Landtag

Der Bürgerpreis des Landtags belohnt jedes Jahr Menschen für ihr ehrenamtliches Engagement – heuer im Bereich Rettungskräfte. (Grafik: Landtag)

18.10.2019

Die Rettungskräfte der Zukunft

Verleihung des Bürgerpreis' des Landtags

Der Bürgerpreis des Landtags belohnt seit 19 Jahren soziales Engagement in Bayern. Jährlich werden Menschen für ihre außergewöhnlichen Ideen prämiert – diesmal im Bereich Nachwuchsgewinnung für ehrenamtliche Rettungskräfte. Gewinner 2019 ist die Bergwacht Unterammergau, die Jugendliche frühzeitig an sich bindet.

Gestern wurden die Preisträger des Bürgerpreises 2019 des Bayerischen Landtags im Senatssaal geehrt. Ziel des Preises ist es, das ehrenamtliche bürgerschaftliche Engagement zu stärken. Dieses Jahr stand er unter dem Leitthema „Rette uns, wer kann! – Nachwuchs und neue Ideen für die ehrenamtlichen Rettungskräfte“. Ausgewählt wurden die Gewinner für den mit insgesamt 50 000 Euro dotierten Preis von einer Jury unter dem Vorsitz von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) aus heuer 85 Bewerbungen. Sie alle bewiesen, wie viele großartige Projekte es im Bereich der ehrenamtlichen Rettungsdienste gebe, zeigte sich die Jury überzeugt. „Die zahlreichen Männer und Frauen sind zur Stelle, um ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zur Seite zu stehen: im Dorf und in der Stadt, zu Wasser und zu Land, auf hohen Gipfeln und in tiefen Höhlen, im heißesten Sommer oder im tiefsten Winter“, lobte Aigner.

Gewinner des Abends war die Bergwacht Unterammergau. Dort wurde bereits im Jahr 2000 eine Jugendgruppe ins Leben gerufen, um Kinder und Jugendliche früh als Nachwuchs für die Bergwacht gewinnen zu können – mit Erfolg. Mit 16 Jahren werden viele von ihnen „echte“ Mitglieder. Mittlerweile sind sogar viele ehemalige Jung-Bergwachtler in leitender Funktion in der „regulären“ Bergwacht.

Ausgangspunkt für die Gründung einer Bergwachtjugendgruppe waren große Nachwuchssorgen in den Jahren zuvor. Aus versicherungstechnischen Gründen können Jugendliche erst mit 16 Jahren der Bergwacht beitreten. „Dann ist es aber oft zu spät – in diesem Alter sind die Unterammergauer Jugendlichen meist in verschiedensten Organisationen engagiert“, erläutert Alex Thurner, Jugendleiterin der Bergwacht Unterammergau. Für die Bergwacht bleibe da keine Zeit mehr. Ein großer Lichtblick war die Möglichkeit, die Heranwachsenden über das Jugendrotkreuz zu versichern. In der Hauptversammlung vor 19 Jahren fiel dann die Entscheidung, eine Jugendgruppe zu gründen mit dem Ziel, Jugendliche für den Dienst in der Bergwacht zu begeistern.

Inzwischen finden jährlich zwölf bis 15 verschiedene Veranstaltungen mit durchschnittlich 13 Kindern und Jugendlichen statt. Da die Jugendlichen bereits schulisch und privat viele Termine haben, wurde ein Rhythmus gesucht, der den Jugendlichen entgegenkommt. Auf dem Programm stehen dabei Pflanzenkunde, der Umgang mit dem Lawinenverschüttetensuchgerät, Schulungen über die Wetterlage in den Bergen, Bootfahren auf der Isar und natürlich Zelten, Klettern und Skifahren.

Das Preisgeld in Höhe von 15 000 Euro soll hauptsächlich in Ausrüstungsgegenstände wie Skitourenausrüstungen, Klettersets und Kletterschuhe investiert werden. „So wollen wir allen Jugendlichen, auch jenen, die aus finanziell nicht so guten Verhältnissen kommen, ermöglichen, an den Aktivitäten unserer Jugendgruppe teilzunehmen“, unterstreicht Thurner. Außerdem ist geplant, Jacken mit dem Aufdruck „Jugendgruppe der Bergwacht Unterammergau“ anzuschaffen, damit sich die Jugendlichen stärker zur Bergwacht zugehörig fühlen und so eine Bindung zur Organisation verspüren. Nicht zuletzt soll ein Teil des Geldes in die Weiterbildung der Jugendgruppenleiter fließen, damit das hohe Ausbildungsniveau gehalten werden kann.

