Stefan Stadler: Chef des Pfortendiensts
Der Zerberus
Stefan Stadler aus Pfaffenhofen ist seit 15 Jahren für die Sicherheit im Landtag zuständig. Der 54-Jährige und sein Pfortendienstteam kontrollieren Tag und Nacht die Eingänge. Viele Einsätze sind harmlos. So müssen fast täglich Touristengruppen abgewiesen werden, die den Landtag für ein Museum halten. Aber immer wieder kommen auch Menschen, die angeblich ihren Dienstausweis vergessen haben. Was sie im Maximilianeum wollen? „Denen da oben die Meinung sagen“, erklärt Stadler.
Sein Team ist auch für die Sicherheit im Haus zuständig. Im Sommer wurde beispielsweise ein Journalist von einer Besuchergruppe der AfD angegangen. In der warmen Jahreshälfte bereiten ihm auch die feiernden Sonnenanbeter*innen auf der Westseite Kopfschmerzen. Ein Gläschen Wein ist natürlich erlaubt. Wenn aber nach einem Junggesellenabschied die Bierflaschen fliegen, ist der Spaß vorbei. Gleiches galt nach einer Farbattacke auf den Landtag von Klimaaktivisten Ende August.
Voraussetzung für die Einstellung im Pfortendienst ist neben Verfassungstreue und den üblichen Sicherheitsabfragen ein gutes Personengedächtnis. Neue Beschäftigte sollten im Idealfall alle 203 Abgeordneten, die über 300 Angestellten im Landtagsamt und die Beschäftigten der Fraktionen kennen. Allein schon deshalb, weil viele tatsächlich regelmäßig ihren Dienstausweis vergessen. Hinzu kommen Lieferpersonal und Kundendienstleute.
Die Freundlichkeit der Abgeordneten variiert stark, erzählt Stadler. „Es ist eben ein Querschnitt der Gesellschaft.“ Manche brächten regelmäßig Schokolade mit, andere seien auch mal ruppig, manche unauffällig und wieder andere würden den Pfortendienst mit einer Hotelrezeption verwechseln – die bei der Suche nach verlorenen Schlüsseln hilft oder den Fernseher repariert. Aber Stadler und sein Team sind stets höflich – und helfen bei fast allem. „Manchmal“, sagt er, „sind wir sogar Seelsorger.“
Rainer Posluschny: Leiter der Offiziant*innen
Der gute Geist
Auch, wenn sich im Landtag alles um die Abgeordneten und deren Arbeit dreht – ohne Rainer Posluschny und Co wären sie aufgeschmissen. Posluschny, 66, kümmert sich mit seinem 16-köpfigen Offiziant*innen-Team darum, dass die Arbeit in den Gremien reibungslos laufen kann. Indem sie die Abgeordneten mit allem versorgen, was die in den Ausschüssen, Fraktionssitzungen oder sonstwo im Parlament brauchen. In der Zeit vor der Digitalisierung waren das auch: Gesetzentwürfe oder Anträge, die es zu verteilen galt. Auch heute noch gibt’s aber Briefpost und andere Papierunterlagen.
Der Landtag, schwärmt Posluschny, sei für ihn „der schönste Arbeitsplatz der Welt“. Gelernt hat er eigentlich Automechaniker, aber ihm war schnell klar, dass er noch mehr vorhat. Er bewarb sich beim Bayerischen Landtag und hat es nie bereut. Seit 2018 fungiert er als Chef der Offiziant*innen. Und wählt jetzt selber aus, wer die Abgeordneten umsorgt und vor den Sitzungssälen darauf achtet, dass keine Unbefugten stören. Ganz wichtig: Umgangsformen. Fingerspitzengefühl sei zentral, sagt Posluschny – tatsächlich kommt es ja schon vor, dass Abgeordnete auch mal genervt, gestresst oder ungeduldig sind. Es menschelt halt überall, aber der liebenswürdige Posluschny hat solche kleinen und großen Dramen stets im Griff. Hat der Abgeordnete XY heute megaviel um die Ohren? „Dann stell ich lieber keinen Anruf durch, sondern gebe nur Bescheid, wer angerufen hat“, sagt Posluschny. Nach all den Jahren hat er ein untrügliches Gespür für den passenden Moment und den richtigen Ton entwickelt.
