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Nicht alle Bodendenkmäler sind wie die Limes-Mauer im mittelfränkischen Weißenburg auf den ersten Blick zu erkennen. (Foto: dpa)

06.03.2015

Lebendige Ortskerne statt begehbarer Museen

Kulturausschuss: Die Staatsregierung stellt das neue Denkmalschutzkonzept vor – und erntet Kritik aus der CSU-Fraktion

„Bewahren, erklären, unterstützen“ – so lautet der Dreiklang von Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) für sein neues Konzept „Denkmalschutz und Denkmalpflege in Bayern 2020“. Doch ein solches Programm kostet Geld. Die CSU-Fraktion im Kulturausschuss fordert daher, endlich den Entschädigungsfonds besser auszustatten.
Für Archäologen ist es ein Grund zum Jubeln, für Landwirte eine Hiobsbotschaft: In bisher 48 000 Äckern im Freistaat haben sich Bodendenkmäler versteckt. Dies sind beispielsweise Überreste früherer Siedlungen, Verkehrswege oder Grenzbefestigungen. In 48 Prozent der Verdachtsfelder wurden Denkmalschützer fündig. Für den Bauern bedeutet das, dass sein Grundstück ist nicht mehr für den ursprünglichen Zweck verwertbar ist. Im besten Fall erhärtet sich der Verdacht nicht – doch selbst dann hat ihn die Untersuchung Geld gekostet. Um den vorprogrammierten Ärger zukünftig zu verhindern, stellte Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) im Kunstausschuss das neue Konzept der Staatsregierung „Denkmalschutz und Denkmalpflege in Bayern 2020“ vor.

Das Programm sieht vor, Historisches zu bewahren und die Gründe dafür den Bürgern besser zu erklären. „Wir haben heute einen erweiterten Begründungszwang, um die gesellschaftliche Akzeptanz weiterhin auf hohem Niveau zu halten“, erklärt Spaenle. Nahezu jeder Privatmensch erwerbe einmal im Leben Wohneigentum. Wenn darunter ein Bodendenkmal gefunden werde, sei man auf die Unterstützung der Denkmalpflege angewiesen. „Unser Dreiklang lauter daher: bewahren, erklären, unterstützen“, verdeutlichte der Minister den neuen Dienstleistungscharakter.

Ein weiterer Punkt des Konzepts ist die Digitalisierung. „Das bayerische Landesamt für Denkmalpflege steht dabei an der Spitze in Deutschland“, lobte Spaenle seine Mitarbeiter. Dadurch könnten Einzelplaner, Unternehmen und Behörden wesentlich besser bei Entwicklungsplänen unterstützt werden. Zukünftig soll der Generalkonservator Mathias Pfeil auch auf Kommunen zugehen und zum Beispiel mit Hilfe von Luftbildtechnologie aktiv vor Ort mitwirken.

Darüber hinaus will Spaenle finanzielle Möglichkeiten schaffen, Bürger nach dem Fund eines Bodendenkmals finanziell besser zu unterstützen. „Jetzt rückt vor allem der Nachkriegsbestand aus den 60er-Jahren in den Fokus“, erläuterte der Minister. Auch der demographische Wandel müsse verstärkt berücksichtigt werden. „Dazu gehört zum Beispiel die Frage, wie denkmalgeschützte Gebäude in Ortskernen seniorengerecht umgestaltet werden können.“

Um den Denkmalschutz den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen, plant Generalkonservator Pfeil, mehr auf die Menschen zuzugehen. Dafür gebe es im schwäbischen Thierhaupten ein Qualifizierungszentrum für Schüler, Architekten und Ingenieure. Des Weiteren sollen von den Facharchiven eine regionale Bildbandreihe herausgegeben, regional schwache Regionen finanziell besser unterstützt und zusammen mit der Technischen Universität München Modellprojekte entwickelt werden. „Nicht zuletzt versuchen zwei unserer Angestellten ehrenamtliche Archäologen mit Fachvorträgen zu begeistern“, betonte Pfeil.

Ausschusschef Piazolo: „Mir fehlt das Konkrete“

Ausschusschef Michael Piazolo (Freie Wähler) lobte zwar die Sensibilisierung beim Thema Denkmalschutz. „Mir fehlt aber das Konkrete“, klagte er. Der Abgeordnete sieht Defizite bei den Finanzen, vor allem, um den Erhalt der vielen Schlösser zu sichern. Außerdem solle Denkmalpflege auch in Schulen stärker thematisiert werden. Peter Bauer von den FW sieht insbesondere das Spannungsfeld Denkmalschutz, Brandschutz und behindertengerechtes Wohnen zu wenig beleuchtet. „Ortskerne sollen schließlich kein begehbares Museum werden“, so Bauer.

Georg Rosenthal (SPD) begrüßte ebenfalls das „verdienstvolle Konzept“ des Kunstministeriums. Vieles scheitere aber an der finanziellen Unterstützung. „Im nächsten Staatshaushalt brauchen wir daher mindestens einen Inflationsausgleich und einen Schluck mehr“, unterstrich er.

Die Grünen mahnten, die Angebote für Kommunen mehr ins Land hinauszutragen. „Die Ortskerne bluten immer mehr aus“, warnte Rosi Steinberger. Darüber hinaus sei eine Qualifizierungsschule für Gesamtbayern zu wenig.

Selbst die CSU-Fraktion ist mit dem Konzept der Staatsregierung nicht hundertprozentig zufrieden. Vor allem Landwirte mit historischen Anwesen stünden mit ihren Maschinen, Biogasanlagen und Solardächern vor großen Problemen. „Auch die Sanierung alter Holztore ist heute kaum noch bezahlbar“, gibt Robert Brannekämper zu denken. „Warum bekommt es die Staatsregierung nicht hin, den Entschädigungsfonds besser auszustatten?“, schimpfte Spaenles Vor-Vorgänger Thomas Goppel. Es brauche neue Methoden, sonst komme man nicht weiter. Er riet: „Redet das doch mal miteinander aus im kommunalen Finanzausgleich.“ (David Lohmann) Den bayerischen Denkmalatlas finden Sie unter: www.blfd.bayern.de

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