Die Staatsregierung hat ihr drittes Entbürokratisierungspaket in den Landtag eingebracht. Es soll unter anderem den Verwaltungsaufwand für Vereine und Kommunen bei kleinen Förderungen minimieren, die örtlichen Feuerwehren beim vorbeugenden Brandschutz entlasten und weitere kleinere Baumaßnahmen genehmigungsfrei stellen. Das Gesetz sei vom „Spirit der Entbürokratisierung“ geprägt und folge dem „Geist der Normendisziplin“, erklärte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU).
Konkret will die Staatsregierung den Zuwendungsnehmern kleinerer Förderbeträge die Pflicht zum Nachweis der genauen Mittelverwendung erlassen. Künftig wird dieser Nachweis bis zu einer Förderhöhe von 10 000 Euro bei Vereinen und Veranstaltern sowie bis zu 100 000 Euro bei Kommunen zur Ausnahme. Lediglich in 10 Prozent der Fälle soll es eine Überprüfung des genauen Mitteleinsatzes geben.
Eine weitere Entlastung betrifft die Gebühren. Wer Förderanträge komplett digital einreicht, soll einen Rabatt auf die Bearbeitungskosten erhalten. Weniger Arbeit für die örtlichen Feuerwehren bringt die Eingrenzung der Pflicht zur vorbeugenden Feuerbeschau. Sie soll künftig regelmäßig nur noch bei Sonderbauten wie Hochhäusern, Hotels, Supermärkten oder Spielhallen stattfinden. Herrmann sprach von einer „spürbaren Entlastung“ für Gemeinden und Feuerwehren, ohne dass dabei das Sicherheitsniveau beim Brandschutz sinken würde.
Keine Baugenehmigung braucht es künftig für Wohnungsumbauten im Bestand. Dies gilt zum Beispiel für Fälle, in denen aus einer großen mehrere kleinere Wohnungen gemacht werden. Verfahrensfrei soll zudem die Errichtung kleiner Geräteschuppen bis 20 Kubikmeter Rauminhalt außerhalb geschlossener Ortschaften werden. An die europäischen Mindeststandards angepasst wird der Schwellenwert zur verpflichtenden Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei Beschneiungsanlagen, Skipisten und Seilbahnen sowie der Inanspruchnahme von Biotopen.
Letzteres stieß auf den heftigen Widerspruch von Grünen-Fraktionsvize Johannes Becher. „Dieses Gesetz ist ein Angriff auf die Umwelt, insbesondere die natürliche Vielfalt und die einzigartige Schönheit der bayerischen Berge“, monierte er. Hier würden Umweltstandards unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus kassiert. Konkret werde die von einer UVP befreite Fläche für die Neuanlage von Skipisten verdoppelt, und von Schneekanonen um ein Drittel angehoben. Die UVP-befreite Länge neuer Lifte wird um das bis zu Dreifache angehoben. Damit brauche ein Großteil der Projekte künftig keine UVP mehr. „Baum-Umarmen war gestern, die Beton-CSU ist zurück“, urteilte Becher. Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels sei dies „absurd“.
SPD: "Gewinnmaximierung Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit"
Dem schloss sich Anna Rasehorn (SPD) an. „Dieses Gesetz atmet mit jeder Pore die Gewinnmaximierung Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit“, kritisierte sie. Kurzfristige Interessen der Tourismusbranche würden höher gestellt als das Recht für alle auf eine intakte Umwelt. Auch die Vorschläge in den Bereichen Baurecht und Brandschutz versah Rasehorn mit Fragezeichen. Hier gebe es im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch Klärungsbedarf.
Alexander Flierl (CSU) begrüßte die Vorlage. Sie setze auf mehr Eigenverantwortung und Vertrauen in Bürger und Unternehmen und sorge für weniger Bürokratie. Die Vorwürfe Bechers wies Flierl zurück. Die Erhöhung der Schwellenwerte bei der UVP passe die Regeln in Bayern an die geltenden EU-Mindeststandards an. Damit werde lediglich die Schwelle für die Durchführung einer vertieften UVP angehoben. Die Auswirkungen eines Projekts auf Natur und Umwelt würden im Genehmigungsverfahren ungeachtet dessen weiter berücksichtigt, betonte Flierl. „Umwelt- und Naturschutzstandards werden keinesfalls ausgehöhlt.“
Als „starkes Stück“ bezeichnete Marina Jakob (Freie Wähler) die Kritik Bechers. Der Regierungskoalition einen Angriff auf Umwelt und Natur zu unterstellen, sei unredlich. Als besonders positiv im neuen Gesetz hob Jakob hervor, dass durch Vereinfachung und Digitalisierung die Verwaltungsgebühren für Bürger gesenkt werden könnten.
Gerd Mannes (AfD) erklärte, Bayern werde mit einer „Flut an Vorschriften und Kontrollen regelrecht totreguliert“. Das Gesetz sei da nur Kosmetik. Immerhin sei es aber ein begrüßenswerter Versuch der Staatsregierung, Überregulierung zurückzudrängen. (Jürgen Umlauft)
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