Die Zeit nach Landtagswahlen ist für Posluschny immer die arbeitsreichste – es gibt so viel zu organisieren, neue Leute, neue Dienstpläne, neue Abläufe – und viele nicht öffentliche Sitzungen, die Posluschny und seine Leute bewachen. Zum Beispiel die zurückliegenden Koalitionsverhandlungen. Natürlich hört man da viel Interessantes. Über die Jahrzehnte ist einiges zusammengekommen. Aber das würde Posluschny natürlich nie ausplaudern.
Volker Springwald: Das Urgestein des Stenografischen Dienstes
Der Schnellschreiber
Ein simpler Stabilostift ist das Werkzeug für eine der anspruchsvollsten Tätigkeiten im Landtag. Damit hält Volker Springwald fest, was in den Plenar- und in den Ausschusssitzungen des Landtags gesprochen wird. Und zwar in kaum vorstellbarer Geschwindigkeit. 450 Silben in der Minute schafft der amtierende Bayerische Vizemeister im Steno in der Spitze. Das ist schneller, als die meisten sprechen.
Der Stenografische Dienst, für den der 53-Jährige als einer von elf angestellten Stenograf*innen arbeitet, wirkt wie ein Anachronismus in Zeiten von Computern und künstlicher Intelligenz. Aber es gibt immer noch keine effizientere und schnellere Möglichkeit als die Schnellschrift, das in den Sitzungen Gesprochene in Protokolle umzuwandeln. Mit Maschinenschreiben erreiche man nicht die Geschwindigkeit, erklärt Springwald. Tonaufnahmen abzutippen, koste zu viel Zeit. „Und dass KI die Protokolle schreibt, das erlebe ich auch nicht mehr“, prognostiziert der gebürtige Augsburger, der als Praktikant startete und seit 1997 fest dabei ist.
Ausschussdebatten werden zusammengefasst. Dabei ist auch viel Redaktionsarbeit nötig. Die Plenarsitzungen aber werden in Wortprotokollen erfasst, mit jedem Zwischenruf. Dabei haben die Abgeordneten die Möglichkeit, Aussagen zu glätten – doch mit Grenzen: „Wenn der Abgeordnete ,weiß‘ sagt und hinterher soll es ,schwarz‘ sein, das geht nicht.“ Zwei Stunden nach Sitzungsende muss das Protokoll fertig sein. Springwald schafft es oft in einer Stunde.
Zu schaffen macht ihm der Trend zum Schnellsprechen im Plenum – dass Abgeordnete also versuchen, mehr Text in ihrer begrenzten Redezeit unterzukriegen. „Der Ministerpräsident ist gut dabei“, sagt Springwald grinsend. „Und Katharina Schulze auch.“
Anja Sieber | Leiterin des Besucherdiensts
Die Botschafterin
Wer eine Führung durch den Landtag bekommt, hat gute Chancen, auf Anja Sieber zu treffen. Die 55-Jährige ist Leiterin des Referats für Besucher und politische Bildung und auch selbst oft im Einsatz.
Jedes Jahr besuchen zwischen 50 000 und 60 000 Menschen den Landtag. Mehr als die Hälfte davon wird von den jeweiligen Abgeordneten eingeladen, die dazu zweimal im Jahr das Recht haben. Dazu kommen rund 10 000 Schüler*innen und – in sitzungsfreien Wochen – etliche Gruppen von Feuerwehren, Vereinen oder Volkshochschulgruppen. Die Nachfrage ist so groß, dass in diesem Jahr schon alles ausgebucht ist.
