Landtag

Die Grüne Eva Lettenbauer ist mit ihren 26 Jahren derzeit die jüngste weibliche Abgeordnete im Landtag. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

04.03.2019

Jung kämpft, Alt bremst

Im Bayerischen Landtag dominieren Männer. Nicht einmal 30 Prozent der Abgeordneten sind weiblich. Doch was tun? Die jüngste und die dienstälteste Abgeordnete trennt bei der Frage weit mehr als die 31 Jahre Altersunterschied

Eine Plenarsitzung im Landtag Anfang Februar. Am Rednerpult steht eine junge Frau. Sie kämpft leidenschaftlich gegen die männliche Dominanz im Parlament. Ihre Forderung: eine fixe Frauenquote für die Politik im Freistaat. Rednerin ist die Grünen-Politikerin Eva Lettenbauer. Mit 26 Jahren ist sie derzeit die jüngste Abgeordnete im Landtag. Es ist ihre erste Legislaturperiode. Ihren Sitz im Parlament hat sie - trotz hohen Listenplatzes - dem historischen Wahlerfolg der Grünen bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr zu verdanken.

Schaut man sich die Volksvertreter in Bayern genauer an, ist Lettenbauer in doppelter Hinsicht etwas Besonderes: Sie ist jung und eine Frau. Vor allem letzteres verwundert, scheinen Frauen in der Politik doch längst selbstverständlich zu sein. Doch tatsächlich ist der 2018 gewählte Landtag so männlich wie zu letzt vor 16 Jahren. Von den 205 Abgeordneten sind nur 55 Frauen - rund 26,8 Prozent.
Eine Situation, mit der sich Lettenbauer nicht abfinden will: "Über die Hälfte der bayerischen Bevölkerung ist weiblich. Das darf die Politik nicht ignorieren." Momentan entscheiden Männer über die Köpfe der Frauen hinweg, beklagt sie. Weiter: "Das ist alles andere als demokratisch."

Damit sich etwas verändert, kämpft Lettenbauer für eine fixe Frauenquote von 50 Prozent im Landtag und in der Staatsregierung: "Seit Jahren wird die Situation eher schlechter als besser. Das zeigt doch, dass die Parteien von sich aus nichts gegen die Ungleichheit unternehmen." Die Männerdominanz ist für sie ein strukturelles Problem. "In vielen Parteien bekommen Frauen keine Chance." Um diese "verkrusteten Strukturen" aufzubrechen, komme man ihrer Meinung nach um eine Quote nicht mehr herum.

Das Thema Frauenquote ist im Landtag derzeit oft auf der Tagesordnung. Mal im Plenum, mal in den Ausschüssen, wie letzte Woche im Verfassungsausschuss. Dort haben die Abgeordneten den Forderungen von SPD und Grünen - wie bereits vor einigen Wochen im Plenum - eine deutliche Absage erteilt. Allen voran die CSU-Politikerin Petra Guttenberger. Die Juristin ist 57 Jahre alt und die dienstälteste Frau im Landtag. Seit 1998 sitzt sie im Parlament, seit 1994 ist sie Stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen-Union.

CSU glaubt, eine Quote werde das Problem nicht lösen

Den Vorstoß ihrer jungen Kollegin lehnt sie entschieden ab. Eine Quote habe in einer Demokratie nichts zu suchen: "Wir leben ja nicht in einer Ständegesellschaft." Guttenberger ist sich außerdem sicher, dass die Quote das Problem nicht lösen würde. Gleichwohl überlegt auch die CSU derzeit, wie sie weiblicher wird und die Männerdominanz bei wichtigen Posten, Mandaten und Stimmkreisen eindämmen kann. Die männliche Dominanz hat laut Guttenberger aber nichts mit patriarchalen Strukturen innerhalb der Parteien zu tun, vielmehr würden sich einfach viel zu wenige Frauen für ein politisches Amt interessieren.

"Das politische Geschäft schreckt viele Frauen ab." Wolle man mehr Frauen in politische Ämter bringen, müsse man ihnen Anreize bieten, glaubt Guttenberger. Diskriminierung? Das gebe es in der Politik selten. Nur einmal habe ein CSU-Kollege versucht, gegen sie als Frau zu intrigieren - ohne Erfolg. "Den habe ich mir geschnappt und gesagt: So nicht mit mir", erinnert sich die 57-Jährige lachend.

Die männliche Dominanz in ihrer eigenen Fraktion lässt sich aber nicht schön reden: Nur 18 der 85 CSU-Abgeordneten sind weiblich. "Das ist nicht ganz optimal gelaufen", gesteht Guttenberger. Grund zur Sorge sei das aber nicht: "Innerhalb der CSU wird schon viel getan, um Frauen zu fördern. Das wird die Partei ausbauen."

Grüne: "Es geht um eine echte Ungerechtigkeit"

Eine Hoffnung, die die FDP-Abgeordnete Julika Sandt wohl aufgegeben hat: "Die politische Realität holt mich langsam ein. Vor allem junge Frauen in der Politik haben es zwar leichter wahrgenommen, aber schwerer ernstgenommen zu werden", gibt sie zu. In ihrer Fraktion ist sie die einzige Frau. Eine fixe Quote lehnt sie ab. Im März will Sandt auf dem Parteitag durchsetzen, dass die ersten beiden FDP-Listenplätze in Bayern immer mit einem Mann und einer Frau besetzt sein müssen.

Sozusagen eine "Quote-Light" für die FDP? Lettenbauer kann die Zurückhaltung ihrer Kolleginnen nicht verstehen: "Es geht um eine echte Ungerechtigkeit. Ich würde mir mehr Unterstützung wünschen." Doch auch wenn die Frauenquote im Landtag derzeit keine Mehrheit findet, ist die 26-Jährige optimistisch: "Ich freue mich, dass wir eine Debatte angestoßen haben. Die anderen Parteien können das Problem nicht mehr ignorieren."

Und tatsächlich sind sich die jüngste und die dienstälteste Abgeordnete in diesem Punkt einig: Mehr Frauen müssen her! "Die beste Politik machen immer gemischte Teams", gibt Guttenberger zu. Denn Männer und Frauen "gehen Probleme auf unterschiedliche Art und Weise an. Die Mischung machts'", fügt Lettenbauer hinzu. Fragt sich nur, ob die Männer das genauso sehen.
(Marie Reichenbach, dpa)

Kommentare (1)

  1. voa zua am 26.03.2019
    Ich finde, wir sollten für alles eine 50/50-Quote einführen. Für Frauen und Männer, für Heteros und Schwule, für Rechte und Linke, für ....

    Dann könnten wir uns sogar dieses elendige Wählen sparen, was ja, so die Meinung vieler, eh nix bringt (weil die zuviel mit sich selber beschäftigt sind?).

    Aber Moment mal? Wäre das dann noch Demokratie...?

    Ergo: Eine Quote ist wohl das undemokratischte, was mir gerade so einfällt. Sofern sich nicht mehr Frauen politisch engagieren ist es nur folgerichtig und eben höchst demokratisch, wenn auch nicht mehr in den politischen Gremien vertreten sind. Gleiches gilt für alle anderen Gruppen unserer Gesellschaft unabhängig davon, wie groß diese sind!

    Liebe Politiker! Kümmert euch gefälligst um die richtigen Probleme und nicht darum, ob ihr euch unterrepräsentiert fühlt. Ich wähle den, der sich um meine Probleme kümmert! Dabei ist mir ziemlich "wurscht", ob das eine Frau, ein Homosexueller oder in letzter Konsequenz auch ein Politiker eines (noch demokratischen) Randbereichs ist.
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