Landtag

Martin Schöffel (CSU). (Foto: Jahreiß)

14.02.2019

Kundiger Hobby-Bauer

Im Porträt: Martin Schöffel (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses

Der CSU-Mitgliedsantrag wurde Martin Schöffel nicht direkt in die Wiege gelegt. „Meine Mutter war eher in grünen Kreisen unterwegs“, erzählt der stellvertretende Vorsitzende des Agrarausschusses. Es war damals die Zeit des Waldsterbens. An den Flanken des Fichtelgebirges, der Heimat des heute 41-Jährigen aus der Kreisstadt Wunsiedel, standen großflächig kahle Fichten. Die ganze Region am Eisernen Vorhang im Nordosten Bayerns litt bei Ostwind unter „Katzendreck-Gestank“ – ungefilterten schwefelhaltigen Abgasen aus den Braunkohlekraftwerken der Tschechoslowakei.

Als Schöffel 20 Jahre später begann, sich für Politik zu interessieren, waren die Herausforderungen andere. Die Grenzen nach Osten waren seit 1989 offen, die Luft sauberer, Bäume und Menschen wieder gesünder. Dafür drohte die Region auszubluten. Wegen der neuen Billigkonkurrenz aus Osteuropa implodierte nicht nur die im östlichen Oberfranken beheimatete Porzellanindustrie. Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit machten sich breit, die Folge war ein Exodus gerade junger Menschen. Der Landkreis Wunsiedel verlor zeitweise mehr als 1000 Einwohner pro Jahr, ganze Städte und Ortschaften verödeten.

Für Schöffel war das die Initialzündung. „Ich wollte in der Heimat bleiben und dazu beitragen, dass es wieder aufwärts geht.“ Für die CSU habe er sich entschieden, weil die Partei den Blick auf die Mitte der Gesellschaft und ihre Leistungsträger richte – also auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf Handwerker und Ehrenamtliche. So trat Schöffel der Jungen Union bei, wurde deren Kreischef und kandidierte als 25-Jähriger auf der Wunsiedler CSU-Stadtratsliste. „Ich hatte das beste Stimmenergebnis aller Kandidaten“, berichtet Schöffel stolz. Dass er ein Spross der örtlichen Brauerei-Familie gewesen sei, habe sicher nicht geschadet.

Er ist selbst kein Bauer, kennt sich aber gut aus

Schon sechs Jahre später zog Schöffel als CSU-Direktkandidat für den damaligen Stimmkreis Wunsiedel in den Landtag ein. Seit 2013 vertritt er den fusionierten Stimmkreis Wunsiedel-Kulmbach, der vor Ort wegen seines charakteristischen Umrisses „Hundeknochen“ heißt. Es war kein Zusammenschluss aus Liebe, sondern den schwindenden Einwohnerzahlen geschuldet. Schöffels Stimmkreis ist jetzt einer der größten in Bayern. Von Mainleus im Westen bis Schirnding im Osten sind es 80 Kilometer, alles auf Landstraßen quer durchs Fichtelgebirge. 44 Einzelgemeinden hat er zu betreuen.

Um Präsenz zu zeigen, ist Schöffel jährlich 40 000 Kilometer mit dem Auto im Stimmkreis unterwegs. Das zehrt, die Zeit für die Familie mit den beiden Kindern ist knapp. Die wenige Freizeit verbringt Schöffel am liebsten in der Natur. „Mit Leidenschaft“ bewirtschaftet er ein kleines Waldstück. „In den Faschingsferien muss ich die letzten Borkenkäferbäume beseitigen.“ Daneben gehören ihm ein paar Fischweiher, die früher im Winter das Eis für Kühlung des Biers in der Familien-Brauerei lieferten.

