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Mit einem sogenannten kleinen Waffenschein dürfen zum Beispiel Schreckschusspistolen in der Öffentlichkeit getragen werden. (Foto: dpa/Oliver Killig)

11.10.2019

Radikale entwaffnen!

Extremismusbekämpfung: Bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung soll eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz Pflicht werden

In Bayern besitzen 191 Rechtsextremisten eine Waffenerlaubnis – für die Grünen ein Anlass, auf eine Entwaffnung der rechtsextremistischen Szene zu dringen. Am Ende beschließt der Verfassungsausschuss die Entwaffnung aller dem Verfassungsschutz bekannten Extremisten. Außerdem wird die Staatsregierung aufgefordert, über Verflechtungen der Identitären Bewegung mit Parteien im Freistaat zu berichten.

Der Innenausschuss drängt darauf, Angehörige extremistischer Vereinigungen in Bayern so schnell wie möglich zu entwaffnen. Konkret geht es darum, allen dem Verfassungsschutz bekannten Extremisten den legalen Erwerb von Waffen zu verbieten. Personen, die bereits über eine Waffenerlaubnis verfügen, soll diese umgehend entzogen werden. Dies müsse auch für den sogenannten kleinen Waffenschein gelten, der das Mitführen von Schreckschusswaffen oder Signalpistolen erlaubt. „Der legale Umgang mit Waffen und Munition ist bei Extremisten jeder Art konsequent zu unterbinden“, heißt es in dem einstimmig gefassten Beschluss auf der Grundlage eines Antrags von CSU und Freien Wählern. Zudem unterstützt der Ausschuss eine Initiative des Bundesrats, die bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz zur Pflicht machen will.

Auslöser der Debatte war ein – später mit breiter Mehrheit abgelehnter –  Antrag der Grünen, der auf die Entwaffnung der rechtsextremen Szene und eine Verschärfung des Waffenrechts abzielte. Fraktionschefin Katharina Schulze erklärte, vom Rechtsextremismus gehe derzeit die größte Sicherheitsgefahr aus. Als Beleg führte sie den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sowie mehrere Mordversuche an Flüchtlingen an. Das zeigte auch zuletzt der gescheiterte Anschlag auf die Synagoge in Halle durch einen mutmaßlichen Rechtsextremisten. „Wir brauchen die schnelle und konsequente Entwaffnung der rechtsextremen Szene“, sagte Schulze. Zudem verwies sie auf die Antwort des Innenministeriums auf ihre Anfrage, wonach Ende 2018 191 Rechtsextremisten in Bayern über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügten. „Da muss dringend etwas unternommen werden“, betonte sie.

191 Rechtsextremisten mit einer Waffenerlaubnis

Holger Dremel (CSU) sah den Vorstoß der Grünen zu eng gefasst. Man müsse den Blick auf alle Formen des Extremismus richten. Hier sei Bayern für seine „harte Gangart“ bekannt. Es gelte, die Waffenbehörden bei ihrem Vorgehen gegen extremistische Waffenbesitzer zu unterstützen. Der Rechtsrahmen müsse dabei voll ausgeschöpft werden. Auch Richard Graupner (AfD) betonte, die Entwaffnung gewaltbereiter Extremisten müsse für alle Bereiche gelten. Dabei müsse aber sichergestellt sein, dass der Waffenentzug tatsächlich nur Personen treffe, die nachweislich extremistisch tätig seien. Die subjektive Bewertung einer Behörde reiche dafür nicht aus. FDP und Freie Wähler wandten sich zudem ausdrücklich gegen eine über die geplante Regelanfrage hinausgehende Verschärfung des Waffenrechts.

Ein Vertreter des Innenministeriums im Ausschuss bestätigte die Zahl von zuletzt 191 Rechtsextremisten mit einer Waffenerlaubnis. 90 davon durften demnach eine Schusswaffe besitzen, 112 hatten den kleinen Waffenschein. Zur Zahl der legalen Waffenbesitzer unter Islamisten oder Linksextremisten konnte er aktuell keine Angaben machen. Insgesamt aber toleriere das Innenministerium „keine Waffen in den Händen von Extremisten“. Es erfolge daher die regelmäßige Überprüfung Verdächtiger sowie die Einleitung von Verfahren zum Entzug der Waffenerlaubnis. „Wir bemühen uns intensiv darum, jegliche Extremisten in Bayern zu entwaffnen“, sagte der Beamte. Nach Angaben des Ministeriums waren Ende 2018 bayernweit mehr als 408  000 Waffenbesitzkarten erteilt. 3648 wurden im Verlauf des vergangenen Jahres wegen der Unzuverlässigkeit der Besitzer wieder eingezogen. Wie viele Extremisten darunter waren, lässt sich aus den Daten nicht entnehmen.

Gegen die Stimmen der AfD nahm der Ausschuss einen Dringlichkeitsantrag der FDP an, in dem die Staatsregierung zu einem Bericht über ihre Erkenntnisse bezüglich der Verflechtungen der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) mit Parteien im Freistaat aufgefordert wird. Der Sachstandsbericht sei erforderlich, um den politischen Handlungsbedarf bezüglich der IB-Aktivitäten in Bayern abschätzen zu können, erklärte der FDP-Abgeordnete Alexander Muthmann. Katharina Schulze sagte, die IB sei „hoch gefährlich“ und fest in der rechtsextremen Szene verankert. Bekannt seien zudem personelle Verflechtungen mit der AfD und vor allem deren Jugendorganisation „Junge Alternative“. Hier müsse genau hingeschaut werden.

Der AfD-Abgeordnete Graupner erwartete sich von einem Bericht „keinen Erkenntnisgewinn“. Überhaupt sei zu bezweifeln, dass die IB als „gesichert rechtsextremistisch“ einzustufen sei. Jüngste Gerichtsurteile hätten diese Zweifel bestärkt. Zudem sei der FDP-Antrag zu einseitig ausgerichtet. Wenn schon, brauche es eine Übersicht über die Verflechtungen aller Parteien mit extremistischen Organisationen, sagte Graupner. Beispiele oder Belege dafür nannte er nicht. (Jürgen Umlauft)

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