2. PLATZ | Johanniter Bayern

Viele Menschen mit Migrationshintergrund finden zwar ehrenamtliches Engagement „toll und bewundernswert“ und würden „eigentlich“ gern selbst aktiv werden – tun es aber nicht. Ziel des Projekts „Bring Dich ein! Ehrenamt verbindet“ ist es, ihnen dabei zu helfen. Es wird von acht regionalen Verbänden der Johanniter in Bayern durchgeführt. Wenige Mausklicks auf www.bring-dich-ein.de genügen, und man erhält nach der Eingabe des Wohnorts sowie der persönlichen Möglichkeiten und Vorlieben das passende Engagement. Insgesamt 30 geschulte Mentoren aus den Reihen erfahrener ehrenamtlicher Helfer stehen als Vorbilder und verlässliche Ansprechpartner bereit und begleiten die neu gewonnenen Ehrenamtlichen in ihrem Einsatz.

„Eine starke Bindung der ehrenamtlichen Helfer gelingt vor allem über Wertschätzung und ein starkes Gemeinschaftsgefühl“, erklärt Projektleiterin Sarah Voigt. „Und oft genügen wenige Stunden im Monat, um anderen etwas Gutes zu tun.“ Gleichzeitig biete das Ehrenamt einen idealen Ansatz für einen niedrigschwelligen Zugang zur sozialen Teilhabe sowie zum Bildungs- beziehungsweise Arbeitsmarkt. Zudem soll eine nachhaltige Bindung an das Ehrenamt ein erster Versuch sein, auf die wachsende sprachliche, kulturelle und religiöse Vielfalt in der Gesellschaft zu reagieren. Darüber hinaus geht es um die Entwicklung und Stärkung der interkulturellen Kompetenz auf beiden Seiten, den Abbau von Vorurteilen und das Schaffen von Begegnungsräumen für einen interkulturellen Dialog auf Augenhöhe. Durch das Projekt konnten bislang über 150 Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund gewonnen werden.

Das Preisgeld beträgt 10 000 Euro und soll vor allem einer nachhaltigen Weiterführung des Projekts und damit der Stärkung des Ehrenamtsbereichs zugutekommen. Und natürlich den Menschen, die sich während ihres Einsatzes für das Wohl anderer engagieren, die die Gesellschaft mitgestalten wollen und die sich stark machen gegen Ungerechtigkeiten und Ausgrenzungen.

3. PLATZ | Freiwillige Feuerwehr Philippsreut

„Du besitzt die Eintrittskarte”: Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Philippsreut (Landkreis Freyung-Grafenau) haben eine Frauengruppe aufgebaut, die vollständig in die bereits bestehende aktive Mannschaft integriert wurde. Unter anderem wegen des demografischen Wandels und der oftmals berufsbedingten werktäglichen Abwesenheit vieler Aktiver sollten neue Personenkreise für die Mitwirkung erschlossen werden. „Unsere Frauen und Freundinnen sind bereits heute meist Mitglied im Feuerwehrverein, helfen bei Veranstaltungen im organisatorischen Bereich tatkräftig mit und gelten auch als wichtigster Rückhalt nach schwierigen Einsätzen – dieses Potenzial soll nun auch in der aktiven Truppe ankommen“, erklärt der Erste Kommandant, Christian Kilger.

Im Einsatzgebiet wurden alle Frauen zwischen 18 und 50 Jahren zu einer Vortragsreihe mit Vorführungen eingeladen und Interessierte nahmen an Schulungen teil. Mit Gründung der Frauengruppe fand die Vortragsreihe 2018 ihren Abschluss. 2020 sollen die Mitglieder einen Truppmann-Lehrgang absolvieren und damit vollumfänglich in den aktiven Feuerwehrdienst aufgenommen werden. Kritische Stimmen von den Männern gab es keine. „Das wäre vor 20 Jahren wahrscheinlich noch anders gewesen“, sagt Kilger und lacht. Jetzt seien aber alle froh, mehr Frauen bei der Feuerwehr zu haben.

Für ihr Engagement erhielt die Freiwillige Feuerwehr Philippsreut 7000 Euro Preisgeld. Das soll der aktiven Mannschaft mit aktuell rund 40 Feuerwehrdienstleistenden zugutekommen und insbesondere in die Ausrüstung wie Funktionskleidung investiert werden.

3. PLATZ | Wasserwacht Ortsgruppe Wörthsee

Um dem Nachwuchsmangel in der Jugendgruppe sowie in der aktiven Wachmannschaft entgegenzuwirken und früh eine intensive Bindung zur Wasserwacht zu schaffen, wurden von der Wasserwacht der Ortsgruppe Wörthsee spezielle Aktionen ins Leben gerufen. Das Besondere daran: Sie werden maßgeblich von Kindern und Jugendlichen durchgeführt – ganz nach dem Motto „Kinder lernen von Kindern“.