Zu jedem Besuch gehören eine Führung durch die historischen Räume, ein Infofilm, eine Verköstigung in der Landtagsgaststätte und eine Diskussionsrunde. Bei den direkt von den Abgeordneten eingeladenen Gruppen findet die Diskussion ohne Beteiligung des Landtagsamts statt. Bei allen anderen organisiert und moderiert das Amt eine Runde mit Abgeordneten aller Fraktionen, möglichst aus dem jeweiligen Stimmkreis. „Da fragen die Schüler schon mal ganz erstaunt: Und die sind tatsächlich nur wegen uns da?“, erzählt Sieber.
Zum Referat gehören sechs Festangestellte sowie vier Lehrkräfte, die für einen Tag pro Woche als Unterstützung abgestellt wurden. Das helfe enorm gerade bei den Kindergruppen, sagt Sieber, die ursprünglich Gymnasiallehrerin war und 2014 ins Landtagsamt wechselte.
Die Arbeit macht ihr viel Spaß. Allerdings, sagt Sieber, gebe es wegen der gewachsenen Zahl von Abgeordneten und entsprechend mehr Gruppen immer mehr zu tun. Ob bestimmte Fraktionen mehr Arbeit bereiten? Sieber betont: „Wir sind politisch neutral. Wir arbeiten allen Fraktionen gleich zu.“
Markus Nadler: Chef der Bibliothek und des Landtagsarchivs
Der Herr der Bücher
Zu Beginn seines Studiums ahnte Markus Nadler (52) noch nicht, dass er schon in vergleichsweise jungen Jahren die Leitung der Bibliothek und des Archivs im Landtag übernehmen würde. Doch seine Ausbildung passte wie zugeschnitten auf das Profil der Stelle: Studium in bayerischer Landesgeschichte und Germanistik, dazu angewandte Informatik und obendrauf eine Ausbildung zum Bibliothekar. Als dann 2005 der Posten wegen der Ruhestandsversetzung des Amtsinhabers neu ausgeschrieben wurde, bekam Nadler den Job. Offenbar hatte er bei einem zweiwöchigen Praktikum im Hohen Haus während seiner Zeit als Mitarbeiter der Münchner Uni-Bibliothek einen guten Eindruck hinterlassen.
Nun ist Nadler mit seinen 14 Beschäftigten Herr über rund 60 000 Bücher, 300 Zeitschriften, 200 Tageszeitungen sowie elektronische Datenbanken und E-Books. Sein Reich befindet sich im ersten Untergeschoss des Maximilianeums. Vor allem Literatur über Politik und Politikwissenschaften sowie juristische Fachbücher füllen die Bestände. Dazu kommen im weitesten Sinne Bavarica sowie Biografien über und auch Werke von Politiker*innen, erläutert Nadler. Genutzt wird die Bibliothek vorwiegend von Abgeordneten sowie Beschäftigten der Fraktionen und der Landtagsverwaltung. Spezielle Wünsche – zum Beispiel zur Vorbereitung von Auslandsreisen der Ausschüsse – versuche man durch Ankäufe oder Fernleihen zu erfüllen, sagt Nadler.
Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehört auch das Landtagsarchiv. Die Hunderte Meter langen Regalwände werden aber weniger, denn Drucksachen und Plenarprotokolle sind inzwischen zurück bis 1946 digitalisiert, die elektronische Erfassung aller Ausschussprotokolle könnte im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Mit der Einführung der E-Akte im Landtag stellen sich Nadler und seinen Leuten neue Archivierungsaufgaben. Immer wichtiger wird laut Nadler die Abteilung „Dokumentation“. Dort werden Dokumente digital verknüpft und mit Schlagwörtern für die schnelle Suche ganzer thematischer Vorgänge versehen. Das Angebot dient vor allem Abgeordneten zur Fachrecherche und zur Vorbereitung auf Sitzungen. Nadlers Referat ist also ein im Hintergrund arbeitender Dienstleister des Parlamentsbetriebs. (David Lohmann, Thorsten Stark, Waltraud Taschner, Jürgen Umlauft)
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