Landtag

Zentrale Figur im Untersuchungsausschuss: Andrea Tandler. (Foto: dpa/Kneffel)

05.05.2023

Eine Sisyphosarbeit endet im Dissens

Untersuchungsausschuss Maske: Kommende Woche liegt der Abschlussbericht vor – 3451 Akten wurden ausgewertet

Der Untersuchungsausschuss Maske wird vermutlich im Dissens enden. Das zeichnet sich schon vor der Beratung des Entwurfs für einen Abschlussbericht in der kommenden Woche ab.

Die Kernaussagen des Abschlussberichts präsentierte der Vorsitzende des Gremiums, der CSU-Abgeordnete Winfried Bausback, bereits der Öffentlichkeit. Nach Bausbacks Einschätzung, die auf der Vernehmung von 150 Zeug*innen und der Auswertung von 3451 Akten mit einem Volumen von mehr als zwei Millionen Seiten beruht, konnten bei keiner Beschaffung von Schutzmasken durch Stellen der Staatsregierung zu Beginn der Corona-Pandemie parteipolitische oder andere sachfremde Erwägungen festgestellt werden. Die Opposition sieht dagegen ihre Vorwürfe von Filz und Vetternwirtschaft seitens der CSU bestätigt.

Der Ausschuss war eingerichtet worden, um Verdachtsmomenten nachzugehen, dass von CSU-Parlamentariern oder CSU-nahen Personen vermittelte Maskenangebote durch die zuständigen Stellen der Staatsregierung bevorzugt bearbeitet und angenommen worden seien. Auslöser waren die durch die CSU-Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein sowie die Tochter des früheren CSU-Spitzenpolitikers Gerold Tandler, Andrea Tandler, gegen millionenschwere Provisionen zustande gekommenen Maskendeals. Später wurden noch Fälle bekannt, in denen der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, die Ehefrau von Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) sowie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) involviert waren. Bei diesen Fällen wurden, sofern sie überhaupt realisiert wurden, keine Provisionen gezahlt.

Bausback erklärte nun, die Staatsregierung habe zu Beginn der Pandemie „alle notwendigen Maßnahmen unverzüglich und konsequent ergriffen, um Menschenleben zu schützen und zu retten“. Für das damalige Krisenmanagement habe es „keine Blaupause“ gegeben. Deshalb sei nicht alles sofort fehlerfrei gelaufen. Letzten Endes seien aber alle Beschaffungen nach Recht und Gesetz erfolgt. „Entschieden wurde immer nach fachlichen Kriterien und frei von politischer Einflussnahme“, betonte Bausback. Es habe in keinem Fall zu einer Vorteilsgewährung geführt, „nur weil jemand jemanden kannte“. Als Beleg führte Bausback mehrere aus fachlichen Gründen gescheiterte Maskenangebote an, darunter das der Firma von Söders Ehefrau und mehrere von Aiwanger schriftlich vorgebrachte Kontakte.

CSU verweist auf die Notlage zu Beginn der Pandemie

Dass zu Beginn der Pandemie vor allem über CSU-Abgeordnete kontaktierte und vermittelte Angebote zum Zug gekommen seien, begründete Bausback mit der damaligen Notsituation, in der wegen fehlender Schutzausrüstung ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung in Bayern gedroht habe. Es habe bei der Staatsregierung noch keine Beschaffungsstruktur gegeben. Deshalb habe man solche Angebote mit Priorität geprüft, die als „besonders vertrauenswürdig erachtete Personen“ vorgelegt und die als aussichtsreich gegolten hätten. Zu diesen hätten auch Angebote von Wirtschaftsverbänden und großen bayerischen Unternehmen gezählt. Alle Angebote seien aber einer objektiven fachlichen Prüfung unterzogen worden.

Bausback verteidigte auch die in der Rückschau immens hohen Preise für die damals angeschafften Masken von bis zu 8 Euro das Stück. So hätten auf dem international leergefegten Markt die von Andrea Tandler in dieser Zeit vermittelten Masken „den Zusammenbruch des Gesundheitswesens in Bayern verhindert“. Vor diesem Hintergrund sei man damals bereit gewesen, einen hohen Preis zu zahlen. Dass Tandler dafür Millionenprovisionen des Maskenverkäufers erhalten hatte, sei damals nicht bekannt gewesen. Als weiteren Beleg gegen die vermutete Vetternwirtschaft führte Bausback einen kurze Zeit später abgeschlossenen Kauf über rund 46 Millionen Masken an, der vollständig ohne Kontaktanbahnung oder Vermittlung aus der Politik verwirklicht worden sei.

Weder Fehlverhalten noch eine Bevorzugung erkannte Bausback auch in dem von Scheuer vermittelten Maskengeschäft. Zwar sei dieses trotz Bedenken bezüglich der Qualität der Masken abgeschlossen worden, weil man durch die versprochene schnelle Lieferung einen akuten Mangel abzudecken gehofft habe. Durch strenge Vertragsklauseln habe man aber einen finanziellen Schaden für den Freistaat ausgeschlossen. Der Lieferant habe minderwertige Ware austauschen und Schadenersatz leisten müssen. Insofern seien alle Beschaffungsmaßnahmen sachlich und fachlich nachvollziehbar erfolgt, bilanzierte Bausback. Fehlverhalten attestierte der Ausschusschef lediglich den Abgeordneten Sauter und Nüßlein sowie Andrea Tandler, die sich „in moralisch verwerflicher Weise an der Not durch astronomisch hohe Provisionen selbst bereichert haben“.

Ausschussvize Florian Siekmann (Grüne) warf der CSU vor, mit dem Entwurf des Abschlussberichts „den Maskensumpf unter den Tisch kehren“ zu wollen. Der Untersuchungsausschuss habe einen „regelrechten Sumpf aus Amigo-Deals, Schachereien und politischem Versagen bis in die höchste Ebene aufgedeckt“. Bis hinauf zum Ministerpräsidenten sei „unzweifelhaft massiver Druck zum Abschluss einzelner Maskendeals ausgeübt“ worden. Dass sich Tandler, Sauter und Nüßlein hätten „schamlos in Millionenhöhe bereichern“ können, sei das Ergebnis eines „blinden Vertrauens in verfilzte CSU-Strukturen“. Die Maskenankäufe seien von „Vetternwirtschaft und Fehlentscheidungen geprägt“ gewesen. „Egal ob Sauters Millionenforderung für die Schnelltestzulassung, Söders Masken-SMS oder Schrottmasken beim Tandler-Deal, all das ist erst durch die parlamentarische Untersuchung ans Licht gekommen“, erklärte Siekmann. Im Namen der Grünen kündigte er die Vorlage eines umfassenden eigenen Berichts an.

SPD lästert über Bausbacks „Märchenstunde“ und fordert mehr Selbstkritik

Als „reine Schönfärberei“ bezeichnete das SPD-Ausschussmitglied Markus Rinderspacher die Vorlage Bausbacks. „Statt Märchenstunde wäre mehr Selbstreflexion nötig“, urteilte er. Die Arbeit des Ausschusses habe ergeben, dass klar bevorzugt worden sei, wer gute Kontakte zur Staatsregierung gehabt habe. „Filz und Günstlingswirtschaft haben in Bayern drei Buchstaben: CSU“, zog Rinderspacher als Fazit. Bausback wies die Oppositionsvorwürfe als „schäbig“ zurück. Sie seien weder durch die vorliegenden Akten noch durch Zeugenaussagen gedeckt sowie durch die Beweisaufnahme „eindeutig widerlegt und ausgeräumt“. (Jürgen Umlauft)
 

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