Derzeit gibt es Fixerstuben in sechs Bundesländern: Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. (Foto: dpa)
Für Bayern sind das keine rühmlichen Zahlen: Zum dritten Mal in Folge gab es hier 2014 mehr Drogentote als in jedem anderen Bundesland. Laut Spiegel Online starben im vergangenen Jahr 252 Menschen im Freistaat an den Folgen ihrer Rauschgiftsucht, 2011 waren es 177 Tote. Der Anstieg der Drogenopfer betrug also innerhalb von drei Jahren 42 Prozent.
Zahlen, die auch der Gesundheitsausschuss des Landtags kennt. Diese Woche befasste sich das Gremium mit dem Thema Suchtkrankenhilfe und Suchtprävention – konnte sich aber nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen, wie Bayern die Zahl der Drogenopfer senken kann. „Bayern liegt, was die Zahl der Drogentoten angeht, mit Abstand an der Spitze der Länder“, bedauerte Ausschusschefin Kathrin Sonnenholzner (SPD). Für Sonnenholzner, selbst Ärztin, den Rest der Landtagsopposition sowie Suchtexperten ist klar: Drogenkonsumräume können dazu beitragen, dass die Zahl der Drogentoten sinkt. Derzeit gibt es die so genannten Fixerstuben in sechs Bundesländern beziehungsweise 24 deutschen Städten: in Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Die Staatsregierung, forderte Sonnenholzner, „soll die Rechtsgrundlagen dafür schaffen, dass die bayerischen Städte Drogenkonsumräume einführen dürfen“. München und Nürnberg würden das sehr gern tun, doch den Städten sind die Hände gebunden, weil die Staatsregierung die dafür erforderliche Verordnung nicht erlässt.
FW: Alkohol trinkende Politiker sind kein Vorbild
In Drogenkonsumräumen erhalten Abhängige kostenlos steriles Spritzbesteck oder auch Pflaster und Einweghandschuhe. Mitgebrachte illegale Drogen wie Heroin werden geduldet. Das Personal weist zudem auf die Bedeutung von Hygienemaßnahmen wie das Desinfizieren der Einstichstelle hin.
Für die CSU sind Drogenkonsumräume ein rotes Tuch. Das wurde auch im Ausschuss wieder deutlich. „Wir sehen keine Veranlassung, die rechtlichen Voraussetzungen für Drogenkonsumräume zu schaffen“, erklärte Ministerialrat Georg Walzel vom bayerischen Gesundheitsministerium. Er stellte im Ausschuss einen Bericht über die Situation und mögliche Weiterentwicklung der bayerischen Suchtprävention vor. Der von den Abgeordneten gewünschte Bericht gibt auch einen Überblick über die Erfahrungen anderer Länder mit Drogenkonsumräumen. Ergebnis: In keinem einzigen Fall liegt eine negative Bilanz vor. Niedersachsen berichtet sogar, dass die Zahl der Drogentoten sank: Starben dort früher regelmäßig um die 30 Menschen im Jahr an den Folgen ihres Drogenkonsums, so waren es im Jahr 2013 nur noch 13.
Das sei noch lange kein Grund, Fixerstuben zu ermöglichen, befand Ausschussvize Bernhard Seidenath (CSU). Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Drogenkonsumräumen und sinkenden Todesfällen sei jedenfalls „nicht belegt“.
Da half es nichts, dass der Grüne Uli Leiner Fixerstuben als „Schutzräume“ für Abhängige pries und die Sturheit der CSU „furchtbar“ nannte. Selbst die sonst eher konservativen Freien Wähler befürworten Fixerstuben seit Langem – „aus humanitären Gründen“, wie der Oberpfälzer Abgeordnete Karl Vetter der Staatszeitung sagte.
Ungleich diskutierfreudiger zeigte sich die CSU im Ausschuss übrigens bei einem anderen Aspekt von Sucht: dem steigenden Alkoholkonsum. Die Bemerkung des Mediziners Karl Vetter, wonach biertrinkende Politiker auf Volksfesten „kein Vorbild“ für junge Menschen seien, sorgte für gewaltige Erregung bei den christsozialen Ausschussmitgliedern: Klaus Holetschek sorgte sich sogleich um die „Außendarstellung dieses wunderbaren Landes“, wenn Biertrinken den Nimbus des harmlosen Vergnügens verliere. Jürgen Baumgärtner wiederum fand es ehrlicher, beim Volksfest vor einer Maß zu sitzen, als Alkohol nur hinter verschlossenen Türen zu konsumieren. „Heimlich trinken ist nicht die Lösung.“ Und andere wie CSU-Veteran Thomas Goppel schüttelten ob der unerhörten Wortmeldung einfach nur genervt den Kopf. (Waltraud Taschner)
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