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Ein Windrad hinter einem Wasserstoff-Hybridkraftwerk. Ist das die Energieversorgung der Zukunft? (Foto: dpa/Bernd Settnik)

29.10.2021

Fachleute fordern Steuersenkungen

Wirtschaftsausschuss: Fachanhörung zum Thema steigende Energiepreise

Angesichts weiter steigender Energiepreise haben sich bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss mehrere Fachleute für die Absenkung von Steuern und Abgaben auf Strom ausgesprochen. Haushalte mit niedrigen Einkommen könnten zudem durch höhere Sozialleistungen, energieintensive Unternehmen durch einen staatlich garantierten Industriestrompreis entlastet werden. Zudem plädierten die meisten Expert*innen für einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze, um Produktions- und Verteilkosten senken zu können.

Thomas Engelke von der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. trat genauso wie der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW), Bertram Brossardt, für eine Abschaffung der EEG-Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien ein. Diese Kosten müssten steuerfinanziert werden. Beide plädierten auch dafür, die Stromsteuer auf das in der EU zulässige Mindestmaß abzusenken. Laut Engelke könnten beide Maßnahmen den Strompreis um bis zu fünf Cent je Kilowattstunde absenken. Zudem forderte er, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vollständig an die Verbrauchenden zurückzuerstatten.

Reichen Wind- und Solarstrom aus? Nicht alle wollen das glauben

Einen anderen Ansatz wählte Swantje Fiedler vom Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft. Sie bezweifelte, dass der Strompreis in Deutschland und Bayern zu hoch sei. Bezogen auf das Durchschnittseinkommen lägen die monatlichen Kosten für den Strombezug hierzulande im europäischen Mittelfeld. Es bestehe deshalb nur die Notwendigkeit, einkommensschwache Haushalte durch höheres Wohngeld oder einen Aufschlag auf andere Sozialleistungen zu unterstützen. Nach ihrer Ansicht hänge zudem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht vom Strompreis ab. Für energieintensive Branchen gebe es ohnehin Erleichterungen und Ausnahmen. Eine pauschale Strompreissenkung sei aus ökologischer Sicht der falsche Weg. Fossil erzeugter Strom müsse eher verteuert, regenerativ hergestellter verbilligt werden, meinte Fiedler.

Dagegen erklärte Bernhard Langhammer als Sprecher des Chemieparks Gendorf, günstiger Industriestrom sei die Voraussetzung für die weitere wirtschaftliche Prosperität Bayerns. „Wir können uns nicht erlauben, beim Strom viel teurer zu sein als andere Weltregionen“, sagte er. Vor allem müsse der Strompreis für Unternehmen und Investoren stabil planbar sein, was unter den aktuellen regulatorischen Vorgaben nicht möglich sei. Er sprach sich deshalb für einen „echten Industriestrompreis“ aus. Die Differenz zum jeweils aktuellen Marktpreis müsse für die Unternehmen zum Beispiel über einen Fonds ausgeglichen werden.

Ähnlich äußerte sich Brossardt. Die hohen Strompreise seien eine „echte Belastung für unsere Unternehmen“ und behinderten den Weg in die Klimaneutralität. Vor allem energieintensive Unternehmen bräuchten andere Marktregeln als mittelständische Betriebe und private Haushalte, um ihren Bestand zu sichern. Ansonsten drohe gerade in den Regionen Nord- und Ostbayerns eine Deindustrialisierung. „Es gibt keine Alternative zu niedrigeren Strompreisen“, so Brossardt. Gleichzeitig sprach er sich für einen Ausbau der erneuerbaren Energien und damit auch der Windkraft in Bayern aus und forderte einen raschen Ausbau der Stromnetze.

Dem schloss sich Ingo Schmidt vom Stromnetzbetreiber Tennet an. Es sei Aufgabe der Politik, mit Blick auf neue Stromleitungen für mehr Akzeptanz zu sorgen. Ohne Netzausbau würden immer mehr Eingriffe in die Netzstabilität erforderlich. Sein Unternehmen habe dafür 2020 allein mehr als eine Milliarde Euro aufwenden müssen, was letztlich auch auf den Strompreis durchschlage. Einig waren sich die meisten Fachleute auch, dass für die zukünftige Energieversorgung mehr auf Wasserstoff gesetzt werden müsse.
Diese Umstellung werde nach Angaben von Almut Kirchner von der Prognos AG zwar zunächst die Strompreise weiter nach oben treiben, langfristig werde das aber genauso wie der Ausbau der erneuerbaren Energien preisdämpfend wirken.

Eine Einzelmeinung vertrat Josef Fäßler, wissenschaftlicher Fachmitarbeiter im Europaparlament. Er bezweifelte, dass der geplante Atom- und Kohleausstieg sinnvoll sei, da Wind- und Solarstrom selbst bei maximal möglichem Ausbau „hinten und vorne nicht ausreichen“ würden, um eine preisgünstige und sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Deutschland und Bayern sollten deshalb zur „kostengünstigen und umweltfreundlichen Stromerzeugungsmethode der Kernkraft zurückkehren“. In den USA und vielen europäischen Ländern sei die Atomkraft elementarer Bestandteil der Klimaschutzagenda. (Jürgen Umlauft)

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