Landtag

Schwarze Menschen berichten, dass sie oft ohne konkreten Anlass von der Polizei kontrolliert werden. (Foto: dpa/Frank Rumpenhorst)

23.10.2020

Kritik am Racial Profiling

Ein Vierteljahr nach den Black Lives Matter-Demos: Was hat die Staatsregierung unternommen?

Wie aus Polizeikreisen zu hören ist, wehren sich seit den Black-Lives-Matter-Demos gegen Rassismus bei der Polizei Schwarze Menschen immer häufiger gegen Polizeikontrollen und werfen den Beamten „Racial Profiling“ vor, also dass sie nur wegen ihrer äußerlichen Merkmale überprüft würden. Das ist zwar offiziell verboten, geschieht aber laut Betroffenenverbänden dennoch regelmäßig. Was tut die Staatsregierung, um die Diskriminierung von Menschen afrikanischer Abstammung zu verhindern? Darüber berichteten dem Europaausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion Fachleute aus den Bereichen Polizei, Justiz und Soziales.

Eine Vertreterin des Innenministeriums räumte ein, dass es in Bayern keine Stelle gebe, die sich explizit und ausschließlich um Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen kümmert. Von den 13 Millionen Bürger*innen in Bayern hätten nur 105 000 eine afrikanische Abstammung und davon nicht einmal alle eine dunkle Hautfarbe. Es gebe aber sowohl vom Bund als auch vom Freistaat Antidiskriminierungsangebote, von denen auch sie profitierten. Beispielhaft wurde die Asylberatung genannt, da es häufig auch zu Diskriminierung unter den Geflüchteten komme. Eine zweite Vertreterin räumte ein, dass dies natürlich für einen von Rassismus betroffenen Schwarzen Menschen, der in dritter Generation hier lebt, keine große Hilfe sei. Für sie gebe es aber die „Aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern“. „Das Projekt zielt auf die Verbesserung der Rassismusbekämpfung in den Kommunen ab“, erklärt sie.

Für die Polizei berichtete eine dritte Vertreterin des Innenministeriums, dass alle Bewerber*innen bereits vor der Einstellung einer Sicherheitsprüfung unterzogen würden und eine Erklärung zur Verfassungstreue abgeben müssten. „Wenn wir Zweifel haben, stellen wir sie nicht ein“, betonte sie. Auch in der Ausbildung würden Vorgesetzte ein besonderes Augenmerk auf die Besonderheiten ethnischer Gruppen legen. Zudem würden die Themen auch im Unterricht und bei Projekttagen behandelt.

Im Kultusministerium gibt es ebenfalls keine Stelle, die allein für das Thema zuständig ist. Rassismus würde aber in den Lehrplänen angesprochen, die für alle Schulen und Fächer verbindlich sind, unterstrich ein Ministeriumsvertreter. So lernten die Jugendlichen zum Beispiel in Geografie Afrika als Lebens- und Wirtschaftsraum kennen oder würden sich in Englisch mit dem Sklavenhandel auseinandersetzen. Zusätzlich gebe es Projekte wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und regelmäßige Lehrkräftefortbildung zum Thema Rechtsextremismus.

Reichsbürger oder Sektenanhänger schicken ihre Kinder nicht zu Aktionstagen und Projekten für Toleranz

Das Sozialministerium ist vor allem für die Prävention da. Zum einen durch Beratung, zum anderen durch Projekte. Zentraler Akteur sei die Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus beim Bayerischen Jugendring, betonte die Ministeriumsvertreterin. Weitere Beratungsangebote für Opfer gebe es bei Ufuq.de, einem Träger der freien Jugendhilfe, und der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Für den Justizbereich berichtete eine Ministeriumsvertreterin, dass Menschen mit afrikanischer Abstammung besonders von Hass und Hetze im Netz betroffen sind. Das Ministerium lege ein besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Hatespeech, „da sich daraus schnell reale Gewalt entwickeln kann“. Daher seien dieses Jahr an allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hass im Netz eingerichtet worden, die von Bayerns Hatespeech-Beauftragtem Klaus-Dieter Hartleb koordiniert werden. Erste Auswertungen zeigten, dass besonders viele Verfahren wegen rassistischer Aussagen geführt wurden. Die gute Nachricht: Bei 90 Prozent der Hass-Postings konnte laut der Vertreterin der Verfasser identifiziert werden.

In der anschließenden Aussprache forderte Markus Rinderspacher (SPD), die Hilfen für Schwarze Menschen wie bei anderen Minderheiten wie zum Beispiel den Sinti und Roma zu bündeln. Außerdem müsse die Diskriminierung von Menschen afrikanischer Abstammung bei Polizei und Justiz endlich spezifisch erfasst werden – das forderten auch die Vereinten Nationen. Wegen der Zunahme von Racial Profiling verlangte er eine Studie zu diesem Thema.

Florian Siekmann (Grüne) verlangte angesichts der zunehmenden rechtsextremen Chatgruppen, Polizeibeamte nicht nur bei der Einstellung, sondern auch bei der täglichen Arbeit regelmäßig auf ihre Gesinnung zu überprüfen. Dazu brauche es eine Rassismusstudie und einen unabhängigen Polizeibeauftragten. Zusätzlich müsste es eine Anlaufstelle für Bürger*innen und Beamte geben, die bei Fragen den richtigen Ansprechpartner vermittelt.

Gabi Schmidt (Freie Wähler) forderte, das Augenmerk stärker auf die Kinder zu richten. Aktionstage und Projekte seien ja schön und gut. Es gebe aber im Bereich Reichsbürger oder Sektenanhänger Eltern, wo Kinder just zu dieser Zeit nicht in den Kindergarten oder in die Schule kommen. Schmidt klagt: „Dadurch wird Kindern das Recht auf Wissen und eine tolerante Erziehung genommen.“
(David Lohmann)

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