Landtag

Der Stadtstaat Singapur fördert Wohnbauprojekte in großem Stil. (Foto: dpa/NurPhoto/Joseph Nair)

10.10.2025

Bayern sucht Weg aus der Krise: Wohnen auf Zeit – wie in Singapur

Ein Fachgespräch im Bauausschuss des Landtags zeigt Wege aus der Krise des Wohnungsbaus

Es fehlen Zigtausende bezahlbare Wohnungen in Bayern. Doch der staatliche und der private Wohnungsbau stocken. Könnte Wohnen auf Zeit helfen? In einem Fachgespräch des Bauausschusses diskutierten die Abgeordneten mit Fachleuten. 

Ist Singapur die Lösung? Der südostasiatische Stadtstaat zählt zu den teuersten Orten der Welt. Doch zu einem relativ niedrigen Preis kann man dort für eine Laufzeit von 99 Jahren Wohnungen vom Staat pachten, Public Housing nennt sich das Konzept. Mehr als 80 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner haben sich so eine Wohnung gesichert, die sie vor den teuren Mieten schützt. Damit es zu keiner Ghettobildung kommt, gibt es für jeden Wohnblock ethnische Quoten, die der Verteilung in der Gesamtbevölkerung entsprechen.

Der Bauausschuss des Landtags hatte sich im Februar dazu vor Ort informiert, die Mitglieder zeigten sich vom Singapurer Modell begeistert. Auch deswegen hatte die Grünen-Fraktion ein Fachgespräch zu dem Thema Wohnen auf Zeit initiiert.

Das Konzept lässt sich Singapur aber auch einiges kosten: 4,8 Milliarden Euro zahlt der Staat pro Jahr an Zuschüssen, wie Bettina Fanghänel, die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in Singapur, den Ausschussmitgliedern mitteilte.

Das Modell könne man eins zu eins importieren, scherzte Immobilienexperte Thomas Kollmann. „Die Frage ist nur, wo wir die 4,8 Milliarden Euro herbekommen.“ Da müsse man gleich noch den Finanzminister einladen.

Die Banken machen oft nicht mit

Generell kann sich aber auch Kollmann ein ähnliches Modell vorstellen: Per Erbbaurecht könnte Bauland mobilisiert werden, das sonst nicht zur Verfügung stünde, weil die Eigentümer es nicht für immer aus der Hand geben wollen. So könnten etwa mehr junge Menschen mit wenig Eigenkapital zu Wohneigentum kommen, und auch für Wohnungsbauunternehmen ergäben sich so größere Chancen. Freilich müssten auch die Banken mitspielen, für die Erbbaurechtsmodelle oft zu kompliziert seien.

Das bestätigte Yvonne Seiler Zimmermann von der Hochschule Luzern. Die Fremdfinanzierung sei auch in der Schweiz ein Problem. In Bern und im Baseler Land gibt es Projekte, bei denen man für 30 Jahre Wohnungen erwerben kann, die nach Ablauf der Zeit wieder automatisch an den Investor zurückfallen. Dafür müssten die Pächter aber auch nur etwa ein Drittel des eigentlichen Wertes zahlen. Sie müssen sich zudem nicht mit Sanierungen oder einem Heizungsaustausch herumschlagen. Das übernimmt dann der Investor. Die Nachfrage ist laut Seiler Zimmermann groß, nur das Interesse der Banken sei gering.

Die Stadt München vergibt ihren Grund grundsätzlich nur noch im Erbbaurecht. Dabei pachtet man ein Grundstück und kauft oder baut die Immobilie darauf. Für die Nutzung des Grundstücks zahlt man eine Gebühr, den Erbbauzins. Einzig an Genossenschaften werden noch Grundstücke verkauft, erklärte Münchens Wohnungsbau-Stadtdirektorin Ulrike Klar. Dort sei bezahlbarer Wohnraum schließlich dauerhaft garantiert. Beim Einzug in einen Genossenschaftsbau muss man Anteile kaufen und erwirbt sich so ein Nutzungsrecht. Die Kosten dafür sind vergleichsweise niedrig, da die Genossenschaften nicht gewinnorientiert sind.

Kleine Kommunen beim Erbbaurecht überfordert

Gerade kleinere Kommunen seien beim Erbbaurecht oft überfordert, sagte Anne Krins von der Mitbauzentrale München, einer Stelle für gemeinschaftsorientiertes Wohnen.

Für Hans Maier, Verbandsdirektor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen, ist in vielen Verträgen auch eines nicht gut geregelt: Was passiert, wenn das Erbbaurecht ausläuft? Da gebe es Nachholbedarf.

Am Ende war man sich weitgehend einig: Wohnen auf Zeit kann ein Instrument für mehr bezahlbaren Wohnraum sein. Aber genauso wichtig müsse sein, dass der Wohnungsbau erschwinglich bleibe. Durch die Vereinfachung des Baurechts und mehr serielles Bauen müsse man Kosten senken – auch ohne staatliche Förderung. (Thorsten Stark)
 

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