Landtag

Im September 2021 eröffnete Ministerpräsident Markus Söder das Nürnberger Zukunftsmuseum. (Foto: dpa/Karmann)

14.04.2023

Fragen zum "vermieterfreundlichen" Objekt

Untersuchungsausschuss: Das Nürnberger Zukunftsmuseum: Grüne sprechen vom „teuersten Mietvertrag in der Geschichte Bayerns“

Ein Untersuchungsausschuss im Landtag durchleuchtet das von Markus Söder angestoßene Zukunftsmuseum in Nürnberg. Die Fragen der Opposition drehen sich um Miethöhe und Nutzungsdauer. Selbst Fachleute waren angeblich mit Blick auf Vertragsgestaltung und Kosten skeptisch. 

Nach den ersten Zeugenaussagen und der Durchsicht zentraler Akten sehen Abgeordnete der Opposition im Untersuchungsausschuss Zukunftsmuseum ihre Vermutungen bestätigt, dass wegen des besonderen Interesses des damaligen Finanzministers Markus Söder (CSU) an dem Projekt in seiner Heimatstadt Nürnberg ein Mietvertrag zulasten der bayerischen Steuerzahler*innen geschlossen wurde. Schon der Oberste Rechnungshof hatte im Mai 2022 in einer Stellungnahme festgestellt, dass der Mietvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren, Gesamtkosten von bis zu 200 Millionen Euro und diversen Zugeständnissen seitens des Freistaats „vermieterfreundlich“ ausgestaltet sei.

Das Projekt Zukunftsmuseum, ein Ableger des Deutschen Museums in München, war um das Jahr 2015 angestoßen worden. Zuständig dafür war eigentlich das Wissenschaftsministerium, aus den Akten geht nach einer Bewertung des FDP-Abgeordneten Sebastian Körber allerdings hervor, dass die Federführung in diesem Fall bei Söders Finanzministerium lag. Dieses habe, anders als bei sonstigen Immobiliensuchen, direkte Anweisungen an die dafür zuständige staatliche Immobiliengesellschaft „Imby“ gegeben und dabei kostenfrei „in Amtshilfe“ für das Deutsche Museum als Projektträger gehandelt. Für Körber ein „ungewöhnlicher Vorgang“. Offenbar liefen zentrale Unterlagen und Vermerke nicht nur über den Schreibtisch von Söders Büroleiter, sondern auch über den des Ministers.

Nach einer Rekonstruktion der Vorgänge durch Körber waren zunächst zwei Standorte außerhalb des Nürnberger Stadtzentrums im Gespräch. Für einen davon, am Aufseßplatz südlich des Hauptbahnhofs, habe das Deutsche Museum eine Tendenz erkennen lassen. Wohl auf Intervention Söders sei dann aber der zentral, aber etwas versteckt gelegene Augustinerhof ins Spiel gekommen. Eigentümer der davor jahrelang leer stehenden Immobilie ist die Alpha-Gruppe des Nürnberger Unternehmers Gerd Schmelzer, der wiederum ein langjähriger Unterstützer der Nürnberger CSU ist, wie ein Parteisprecher einmal dem Deutschlandfunk mitteilte.

Warum wurde das Projekt nicht ausgeschrieben?

Auf einer Pressekonferenz Mitte 2016 verkündete Söder den Augustinerhof als Standort des neuen Museums, der Mietvertrag mit der Alpha-Gruppe wurde allerdings erst ein Jahr später rechtsverbindlich geschlossen. Nach Einschätzung Körbers hat das Vorpreschen Söders die Verhandlungsposition des Freistaats enorm geschwächt, weil Schmelzers Firma davon ausgehen konnte, unter Konkurrenzausschluss in die Vertragsgespräche zu gehen. So habe Schmelzer über die eigentliche Raumplanung des Deutschen Museums hinaus eine weitere Etage des Komplexes zur Anmietung angeboten und dafür dann auch – offenbar ohne vorherige Rücksprache mit dem Projektträger – den Zuschlag erhalten. „40 Prozent zusätzliche Fläche führten zu 90 Prozent höheren Betriebskosten“, hat Körber aus den Unterlagen errechnet.

Im weiteren Verlauf der Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss will die Opposition klären, inwieweit die Einflussnahme Söders zum „teuersten Mietvertrag in der Geschichte des Freistaats Bayern“ beigetragen hat, wie Verena Osgyan (Grüne) formuliert. Man wolle wissen, warum dieses Objekt nicht ausgeschrieben wurde, sondern „freihändig an einen einzelnen Interessenten vergeben“ worden sei. Offenbar, so berichtet jedenfalls die Süddeutsche Zeitung, sind auch Mahnungen des Wissenschaftsministeriums wegen der hohen Kosten ignoriert worden. Der Ausschussvorsitzende Josef Schmid (CSU) hat derweil vor „vorschnellen Urteilen“ gewarnt. Gabi Schmidt (Freie Wähler) sagte bei einem Informationsbesuch im Zukunftsmuseum eine „absolut ergebnisoffene Prüfung“ der Vorgänge zu.

In der kommenden Woche wird sich der Ausschuss neben weiteren Zeugenbefragungen mit einem Beweisantrag von Grünen, SPD und FDP beschäftigen. Darin fordern die drei Oppositionsfraktionen eine Durchsuchung der CSU-Parteizentrale, die allerdings erst noch vom Amtsgericht München genehmigt werden müsste. Hintergrund sind Parteispenden Schmelzers an die CSU im Zeitraum rund um die Verhandlungen zum Mietvertrag. Die Fraktionen wollen klären, ob Schmelzer neben zwei veröffentlichungspflichtigen und damit bekannten Spenden weitere Zuwendungen unterhalb der Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro gewährt hat, die mit dem Vertragsabschluss in Verbindung stehen könnten. Die CSU verweigert die Herausgabe solcher Unterlagen bislang unter Verweis auf das Parteiengesetz.

CSU: Opposition ist „außer Rand und Band“

Grüne, SPD und FDP berufen sich bei ihrer Forderung auf den Untersuchungsauftrag des Ausschusses. Demnach sollen alle Parteispenden Schmelzers und seiner Unternehmen auch unterhalb der Veröffentlichungspflichtgrenze ausnahmslos vorgelegt werden. „Die CSU behindert die Aufklärung, wo es nur geht, um Markus Söder vor dem Untersuchungsrecht des Landtags zu schützen“, klagt Volkmar Halbleib (SPD). Es müsse geklärt werden, ob ein „völlig überteuerter, vermieterfreundlicher Vertrag zulasten der Steuerzahler geschlossen“ worden sei. Körber verweist darauf, dass Schmelzer selbst bereits öffentlich eingeräumt habe, weitere Spenden an die CSU geleistet zu haben. Deshalb sei es angemessen, mit allen Mitteln des Rechtsstaats auf die Offenlegung zu drängen.

„Die Opposition ist offensichtlich außer Rand und Band“, zeigt sich Tobias Reiß, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion, empört. Der Antrag auf Durchsuchung der CSU-Parteizentrale sei„rechtlich fernab jeder Zulässigkeit“, so Reiß und nimmt Bezug auf die Regeln zur Parteienfinanzierung. Hier werde „wider besseren Wissens eine Schlammschlacht gegen die CSU losgetreten“. Aus seiner Sicht könne das Amtsgericht München den Antrag der Opposition nur ablehnen. (Jürgen Umlauft)

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