Landtag

Das Pumpensystem im Wasserwerk Erlenstegen in Nürnberg. 92 Prozent des Trinkwassers im Freistaat wird aus Grundwasser gewonnen. (Foto: dpa)

25.05.2018

Wasserversorgung in Gefahr

Durch den Klimawandel ist es in Bayern trocken wie nie – drohen künftig Bewässerungsverbote?

In Bayern regnet es weniger. Besonders seit März 2018 ist es extrem trocken. Zwar gab es immer wieder vereinzelt kurze Schauer, aber die nützen dem Boden fast nichts: Durch den Sonnenschein verdunstet die Feuchtigkeit direkt wieder. Darunter leiden nicht nur Brunnen, Seen oder Wälder – sondern auch die Landwirtschaft. Bereits letztes Jahr im Sommer appellierten Gemeinden in Unterfranken an die Bürger, Trinkwasser nicht mehr zum Rasensprengen oder für den Swimmingpool zu nutzen.

Eine neue Auswertung ergab, dass der Regen im Zeitraum von 1931 bis 2015 vor allem im Sommerhalbjahr zurückgegangen ist. Im Südosten von Bayern und im unteren Maingebiet gab es sogar um 19 bis 23 Prozent weniger Niederschläge. Auch die Winter sind seit Jahren zu trocken. Zu diesem Ergebnis kommen nicht etwa Ökoverschwörer, sondern KLIWA, eine Kooperation aus Deutschem Wetterdienst und den Umweltministerien in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Martin Stümpfig (Grüne) beunruhigt die zunehmende Trockenheit im Freistaat. Der Landtagsabgeordnete wollte daher von der Staatsregierung wissen, wie sich die abnehmenden Niederschläge auf das Grundwasser in Bayern auswirken und welche Gegenmaßnahmen geplant sind.

Das Umweltministerium schreibt in seiner Antwort, wegen der abnehmenden Niederschläge sinke in den Sommermonaten die Grundwasserneubildungsrate. „Neben Niederschlagsabnahme wirken sich auch die ganzjährige Temperaturerhöhung und die damit einhergehende steigende Verdunstung negativ auf die Grundwasserneubildung aus.“ Das zeige sich bereits in den Werten der vergangenen Jahre. Tatsächlich zeigt ein Blick in den Niedrigwasserinformationsdienst Bayern: Die Zahl der Messstellen mit sehr niedrigen Grundwasserständen ist in den letzten zehn Jahren um fast 600 Prozent gestiegen – das ist Rekord.

Die niedrigsten Grundwasserstände seit zehn Jahren

Insgesamt gibt es in Bayern 90 Messstellen für tiefere Grundwasserstockwerke. Ein niedriger Grundwasserstand wird definiert als ein Wert kleiner als 90 Prozent aller Messwerte, das sogenannte Zehn-Prozent-Perzentil. 2007 waren nur sieben Messstellen davon betroffen, 2017 war es mit 53 Prozent schon jede zweite. Hinzu kommt: Bei 32 der Messstellen lag der Grundwasserstand letztes Jahr so niedrig wie noch nie seit 2007. Vergleichbare Werte gab es zwar 1998 schon einmal. „Die heutige Situation erstreckt sich aber bereits über einen Zeitraum von drei Jahren und ist stärker ausgeprägt“, schreibt das Umweltministerium. Solange es im Winter nicht mehr regnet, werde es keine Trendumkehr geben.

Keine guten Nachrichten für die Trinkwasserversorgung in Bayern. In Trockenzeiten können Behörden die Bewässerung einschränken oder verbieten. Bei oberirdischen Gewässern wird für den Entnahmestopp der mittlere Niedrigwasserabflusswert, bei stehenden Gewässern und dem Grundwasser der Mindestwasserstand beziehungsweise der maximale Absenkwert herangezogen. Ein solches Verbot träfe vor allem die Landwirtschaft. „Beschränkungen für Bewässerungen sind der Wasserwirtschaftsverwaltung nicht bekannt“, heißt es zwar in der Antwort. Dennoch mahnt das Ressort von Umweltminister Marcel Huber (CSU) schon jetzt zu einer „sorgsameren Bewirtschaftung“ aufgrund der Verminderung des nutzbaren Grundwassers.

