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Nach einer Verfolgungsjagd konnte die Polizei den Teilnehmer eines illegalen Autorennens im unterfränkischen Gerolzhofen stoppen. (Foto: dpa)

07.10.2016

Tödlicher Spaß

Illegale Autorennen führen in Deutschland immer öfter zu Unfällen – auch in Bayern gab es heuer schon über 34 Rennen

Immer häufiger führen illegale Autorennen zu Unfällen und Toten. In Berlin kam es dadurch dieses Jahr fast jeden Monat zu einem Crash. Ein Rentner starb sogar, als sein Wagen zwischen die Raser geriet. In Köln kamen im vergangenen Jahr drei Unbeteiligte ums Leben. Wie jetzt eine Anfrage von SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher an die Staatsregierung ergab, lässt sich dieser Trend auch in Bayern feststellen.

Laut Innenministerium gab es im Freistaat seit 2013 mindestens 132 private illegale Autorennen mit 255 Rasern. In diesen dreieinhalb Jahren wurden dadurch 14 Menschen verletzt – allein vier im Landkreis Rosenheim. Im aktuellen Jahr zeigt sich eine deutliche Häufung sowohl der Rennen als auch der festgenommenen Fahrer. Bis Mitte August gab es bereits 34 Rennen und 71 polizeilich festgestellte Beteiligte. Das sind genauso viele Fälle wie im gesamten Vorjahr.

Nach Einschätzung der bayerischen Polizei ist die Szene nicht organisiert. Illegale Straßenrennen finden daher meist spontan statt. Es sei außerdem davon auszugehen, dass Rennen über Internet-Chats und Messenger-Dienste verabredet werden. Die Rennteilnehmer sind laut Polizei meist Männer unter 30 Jahren mit hochmotorisierten Sportautos aus dem Premium-Preissegment. Die Rennen verliefen entlang festgelegter Etappen und seien oft mit hohen Start- und Preisgeldern verbunden.

Seit 2013: 132 private illegale Autorennen mit 255 Rasern

Die meisten Rennteilnehmer gab es im März dieses Jahres in Würzburg. Gegen die vier Personen wird wegen Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt. In München hatte mindestens einer der drei Rennteilnehmer noch nicht mal einen Führerschein. In Regensburg wird gegen zwei Raser wegen Nötigung und in Veitshöchheim wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort ermittelt.

Nur in wenigen Fällen wurden gegen die Teilnehmer illegaler Rennen Strafanzeigen erstattet. Binnen dreieinhalb Jahren geschah das bei 27 Rennen mit 58 beteiligten Personen, wie das Innenministerium aufzählt. Die Gesamtzahl der illegalen Rennfahrer lag in diesem Zeitraum bei 311 Personen in bekannt gewordenen 159 Rennen.

Organisierte illegale Autorennen spielen laut Innenministerium in Bayern eine untergeordnete Rolle. Wie zum Beispiel beim „Cannonball Run Europe“ rasen dabei rund 120 Teilnehmer mehrere Tage durch verschiedene Länder Europas. Doch obwohl das Rennen 2013 auch durch Bayern führte, konnte von der Polizei nicht der Tatbestand „illegales Kraftfahrzeugrennen“ festgestellt werden. „Vereinzelt wird den Präsidien der bayerischen Landespolizei jedoch bekannt, dass internationale, nach deutschem Recht als illegal einzustufende Kraftfahrzeugsrennen eine Streckenführung durch Bayern vorsehen“, heißt es aus dem Ressort von Joachim Herrmann (CSU).

Die Staatsregierung unterstützt daher den Gesetzesentwurf des Bundesrats, der eine deutliche Verschärfung der Gesetzeslage vorsieht (siehe Info). „Das Verbot solcher Rennen und deren Ausgestaltung als bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit stellt einen wichtiges Signal an die sogenannte Rennszene dar“, erklärt Eck. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren müsse diskutiert werden, ob es weitere Strafbarkeitslücken gibt, die geschlossen werden müssen. Schon jetzt könnten illegale Rennen aber unter bestimmten Voraussetzungen als Strafbestand gewertet werden – beispielsweise bei der Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rinderspacher unterstützt den Gesetzesentwurf des Bundesrats ebenfalls. „Wer glaubt, auf öffentlichen Straßen seinem Raserwahnsinn nachgehen zu dürfen, muss dafür hart bestraft werden“, fordert er. „Die Gefahr für unbeteiligte Passanten ist einfach zu groß.“ (David Lohmann)

INFO: Strafrechtsverschärfung für illegale Autorennen
Am 23. September 2016 beschloss der Bundesrat einen Gesetzentwurf der Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen, der sich gegen illegale Straßenrennen richtet.

Definition: Unter den Begriff „illegale Straßenrennen“ fallen sowohl „spontane Beschleunigungsrennen nach einem Ampelstopp“ als auch „organisierte überörtliche Rennen, die die Teilnehmer als ‘Freizeitbeschäftigung’ ansehen“.

Aktuelle Gesetzeslage: Laut Straßenverkehrsordnung sind Autorennen verboten und können mit einem Regelbußgeld von 400 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet werden. Für den Veranstalter eines Rennens wird ein Regelbußgeld von 500 Euro fällig. Wenn andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, kann die Justiz tätig werden.

Geplantes Gesetz: Künftig soll eine bisherige Ordnungswidrigkeit auf die Ebene einer Straftat gehoben werden. Dadurch soll das Abschreckungspotenzial gestärkt und die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft effektiver werden. Außerdem sollen sowohl die Veranstaltung als auch die Teilnahme an illegalen Autorennen als Straftatbestand gewertet werden. Das Veranstalten eines Straßenrennens soll zum Verlust des Führerscheins führen. In besonders schweren Fällen könnten sogar bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen.

Inkrafttreten: Nach dem Beschluss durch den Bundesrat geht der Gesetzesentwurf an die Bundesregierung, die ihre Auffassung dazu äußern kann. Danach legt ihn die Regierung dem Bundestag zur Abstimmung vor. Ein genauer Zeitpunkt ist noch nicht bekannt. (LOH)

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