„So wird gewissermaßen auf Augenhöhe die Begeisterung für das Ehrenamt geweckt, was nach unserer Erfahrung langfristiges Engagement und Verantwortungsübernahme in besonderer Weise fördert“, erläutert Projektleiterin Jule Heuchert. Intern tragen die Jugendlichen wesentlich zur erfolgreichen Durchführung der wöchentlichen Gruppenstunden bei. Sie gestalten das Training zu großen Teilen mit und sind verantwortlich für ganze Ausbildungsblöcke. Für die externen Aktionen des Projekts gibt es seit 2015 eine enge Zusammenarbeit zwischen der Wasserwacht Wörthsee und der ortsansässigen Grundschule, wo die Schülerinnen und Schüler frühzeitig für die Gefahren am und im Gewässer sensibilisiert werden.

Das Preisgeld in Höhe von 7000 Euro fließt insbesondere in neue Lehr- und Ausbildungsmaterialien sowie in die Jugendarbeit und Schulungen.

3. PLATZ | Feuerwehr Großostheim

Die Feuerwehr Großostheim konnte durch die herausragende Jugendarbeit überzeugen. Unter dem Motto „Sicher in die Zukunft“ führt die Feuerwehr Groß- ostheim seit vielen Jahren kontinuierlich Aktivitäten im Bereich Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit durch – insbesondere zur Nachwuchsgewinnung. So bekommt zum Beispiel jedes neue Mitglied der Kinderfeuerwehr die Möglichkeit, seinen Geburtstag auf der Feuerwache zu feiern, und wird dabei durch die Senioren- und Ehrenabteilung der über 65-Jährigen unterstützt. „Uns ist bewusst, dass gerade junge Menschen auch Wert auf ein modernes und erfolgreiches Image legen“, so der Kommandant Thomas Domanig. Dieser Zeitgeist spiegelt sich auch in den Aktivitäten der Feuerwehr wider. Eine sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit, jährliche Schulprojekttage mit Klassen der Mittel- und Realschulen vor Ort sowie die Beteiligung beim Girl’s Day zeigen bei der Nachwuchsgewinnung großen Erfolg. „Über unsere Kinderfeuerwehr haben bisher 23 Aktive den Weg zur Freiwilligen Feuerwehr gefunden“, sagt Domanig stolz. Das Preisgeld von 7000 Euro soll zur Erweiterung der Medienausstattung im neuen Anhänger für die Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden – zum Beispiel, um den Imagefilm präsentieren zu können.

Sonderpreis | Bergwacht Region Allgäu

Digitale Funktechnik, Drohnen und Wärmebildkameras: Die Bergwacht Region Allgäu setzt bei der Bergrettung auf moderne Technik. Das ist nicht nur für Menschen in Lebensgefahr von Vorteil, sondern dient auch der Nachwuchsgewinnung. Denn die digitalen Helfer kommen auch bei der jungen Generation gut an, was eine gezielte Ansprache deutlich einfacher macht.

„Da viele Jugendliche mit technischen Geräten gut umgehen können und auch dabei wenig Vorbehalte haben, können sie sehr schnell ihre Fähigkeiten bei uns in einem Gebiet mit einbringen, auf dem die älteren Bergretter eher weniger fit sind“, berichtet Regionalleiter Peter Eisenlauer. Dadurch steige das Ansehen und die Akzeptanz und die jungen Menschen fühlten sich schneller als Bestandteil des Teams. Aufgrund ihrer Fähigkeiten und ihres Know-hows wird die Technikgruppe der Bergwacht Allgäu regelmäßig von den verschiedensten Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zu oftmals schwierigen Einsätzen angefordert. Meist könnten durch die Beteiligung Einsatzkräfte geschont und geschützt werden. Des Weiteren präsentiert die Gruppe ihre Ausstattung auf verschiedenen Veranstaltungen und arbeitet mit Bergwachtjugendgruppen zusammen.

Der Sonderpreis ist mit 4000 Euro dotiert. Mit dem Geld will Eisenlauer die kleine Technikgruppe der LKLD-Rettung weiter bekannt machen und quer durch das Allgäu neue Interessenten finden sowie schulen. Dazu bedarf es aktuell noch der ein oder anderen technischen Ausstattung – vom Flugobjekt bis zum digitalen Fernglas. (David Lohmann)

INFO: Bürgerpreis
Die Idee zur Verleihung des Bürgerpreises, der früher noch Bürgerkulturpreis hieß, hatte die CSU. Mehrere Abgeordnete stellten 1999 einen Antrag, vorbildliche Leistungen auf dem Gebiet der Sozial- und Bürgerkultur zu belohnen. Träger des Preises und der zweckgebundenen Preisgelder sollten Kommunen, Organisationen, Initiativen oder Einzelpersonen sein. „Aufgabe des Landtags als gewähltes Organ des gesamten Volkes ist es, für eine neue Sozial- und Bürgerkultur die notwendigen Freiräume zu schaffen“, so die Begründung. Damit solle ein Wettbewerb der Kreativität und Innovation gefördert werden. Als Vorbild standen die Bertelsmann Stiftung mit ihrem Wettbewerb „Bürgerfreundliche Kommune“ und andere Projekte zur Freiwilligenarbeit in Finnland, Österreich und der Schweiz Pate. (loh)

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