Grünen-Abgeordneter Stümpfig nennt den Rückgang bei den Grundwasserständen „erschreckend“. Er lobt zwar die wissenschaftliche Datenerhebung im Freistaat. „Bei der Erarbeitung von Maßnahmen und deren Umsetzung ist die CSU-Staatsregierung aber Schlusslicht in Deutschland“, sagt er der Staatszeitung. Stümpfig fordert aktive Klimaschutzmaßnahmen zur Senkung der Emissionen und konsequente Maßnahmen zur Anpassung an die Klimafolgen – jetzt. (David Lohmann)

INFO Grundwasserversorgung in Bayern
Trend: Insgesamt waren die Grundwasserneubildungsraten zwischen 1971 und 2000 in Südbayern höher als in Nordbayern. Grund dafür waren die höheren Niederschlagsmengen im Voralpen- und Alpenraum. Eine langsame Schneeschmelze wirkte sich zusätzlich positiv auf die Grundwasserspeicher aus. Eine neue Untersuchung von KLIWA zeigt aber: Der Trend könnte sich zwischen 2021 und 2050 umdrehen, da in weiten Teilen Nordbayerns die Grundwasserneubildungsraten weniger stark abnehmen als im südlichen Bayern. Grund sind die Abnahmen im Voralpen- und Alpenraum.

Regionen: Glück im Unglück haben die Regionen südlich der Donau mit ihren quartären Schotterflächen. Sie wirken wie ein Langzeitspeicher, der über seine Pufferwirkung auch längere Trockenperioden ausgleichen kann. Weniger gut sieht es für kleine Quelleinzugsgebiete in Ostbayern oder im alpinen Raum aus. Quellwassernutzungen sind im Vergleich zu Wasserversorgungsanlagen, die sich auf Brunnen stützen, wesentlich empfindlicher bei Trockenheit. Die Quellschüttung ist stark von den Niederschlägen abhängig, weshalb aufgrund der Klimaveränderungen laut KLIWA die Versorgungssicherheit beeinträchtigt sein kann.

Maßnahmen: KLIWA rät vor allem in Regionen mit eingeschränkter Versorgungssicherheit, zusätzliche Wassergewinnungen zu erschließen oder einen Trinkwasserbezug über Verbundleitungen einzurichten. Die Wasserversorgungsbilanzen, die seit 2016 für alle bayerischen Regierungsbezirke veröffentlicht werden, finden sich hier. (loh)

Kommentare (3)

  1. ebnerweibing am 30.05.2018
    Ich plädiere stark für den Einbau von Regenwasserzisternen.
    Ich habe eine mit 6qm, mehr wären auch nicht schlecht. Damit kann ich über die Dachflächen auch kurze Starkregen auffangen und habe dann Gartenwasser für die nächsten Wochen. Pro mm Niederschlag "ernte" ich ca. 120 Liter. Funktioniert seit Jahren sehr gut.
  2. habicht am 30.05.2018
    Ich wohne im bayerischen Wald.Seit 2011 fällt es mir ( ich messe auch) auf,dass die Niederschläge tatsächlich erheblich weniger sind.Solche Phasen,dass es über Monate nur immer wieder Schauer und
    keinen gleichmäßigen Regen mehr gibt,gab es zu meinen Lebzeiten (Ausnahme 2003) nicht.Ich bin jetzt 61 Jahre und beobachte das Wetter seit meiner Kindheit.Ich sehe,dass unsere Wälder absterben,das Wasser in unseren Bächen immer weniger wird.Die Angst vor Fischsterben steigt.Wir müssen unbedingt sparsamer mit dem Wasser umgehen!!Wasser ist das einzige auf das der Mensch keine 36 h verzichten kann.Hier ist vor allem die Politik gefordert.Auch wenn man sich den Unmut von sonnenhungrigen Wasserverschwendern zuzieht:Wir werden kaum daran vorbeikommen,bei Bedarf das Wasser auch zu rationieren und wenn es mal stark regnet zu speichern oder zu "recyclen"
  3. Bob am 25.05.2018
    Ja, wir bewegen uns auf ähnliche Situation zu, wie in Kalifornien, USA.
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