Landtag

In vielen bayerischen Kitas gibt es Platzprobleme. (Foto: dpa/Weihrauch)

18.04.2019

Grüne: Kita-Zuschüsse für Eltern abschaffen

Die Grünen in Bayern wollen die Betreuungsangebote ausbauen, mehr Personal einstellen und die Öffnungszeiten verlängern

2020 investiert der Freistaat 588 Millionen Euro in den Kita-Bereich. Aber nur zwölf Prozent davon fließen in den Qualitätsausbau. Der Rest entfällt auf die Finanzierung des Beitragszuschusses. Ein zu teures Wahlversprechen der schwarz-orangen Koalition, meinen die Grünen.

Johannes Becher ist Sprecher für frühkindliche Bildung der Landtags-Grünen. Immer wieder melden sich Eltern bei ihm, die verzweifelt einen Krippenplatz suchen. „Erst gestern rief mich wieder eine Mutter an“, erzählte er diese Woche Journalisten. Da es in der eigenen Gemeinde keine freien Betreuungsplätze gibt, musste das Kind in der Nachbarkommune untergebracht werden. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wurde der Krippenplatz jetzt auch noch von der Gemeinde wegen Eigenbedarf gekündigt. „Die Mutter steckt in der Bredouille, einerseits den Erwartungen des Arbeitgebers gerecht zu werden, andererseits für eine kindergerechte Betreuung zu sorgen.“

So wie dieser Mutter ergeht es derzeit trotz Rechtsanspruchs auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz vielen Eltern. In Berlin werden angeblich bereits Vermittlungsprämien für einen freien Betreuungsplatz in Höhe von mehreren tausend Euro gezahlt. In Bayern sei ihm so etwas bisher nicht bekannt, sagte Becher auf Nachfrage der Staatszeitung. „Das heißt aber nicht, dass es das bei uns nicht gibt.“

"Was nutzt uns Gebührenfreiheit, wenn es keine Kita-Plätze gibt?"

Der Grund, warum die Betreuungssituation im Freistaat nicht besser wird, ist laut Becher die falsche Verteilung der Finanzmittel. Denn ein Großteil der Gelder aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes fließt nicht in die Qualität, sondern in die Finanzierung des Beitragszuschusses für Kindertageseinrichtungen. Denn in Bayern wird der Kindergartenbesuch seit April dieses Jahres mit monatlich 100 Euro pro Kind bezuschusst – so sieht es der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern vor.

Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) versicherte erst diese Woche wieder, die Bundesmittel auch für die Qualitätsverbesserung zu nutzen. Aber von den 76,8 Millionen Euro, die Bayern dieses Jahr vom Bund bekommt, gehen 46 Millionen Euro in den Beitragszuschuss. 2020 sind es 86 von 154 Millionen Euro. Selbst der Bayerische Oberste Rechnungshof übte daran Kritik. Zusammen mit den bayerischen Finanzmitteln gibt die Staatsregierung heuer insgesamt nur 30 Millionen Euro für Qualität aus – aber 350 Millionen für den Beitragszuschuss. 2020 fließen immerhin 68 Millionen in den Qualitätsausbau, aber dafür auch stolze 520 Millionen Euro in den Beitragszuschuss. „Das ist ein eklatantes Missverhältnis“, klagte Becher.

Die Grünen wollten im Landtag mit einem Dringlichkeitsantrag erreichen, dass 100 Prozent der Bundesmittel in die Qualitätsverbesserungen fließen – ohne Erfolg. Dabei gibt es aus ihrer Sicht viel zu tun. In ihrem Antragspaket fordern sie, insbesondere den Personalschlüssel in Kitas zu verbessern. „Viele Mitarbeiter arbeiten am Anschlag, zum Teil schon über der Schmerzgrenze“, erklärte Becher. Des Weiteren müsste es mehr Kita-Plätze, längere Öffnungszeiten und ein Programm zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte geben. Außerdem ausreichend Zeitkontingente für Kita-Leitungen, eine erhöhte Betriebskostenförderung durch den Freistaat und eine grundlegende Reform der Erzieherausbildung.

Sozialministerin Schreyer will trotz der Beitragszuschüsse die Qualität verbessern. Um Erzieher deutlich zu entlasten, soll ein Verwaltungs- und Leitungsbonus kommen. „Für eine durchschnittliche Einrichtung mit 60 betreuten Kindern wird der Bonus nach derzeitiger Planung etwa 12 500 Euro pro Jahr betragen“, sagte sie. Darauf angesprochen muss Becher lachen. „Damit kann gerade mal eine 0,25-Kraft finanziert werden“, rechnete er vor. Wenn die Ministerin konsequent wäre, müsste sie dem Grünen-Antrag zustimmen. Die Chancen stehen schlecht für die Grünen.

Die Frage ist auch, wie Eltern in Bayern es finden würden, wenn ihnen der eben erst gewährte Zuschuss von 1200 Euro pro Kind und Jahr wieder gestrichen würde. Doch Becher ist überzeugt, dass Eltern Verständnis dafür hätten. Schließlich würden sie das Beste für ihr Kind wollen. Und wer sich die Gebühren nicht leisten könne, profitiere schon lange von sozial gestaffelten Kita-Gebühren. Sein Fazit: „Was nutzt uns Gebührenfreiheit, wenn es keine Kita-Plätze gibt?“ (David Lohmann)

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