Landtag

In Untersuchungsausschüssen geht es gerne und oft hoch her. Dass es jedoch einen Antrag auf die Durchsuchung einer Parteizentrale gibt, dürfte zumindest in Bayern ein absolutes Novum sein. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

04.04.2023

Opposition fordert Razzia in CSU-Zentrale

Suche nach Spendenbelegen

Bei der Aufarbeitung im Untersuchungsausschuss des Landtags zum Nürnberger Zukunftsmuseum rücken die Geldspenden des Vermieters der Immobilie, Gerd Schmelzer, an die CSU in den Fokus. SPD, Grüne und FDP beantragten am Montagabend die Durchsuchung der CSU-Parteizentrale in München. Die drei Fraktionen vermuten dort Unterlagen zu bisher unbekannten Zuwendungen des Nürnberger Unternehmers. Die Opposition verlangt nun vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht München die Beschlagnahmung. Die CSU reagierte empört.

Der Untersuchungsausschuss untersucht seit Ende vergangenen Jahres die Hintergründe zur Anmietung des Gebäudekomplexes in der Nürnberger Innenstadt für die dortige Niederlassung des Deutschen Museums. Die Opposition mutmaßt, dass dort Steuergeld verschwendet und CSU-Vetternwirtschaft betrieben worden sei. Die Staatsregierung wies dies vehement zurück. Auch der Oberste Rechnungshof hatte erklärt, der Mietvertrag sei "vermieterfreundlich" verfasst, die Miete tendenziell zu teuer. Pro Jahr zahlt der Freistaat Bayern für das Museum 6,4 Millionen Euro für Miete sowie Personal- und Sachkosten. Der Mietvertrag ist zunächst auf 25 Jahre angelegt.

"Es ist ungeheuerlich, dass die CSU die Spendenunterlagen nicht herausgeben will. Wir müssen wissen, ob Parteispenden an die CSU dafür verantwortlich sind, dass ein völlig überteuerter, vermieterfreundlicher Vertrag zulasten der Steuerzahler geschlossen wurde", sagte Volkmar Halbleib, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der dpa in München. Die CSU behindere die Aufklärung, wo es nur gehe, um Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder vor dem Untersuchungsrecht des Landtags zu schützen. "Es hilft nichts: Wir müssen alle rechtsstaatlichen Mittel nutzen, um die CSU zur umfassenden Offenlegung der Spenden zu zwingen."

Durchsuchungsantrag sei alternativlos

Auch für Verena Osgyan, wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen ist der Durchsuchungsantrag alternativlos: "Dreist und frech - das ist das Gebaren der CSU im Untersuchungsausschuss bisher." Es sei eine "perfide Missachtung" des Parlaments, wenn die CSU auf den Antrag zur Übermittlung von Parteispenden nur den bereits veröffentlichten und für jeden einsehbaren Rechenschaftsbericht zu den Parteispenden vorlege. "Wir wollen wissen, welche Spenden geflossen sind, auch unter 10.000 Euro - und zwar lückenlos." Nur so lasse sich der Verdacht ausräumen, dass hinter der Anmietung des Gebäudes für das Zukunftsmuseum eine "Belohnung" für einen "guten Deal" stehe.

"Die Schmerzgrenze ist erreicht. Wenn Söders CSU meint, sie müsse so massiv die Aufklärung torpedieren, dann bleibt uns nur noch eine Wahl", sagte Sebastian Körber, baupolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Wer den Ausschuss blockiere, müsse mit den Konsequenzen leben. Die CSU habe zuvor alle Möglichkeiten gehabt, sich an der Aufklärung zu beteiligen. "Und sogar Gerd Schmelzer hat öffentlich weitere Spenden an die CSU eingeräumt. Wieso sollten wir dann nicht erfahren, wie viel er gespendet und wann er gespendet hat."

CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Opposition eine "üble Schlammschlacht" vor: "Der Untersuchungsausschuss ist ein einziger Flop und kostet bislang nur massiv Steuergeld. Konstruierte Verschwörungstheorien sind jetzt der letzte verzweifelte Versuch der Opposition, das Parlamentsrecht für einen plumpen Wahlkampf zu missbrauchen." Das Vorgehen der Opposition entbehre jeder rechtlichen und fachlichen Grundlage. Die CSU halte sich an Recht und Gesetz.

CSU sei voll kooperativ

"Alle veröffentlichungspflichtigen Spenden werden wie es das Parteiengesetz fordert im Rechenschaftsbericht veröffentlicht", betonte Huber. Die CSU sei "voll kooperativ gegenüber dem Untersuchungsausschuss". Alles was rechtlich zulässig sei, sei dem Untersuchungsausschuss umgehend gemeldet und zur Verfügung gestellt worden. "Kleinspenden dürfen dagegen aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden."

Dass Schmelzer gerne und großzügig an die CSU gespendet hat, ist kein Geheimnis. In den Unterlagen des Bundestags zu meldepflichtigen Spenden ab 10.000 Euro finden sich etwa für 2013 10.500 Euro, die die GIP Grundig Immobilienpark GmbH überwiesen hat, 2018 waren es gar 45.500 Euro und 2019 45.000 Euro. Hinter GIP steht die alpha Gruppe, deren Gründer Schmelzer ist.

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags kann die Herausgabe relevanter Unterlagen verlangen, auch wenn sich diese im Besitz Privater befinden. Dem parlamentarischen Gremium stehen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl das Mittel der Durchsuchung als auch der Beschlagnahme zur Verfügung. Nach Ansicht von FDP, Grünen und SPD besteht im Fall der Spendenzahlungen ein überragendes öffentliches Interesse an der Aufklärung. Im Raum stehe der Verdacht, dass ein Unternehmer sich bei einer staatlichen Beauftragung Vorteile durch Parteispenden verschafft haben könnte.

Einfach ablehnen geht nicht

Ob es zu der Durchsuchung kommt, wird in der nächsten Sitzung des Ausschusses am 17. April beschlossen. Einfach ablehnen können CSU und Freie Wähler ihn mit ihrer Stimmmehrheit im Ausschuss aber nicht. Laut Satzung müssen Beweisanträge einer qualifizierten Minderheit, 20 Prozent der Ausschussmitglieder, beschlossen werden, außer sie werden inhaltlich für unzulässig erklärt, etwa weil sie nicht durch den Auftrag des Untersuchungsausschusses gedeckt sind.

Dies sei aber laut SPD, Grünen und FDP nicht zu befürchten: "Nach dem eindeutigen Wortlaut des Untersuchungsauftrags sollten alle Parteispenden des Unternehmers Schmelzer und seiner Unternehmen - auch unterhalb der Veröffentlichungspflichtgrenze von 10.000 Euro - ausnahmslos vorgelegt werden."

Es ist nicht das erste Mal, dass Grüne, SPD und FDP im Ausschuss mit juristischen Mitteln vorgehen. Ende Februar drohten die Fraktionen mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof, um Einsicht in Akten der Staatsregierung zur Prüfung des Projekts Zukunftsmuseum durch den Rechnungshof zu erhalten.

Brisant ist die Angelegenheit auch, weil sich damals Söder als Finanzminister persönlich in den Vergabeprozess in seiner Heimatstadt eingebracht hatte, obwohl die Zuständigkeit eigentlich beim Wissenschaftsministerium gelegen hatte. Umstritten ist auch, warum die Wahl nicht auf einen günstigeren Standort gefallen ist, welcher auch zur Auswahl gestanden hatte. Der Ausschuss muss seine Arbeit in der laufenden Wahlperiode abschließen. Bis dahin sollen auch Schmelzer und Söder unter anderem noch als Zeugen geladen werden.(Marco Hadem, dpa)

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