Landtag

Viele Dienststellen wirken nach außen präsent – doch hinter den Polizeischildern offenbaren sich teils gravierende bauliche Mängel. (Foto: dpa/Matthias Balk)

23.11.2025

Anfrage enthüllt Sanierungsstau in Bayerns Polizeigebäuden

Schimmel, Asbest, fehlender Brandschutz und ein Investitionsbedarf von 2,6 Milliarden Euro: Eine Anfrage der Landtags-Grünen legt erhebliche Mängel in Bayerns Polizeigebäuden offen. Während die Grünen ein umfassendes Sanierungsprogramm fordern, verweist die Staatsregierung auf knappe Mittel und aufwendige Entscheidungsprozesse

Die bauliche Verfassung vieler Polizeidienststellen in Bayern gibt Anlass zur Sorge. Das geht aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Schriftliche Anfrage der Landtags-Grünen hervor. Aus den vorgelegten Tabellen ergibt sich: Etwa ein Drittel der Polizeigebäude ist sanierungsbedürftig, rund 150 Dienststellen müssen umfassend instandgesetzt werden. 117 Gebäude sind laut Übersicht sanierungsbedürftig, verfügen aber nur über „vage oder unklare Zeitpläne“. Weitere 33 Objekte werden trotz festgestellten Bedarfs derzeit überhaupt nicht saniert – meist aus Haushaltsgründen. Gleichzeitig stehen 35 Neubauten an, deren Baubeginn häufig offen ist. 

Die Antwort des Innenministeriums zeichnet ein differenziertes, aber problembehaftetes Bild. Staatssekretär Sandro Kirchner betont, dass der Begriff „Sanierung“ weit auszulegen sei und sowohl kleine Erhaltungsmaßnahmen als auch umfangreiche Modernisierungen umfasse. Eine feste Priorisierungsliste gebe es nicht – die Dringlichkeit müsse „von Fall zu Fall“ abgewogen werden. Faktoren seien unter anderem bautechnische Erfordernisse, der Zustand der technischen Gebäudeausstattung, der Brandschutz oder die Einhaltung polizeispezifischer Planungsgrundsätze. 

Die in den Anlagen dokumentierten Beispiele verdeutlichen jedoch die Schwere der Probleme. In mehreren Gebäuden wurden Asbestbelastungen festgestellt – etwa am Landeskriminalamt, wo schwach gebundener Asbest in Brandschutzisolierungen vorkommt, was regelmäßige Sperrungen und aufwendige Sanierungsmethoden nötig macht. Auch in Straubing gibt es asbesthaltige Brandschutzklappen in der Lüftung, die bislang lediglich überwacht werden. Schimmelbefall zieht sich durch verschiedene Polizeiverbände – von Weilheim über Nürnberg bis Kitzingen –, häufig ausgelöst durch Feuchtigkeitsschäden oder veraltete Bausubstanz. In manchen Fällen mussten Räume gesperrt oder mit persönlicher Schutzausrüstung betreten werden. 

Staatsregierung sieht keine Gefahr

Die Staatsregierung betont, dass akute Gefahren ausgeschlossen würden: „Bis zur jeweiligen Abhilfemaßnahme erfolgt eine Sperrung beziehungsweise Nutzungsuntersagung“, heißt es in der Antwort. Fest gebundene Asbestprodukte stellten bei normaler Nutzung keine Gefahr dar, sollten aber auch nicht ohne Anlass entfernt werden, da gerade der Ausbau zu gefährlichen Faserfreisetzungen führen könne. 

Finanziell macht der Freistaat nach eigenen Angaben seit Jahren erhebliche Mittel frei. Zwischen 2020 und 2025 standen dem Innenbereich insgesamt rund 667 Millionen Euro an Haushaltsansätzen für Bauunterhalt, kleinere Maßnahmen und Hochbauvorhaben zur Verfügung, davon flossen über 587 Millionen Euro tatsächlich ab. Minderausgaben erklären sich laut Staatsregierung vor allem durch verschobene Abrechnungen oder nicht übertragene Ausgabereste. Über die zukünftige Mittelausstattung müsse jedoch der Landtag entscheiden. 

Die Grünen sehen dennoch akuten Handlungsbedarf und sprechen von einem „erschreckenden Sanierungsstau“. Ihr Fraktionsvize Florian Siekmann fordert ein 5-Jahres-Programm von 870 Millionen Euro, das sowohl offene Sanierungen als auch dringend benötigte Neubauten – insbesondere Schießanlagen und Einsatztrainingszentren – umfassen soll. „Dienststellen mit Schimmel, Asbest oder schweren baulichen Mängeln sind nicht zumutbar. Der Freistaat hat eine Verantwortung gegenüber seinen Beamtinnen und Beamten“, so Siekmann.

Die Staatsregierung weist die Kritik nicht grundsätzlich zurück, verweist jedoch auf strukturelle Zwänge: Die Bauämter arbeiteten an laufenden Projekten, neue Bedarfe entstünden stetig, Haushaltsmittel seien begrenzt. Eine „Sanierungsoffensive“ müsse sich daher an Prioritäten, nicht an politischen Wünschen orientieren.

Klar ist: Der Investitionsbedarf bleibt hoch. Mit 2,6 Milliarden Euro beziffert das Innenministerium den mittelfristigen Finanzbedarf für Sanierung und Neubau bei der Polizei – ein Betrag, der die Dimensionen des Problems verdeutlicht. Die politische Debatte darüber, wie und in welchem Tempo dieser Rückstand aufzuholen ist, hat gerade erst begonnen. (loh)

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