Schleien und Karpfen zieht Schöffel in den Teichen groß, für Forellen reicht die Zeit nicht mehr.
Schon gar nicht, seit Schöffel nach der Landtagswahl zum Vorsitzenden des CSU-Arbeitskreises Agrarpolitik aufgestiegen ist. „Das war immer mein Ziel“, bekennt er. 2013 beim ersten Versuch scheiterte er noch. Zum einen war damals das Netzwerk zu schwach, das ihn in die Position bringen sollte, zum anderen wurde er Opfer des fraktionsinternen Regionalproporzes.

Und eine Rolle hat damals wohl auch gespielt, dass ihm der sprichwörtliche Stallgeruch fehlte. Schöffel ist kein gelernter Landwirt, vom Bauernhof seiner Vorfahren ist nicht mehr viel übrig. Nach der Brauer- und Mälzerlehre in der heimischen Hönicka-Brauerei studierte Schöffel in Weihenstephan Wirtschaftsingenieurwesen, immerhin mit dem Schwerpunkt Land- und Ernährungswirtschaft. Mit dem Diplom in der Tasche stieg er als Betriebsleiter in die Familien-Brauerei ein, danach war er in leitender Funktion in der Malzabteilung eines in der Back- und Braubranche engagierten Familienbetriebs in Kulmbach tätig.

Trotzdem ist er in der Agrarpolitik firm. Man muss Schöffel nur kurz antippen, schon hält er aus dem Stegreif eine kleine Regierungserklärung. Tenor: Der „bayerische Weg“ mit dem Erhalt bäuerlicher Familienbetriebe muss fortgesetzt werden, die Landwirte seien von immer strengeren Auflagen und Regelungen zu befreien und als Partner beim Umwelt- und Naturschutz zu betrachten. Besonders ärgert ihn, wenn ahnungslose Großstädter erklären, wie Bauern ihre Höfe führen, ihre Felder bestellen und ihre Tiere halten sollten. „Da bewerten Leute die Landwirtschaft aus der Sicht ihrer Kindheit, des Werbefernsehens, von Bilderbüchern oder von Horror-Videos, die mit der Wirklichkeit der bäuerlichen Landwirtschaft in Bayern definitiv nichts zu tun haben“, echauffiert sich Schöffel.

Dabei ist er sonst ein eher zurückhaltender und stiller Zeitgenosse, der lieber zweimal überlegt, bevor er öffentlich Position bezieht. Den Ärger über sein Scheitern 2013 hat er hinter einem freundlichen Lächeln versteckt. Klaglos hatte er sich wieder eingereiht in die Fraktion und einen vakanten Sitz im Rechtsausschuss übernommen. Schöffel ist in jeder Hinsicht loyal. Als vor einem Jahr in der CSU-Fraktion über die Beförderung der fachfremden Michaela Kaniber zur Agrarministerin gegrummelt wurde, war von Schöffel öffentlich nichts zu vernehmen, und über den Nachfolge-Streit zwischen Horst Seehofer und Markus Söder sind von ihm keine Partei ergreifenden Zitate aktenkundig.

Nur an einem lässt Schöffel keinen Zweifel: Dass das Bier aus dem Fichtelgebirge besser schmeckt als das Münchner. In Oberfranken mit der weltweit höchsten Brauereidichte gebe es eben noch rein handwerklich, nach alten Rezepturen gebrautes Bier. Regelrecht ins Schwärmen kommt Schöffel, wenn er vom „Wonnesud“ erzählt, einer Dunkelbier-Spezialität der heimischen Hönicka-Brauerei. Auch wenn das in München nicht erhältlich ist. Hier hat Schöffel schon vor Jahren einen Fichtelgebirgs-Stammtisch gegründet. Um die 20 Leute kommen da jedes Mal zusammen, um sich über gemeinsame Bekannte, die Heimat und Gott und die Welt auszutauschen. Bodenständig und unaufgeregt geht es zu, manchmal auch ernsthaft und ideenreich. Für Martin Schöffel ein Stück Heimat in der Ferne.
(Jürgen Umlauft)

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