Obwohl in Bayern immer mehr Kinder geboren werden, wird der Beruf der Beleghebamme zunehmend unrentabler. Die Freien Wähler forderten daher im Gesundheitsausschuss, die Staatsregierung solle sich bei den aktuellen Gehaltsverhandlungen auf die Seite der Hebammen stellen. Die CSU hält mit einem eigenen Antrag dagegen.
In Bayern wurden 2015 rund 118 000 Kinder geboren – so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. In 20 Prozent der Fälle unterstützt eine von zirka 1800 Beleghebammen, also freiberufliche Hebammen, die in einem Krankenhaus arbeiten, in Deutschland die Mütter bei der Geburt. Das Problem: Immer mehr Beleghebammen kündigen. „Die Tätigkeit wird durch eine geringe Grundvergütung, eine hohe Einsatzbereitschaft und stark angestiegene Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung zunehmend unwirtschaftlich“, erklärt Karl Vetter (Freie Wähler) im Gesundheitsausschuss. Die auf Bundesebene beschlossenen Maßnahmen im Rahmen des Soforthilfepakets wie der Sicherstellungszuschlag und die Regressbegrenzung seien nicht ausreichend. Damit sollen die Hebammen bei der Haftpflichtprämie beziehungsweise bei der Schuldfrage bei Geburtskomplikationen unterstützt werden.
Die Freien Wähler forderten die Staatsregierung aus diesem Grund mit einem Antrag dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Beleghebammen bei den laufenden Honorarverhandlungen mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht schlechter gestellt werden als bisher. Für die Zukunft wünscht sich Vetter, der kürzlich selbst Großvater geworden ist, dass im Freistaat eine Eins-zu-Eins-Betreuung möglich ist, dass während einer andauernden Geburtsbetreuung andere Leistungen wie kurze Beratungsgespräche abgerechnet werden können und dass sich auch freiberufliche Beleghebammen im Krankenhaus – beispielsweise bei einer komplizierten Geburt – nach zehn Stunden und mehr ohne Leistungskürzungen vertreten lassen können.
Die CSU fragt sich, ob ein GKV-Vertreter jemals in einem Kreißsaal war
Die CSU-Fraktion lehnte den Antrag der Freien Wähler jedoch mit ihrer Mehrheit ab. „Die Wünsche sind zwar wünschenswert“, erläuterte Ute Eiling-Hütig (CSU). Sie frage sich sogar manchmal, ob ein Vertreter der GKV jemals in einem Kreißsaal gewesen sei. „Es ist aber die GKV, die sich überlegen muss, ob eine andere Berechnung möglich wäre“, betonte Eiling-Hütig. Darauf könne weder der Ausschuss, noch der Landtag, noch das Gesundheitsministerium Einfluss nehmen. Die CSU-Fraktion hatte aber einen eigenen Antrag eingebracht. Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, „sich weiterhin bestmöglich für die Belange der Hebammen in Bayern einzusetzen“. Außerdem appelliert die CSU an den GKV-Spitzenverband, schnell eine Einigung „im Sinne einer bestmöglichen Hebammenversorgung in Bayern“ zu finden.
Die Ausschussvorsitzende Kathrin Sonnenholzner (SPD) zeigte sich erstaunt über den CSU-Antrag. „Dieser wird nichts bewirken, was nicht schon von der Staatsregierung angegangen wurde“, war sie überzeugt. Dennoch sei er nicht so geschrieben, dass ihre Fraktion ihn ablehnen müsse – ganz im Gegensatz zum Antrag der Freien Wähler. „An den Vergütungsverhandlungen will auch die SPD nicht rütteln“, sagte sie. Laut Sonnenholzner hatten Hebammen in den letzten Jahren große Zuwachsraten, und auch die Krankenkassen hätten das Problem längst im Fokus. Bevor ihre Fraktion aktiv werde, wolle sie erst das im März in Auftrag gegebene Gutachten abwarten. Dieses soll über die Situation der Hebammen in Bayern Auskunft geben – beispielsweise, ob es regionale Verwerfungen gibt, wie Hebammen arbeiten wollen und welche Bedeutung sie für angehende Mütter haben.
Die Grünen stimmten dem CSU-Antrag ebenfalls zu – „obwohl er nichts bringen wird“, wie es Kerstin Celina (Grüne) formulierte. Sie kritisierte, dass die CSU den Antrag nur eingebracht habe, um dem der Freien Wähler nicht zustimmen zu müssen. Die Grünen votierten ebenso für diesen Antrag. Celina fehlten dabei zwar speziell bayerische Maßnahmen. „Es gibt ein regionales Ungleichgewicht innerhalb Bayerns“, unterstrich sie. Dennoch gehe der Antrag bei der Eins-zu-Eins-Betreuung, bei den Leistungen während einer Geburtsbetreuung und bei einer höheren Vergütung in die richtige Richtung. Laut Celina ist es für die Staatsregierung innerhalb der laufenden Verhandlungen nicht zu viel verlangt, zum Beispiel mit einem Schreiben eine Position zu äußern.
Obwohl der Antrag der Freien Wähler im Gegensatz zu dem der CSU keine Mehrheit fand, war deren Abgeordneter Vetter dennoch zufrieden. „Wir haben in den letzten Wochen Bewegung in die Sache gebracht“, war er überzeugt. Tatsächlich traf sich diese Woche Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) mit Vertretern der Hebammen und der GKV bezüglich der Schlichtungsverhandlungen. „Sie hat unseren Antrag also zum Teil schon umgesetzt“, fand Vetter. Damit hätten die Freien Wähler das erreicht, was sie als Opposition erreichen wollten. (David Lohmann)
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