu beenden“, fordert sie. Aber auch Sozial- und Wirtschaftspolitik haben es Lettenbauer angetan. Besonders wichtig ist ihr dabei die Unterstützung nachhaltiger und damit zukunftsfähiger Strategien von Unternehmen. (Angelika Kahl)
SPD: Ruth Waldmann (47) aus München
Die Kümmerin
Ruth Waldmann und ihr roter Koffer haben es wieder in den Landtag geschafft. Der Koffer ist ihr Markenzeichen, damit ist die 47-Jährige in ihrem Stimmkreis im Münchner Norden immer unterwegs, damit die Bürger ihre Sorgen, Nöte und Wünsche einwerfen können.
2013 holte die Soziologin mit dieser Form der Bürgernähe für die SPD das Direktmandat in Milbertshofen, jetzt stürzte sie um fast 20 Prozentpunkte ab. „Den Leuten, die mich kennen, denen bin ich schon recht, aber gegen den Unmut über die Groko bin ich nicht angekommen“, fasst Waldmann ihre Wahlkampferfahrung zusammen. Ihre klare Forderung deshalb: „Die SPD muss raus aus der Groko – und zwar sofort!“ Ihre Partei stehe vor einer „Zeitenwende“, glaubt Waldmann. „Mit kleinen Maßnahmen und ein paar Köpfe austauschen ist es nicht getan.“
Als Abgeordnete hat sich Waldmann einen Namen als Sozialpolitikerin gemacht – und will diesen Bereich auch weiterhin beackern. So will sie gegen die schlechte Versorgung mit Haus- und Kinderärzten im Münchner Norden kämpfen und für Verbesserungen für pflegende Angehörige. (Jürgen Umlauft)
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