Landtag

Diana Stachowitz (SPD). (Foto: Privat)

18.03.2022

Die Klartextsprecherin

Im Porträt: Diana Stachowitz, arbeitsmarkt- und kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion

Diana Stachowitz redet nicht lang drum herum: „Bildung muss kostenlos sein!“ Und nach dieser Forderung der SPD-Abgeordneten folgen nicht irgendwelche Einschränkungen oder Relativierungen, sondern erstens eine Präzisierung: „Bildung muss kostenlos sein, und zwar von der Kindertagesstätte bis zum Studium!“ Und zweitens setzt Diana Stachowitz noch eins drauf: „Ich würde sogar das Recht auf eine Zweitausbildung verlangen.“ Denn der Arbeitsmarkt befinde sich in ständiger Transformation, die Berufsbilder veränderten sich so schnell, und außerdem gebe es nun mal Berufe, die man nicht das ganze Leben lang ausüben könne. Die 58-Jährige hat sofort ein schlagendes Beispiel parat: „Mein Sohn ist Altenpfleger, soll der mit 67 noch die alten Leute rumheben?“

Stachowitz, Mutter von zwei erwachsenen Kindern, theoretisiert nicht. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie, und sie gehört definitiv nicht zu denen, die ihre Ausschussstunden nur absitzen. Von Herbst 2018 bis Juni 2020 gehörte sie dem Wirtschaftsausschuss an, und in den beiden Legislaturperioden zuvor war sie Mitglied im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, im Petitionsausschuss, im Ausschuss für den öffentlichen Dienst und, ganz zu Beginn, 2008 bis 2011, schon mal im gleichen Ausschuss wie jetzt: Arbeit und Soziales. Wenn man noch die Sport- und die Schulpolitik dazunimmt, die Stachowitz in ihrer Zeit im Münchner Stadtrat 2002 bis Ende 2008 beackerte, ergibt das ein ganz schön breites Spektrum.

Stachowitz ist gelernte Erzieherin. Ihre Ausbildung absolvierte sie an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Mölln und an der Fachoberschule in Lübeck. Anschließend wechselte sie von Schleswig-Holstein nach Oberbayern und war fünf Jahre lang stellvertretende Leiterin eines Kindergartens in Traunreut. Es folgten etliche Jahre in der Fort- und Weiterbildung im Fachbereich Elementarpädagogik.

Bereits in jungen Jahren war sie in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aktiv: „Das war mein Zugang zur Politik: über die Gewerkschaft.“ Die GEW habe damals schon für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Gehälter für Erzieher*innen gekämpft, und Stachowitz sagt mit Blick auf den kürzlichen Warnstreik der GEW mit erkennbarem Stolz: „Wir haben viel erreicht: dass wir Erzieherinnen viel selbstbewusster geworden sind, einen höheren Organisationsgrad und eine höhere Streikbereitschaft haben.“ Aber natürlich sei noch viel zu tun. Das Ziel ist für die Münchnerin klar: „Erzieher*innen, Krankenpfleger*innen, Altenpfleger*innen müssen genauso bezahlt werden wie der Ingenieur am Bau!“ Dann erledige sich auch das ansonsten drohende Problem der Altersarmut in der Berufsgruppe der „Care-Arbeiter*innen“.

Es war sicher auch Diana Stachowitz’ gewerkschaftliche Prägung, die sie zu Fritz Schösser führte, der von 1990 bis 2010 bayerischer DGB-Vorsitzender war, zeitweise aber auch SPD-Mandatsträger. Stachowitz war Schössers Büroleiterin, zuerst von 1996 bis 1998, als Schösser für die SPD im Landtag saß, und dann in den rotgrünen Regierungsjahren 1998 bis 2005, in denen Schösser, der 2019 starb, Bundestagsabgeordneter war. Damit gehört Stachowitz zu den wenigen im Landtag, die auch den Bundestag von innen kennen, noch dazu aus der seltenen Perspektive einer SPD-Fraktion, die die Regierung anführt.

Sie hegt und pflegt ihre kirchlichen Wurzeln

Diese Erfahrung, die nicht jedem Sozialdemokraten gegönnt ist, ist es wohl auch, aus der sich Stachowitz’ Zuversicht speist, die CSU bei der Landtagswahl 2023 in die Opposition schicken zu können. „Die Wählerschaft ist mittlerweile so volatil, dass alles möglich ist“, meint sie. Und die Tatsache, dass die CSU Bayern seit 1957 ununterbrochen regiert? Davon lässt sich Stachowitz nicht kirre machen. Das Zustandekommen und das bisherige Agieren der Berliner Ampel-Koalition sind für sie ein reelles Vorbild: „Allein die Krisen, die die jetzt schon gemeistert haben!“ Es klingt ebenso nüchtern wie ernsthaft, wenn Stachowitz sagt: „So eine Art Koalition kann ich mir auch in Bayern vorstellen. Ich hoffe, dass wir bei der nächsten Wahl eine Mehrheit jenseits der CSU haben!“

Dabei finden sich in Stachowitz’ Sozialisation durchaus Elemente, die sie auch für eine christsoziale Politkarriere qualifiziert hätten, wenn auch nicht in der klassisch-katholischen Variante, sondern in der evangelisch-lutherischen: Kirchenchor, Heilig-Geist-Gemeinde, Familiengottesdienst-Team. Ihre kirchlichen Wurzeln hegt und pflegt Diana Stachowitz noch heute; sie ist nicht nur arbeitsmarkt- und sport-, sondern auch kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Und auch beim Thema Kirche kommt sie gleich auf die Berliner Regierung zu sprechen, auf die klare Ansage des FDP-Justizministers Buschmann: „Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund sexueller Orientierung geht nicht mehr in Deutschland. Aus, Punkt. Ende.“

Als kirchenpolitische Sprecherin der SPD hat sich Stachowitz jüngst natürlich auch mit dem Münchner Missbrauchsgutachten beschäftigt, vor allem mit der Frage, wie das klerikale „Netzwerk so mächtig und so lange so dunkel bleiben konnte“. Insbesondere von Lorenz Wolf, dem Offizial der Erzdiözese München, dem das Gutachten ein gerüttelt Maß an Schuld zuweist, ist sie schwer enttäuscht: „Seine Loyalität hätte den Betroffenen gehören müssen und nicht der Kirche.“ Sie habe Wolf „persönlich sehr geschätzt. So ein heller Kopf, so ein literaturbewanderter, empathischer Mensch!“ Sie sei „tief erschüttert“ darüber, was auf den 1893 Seiten des Gutachtens über Wolf zu lesen sei: „Das hätte ich nie gedacht.“

Es ist das Festhalten an eingefahrenen, abgeschotteten Systemen, das Beharren am Althergebrachten, und sei es noch so fragwürdig, was Diana Stachowitz beenden will. In Bayern sei „das alte System“ sogar schon bei der Regierungsbeteiligung zuerst der FDP und dann der Freien Wähler „ins Schlingern gekommen“. Umso mehr werde man bei einer SPD-geführten Landesregierung „sehen, dass dieser frische Blick allen guttun wird“. Bei der CSU sieht sie bereits deutliche Anzeichen von Nervosität. (Florian Sendtner)

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