Landtag

Mit Gesetzestexten in der Hand demonstrieren Mitglieder der Partei Die Linke vor dem Justizministerium in der Innenstadt. Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte bestätigt, dass Ermittler Telefonate von Mitgliedern der Klimagruppe Letzte Generation in ihrem Auftrag abgehört haben. Auch Journalisten waren aufgrund von Anrufen über die überwachten Telefonnummern wohl von den Maßnahmen betroffen. (Foto: dpa/Kneffel)

26.06.2023

Bayerische Justiz nach Abhöraktionen in der Kritik

Die bayerische Justiz hat das Abhören von Telefonen der Klimakleber-Organisation Letzte Generation veranlasst – und dabei auch vor Gesprächen mit Journalisten nicht Halt gemacht. Opposition und Journalisten-Verband gehen auf die Barrikaden

Die bayerische Justiz ist nach dem Abhören von Gesprächen von Journalisten mit Vertretern der Letzten Generation massiv in die Kritik geraten. Der Bayerische Journalisten-Verband forderte eine umfassende Aufarbeitung der Vorgänge und eine transparente Offenlegung der gewonnenen Erkenntnisse.

Die Grünen im Landtag verlangen Auskunft vom Justizministerium. "Wir werden mit einer Schriftlichen Anfrage weitere Aufklärung betreiben, etwa dazu, wann der Justiz- und der Innenminister davon erfahren haben und zu Beginn und Dauer der Abhöraktionen", kündigte Fraktionschefin Katharina Schulze am Montag an.

Justizminister Georg Eisenreich (CSU) beteuerte am Montag lediglich, er stehe zur Pressefreiheit, "ohne Wenn und Aber". Inhaltliche Fragen beantwortete er nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft München sei angewiesen, die Öffentlichkeit über die Telefonüberwachung zu informieren, soweit dies im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens möglich sei.

"Trägerinnen und Träger von Berufsgeheimnissen genießen einen besonderen Schutz in unserem Land. Die Presse muss ihrer Arbeit frei nachkommen dürfen - ohne einem Überwachungsdruck ausgesetzt zu sein", sagte Schulze. "Weshalb die Generalstaatsanwaltschaft München ausgerechnet die Nummer des Pressetelefons hat überwachen lassen, ist deshalb mehr als erklärungsbedürftig."

"Das Abhören von Journalisten ist ein ganz klarer Eingriff in die Pressefreiheit", sagte der BJV-Vorsitzende Harald Stocker am Montag in München. "Die Politik und die beteiligten Behörden müssen Verantwortung übernehmen und aufklären, wie es dazu kommen konnte, dass Gespräche mit Journalisten abgehört wurden und wie diese verwertet wurden." Die Pressefreiheit hat in Deutschland Verfassungsrang und ist in Artikel 5 des Grundgesetzes geregelt.

Dauert die Abhöraktion weiter an?

Am Wochenende war bekannt geworden, dass das Landeskriminalamt auf Geheiß der Generalstaatsanwaltschaft München im Herbst 2022 mehrere Telefonanschlüsse, darunter auch ein Pressetelefon der Letzten Generation abgehört hatte. Die Abhörmaßnahmen erfolgten mit richterlicher Zustimmung des Amtsgerichts München. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte die Abhöraktionen. Ob diese andauern, blieb zunächst unklar. Das Justizministerium beantwortete eine entsprechende Frage nicht.

Die Strafverfolgungsbehörden sind beim Abhören von Telefonanschlüssen zur Abwägung verpflichtet, insbesondere wenn Träger von Berufsgeheimnissen wie etwa Journalisten betroffen sind. In der Regel muss der Verdacht einer erheblichen Straftat vorliegen. Die Gerichte in Bayern verhängten bisher gegen Klimakleber jedoch höchstens Bewährungsstrafen, oft wurden die Verfahren mit Strafbefehlen abgewickelt.

"Wenn der Staat vertrauliche Telefonate mit Journalisten abhört, zerstört er die Grundlage für unsere Berichterstattung", sagte Stocker. "Es muss jetzt umgehend aufgeklärt werden, wie es zu der Fehleinschätzung kommen konnte, Gespräche mit der Presse zu überwachen. Wir müssen wissen, ob die aufgezeichneten Telefonate mit Journalistinnen und Journalisten umgehend gelöscht oder weiterverwertet werden."

"Selbst wenn die Abhörbeschlüsse sich nicht direkt gegen Journalisten richten, sind diese maßgeblich von der Überwachung betroffen", betonte Stocker. "Wir haben daher erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen."

Der BJV forderte die beteiligten Behörden und die Politik auf, nun wenigstens umfassende Transparenz über den Vorgang zu schaffen und den entstandenen Schaden soweit möglich einzudämmen. "Kolleginnen und Kollegen, deren Gespräche überwacht wurden, müssen darüber informiert werden", fordert der Verbandschef. (Michael Donhauser, dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist die geplante Hausarztpflicht sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.