Landtag

Die neue Landtagspräsidentin: Ilse Aigner (CSU). (Foto: dpa)

16.11.2018

Zwischen Verjüngung und Weiter so

Der Landtag stimmt dem neuen Kabinett von Ministerpräsident Söder zu

„Eine Mischung aus bewährten und jungen neuen Kräften“: Der Landtag ist mehrheitlich den Personalvorschlägen von CSU-Ministerpräsident Söder gefolgt. Damit sinkt der Altersdurchschnitt der neuen Regierung auf 47,6 Jahre – auch wegen der 33-jährigen Judith Gerlach (CSU), die das neue Digitalministerium leitet. Die Opposition kritisierte den nach wie vor hohen Männeranteil in Söders zweitem Kabinett.

Mit den Stimmen der neuen Koalition aus CSU und Freien Wählern hat der Landtag den Personalvorschlägen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für sein zweites Kabinett zugestimmt. 13 Regierungsmitglieder stellt die CSU, fünf die Freien Wähler. Neu geschaffen wurde ein Digitalisierungsministerium, das erste seiner Art in Deutschland. Mit dessen Führung betraute Söder die CSU-Abgeordnete Judith Gerlach (33). SPD, Grüne und Teile der AfD votierten gegen das Personaltableau, FDP sowie mehrere Abgeordnete der AfD enthielten sich bei der Abstimmung. Ein Geschäftsordnungsantrag der FDP auf Einzelabstimmung über die Personalvorschläge wurde mit großer Mehrheit abgelehnt, da es sich beim Ministerrat um ein Kollegialorgan handelt. „Wir sollten keine Schönheitsnoten für einzelne Minister vergeben“, erklärte CSU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Reiß.

Söder sprach bei der Vorstellung von einem „sehr ausgewogenen Kabinett“. Es repräsentiere nicht nur die neue Koalitionsregierung in der Stärke der beteiligten Parteien, sondern verkörpere mit Ministern aus allen Regierungsbezirken ganz Bayern. Zudem bestehe es aus „bewährten und jungen neuen Kräften“ und dokumentiere das Miteinander von Männern und Frauen. Wie schon in Söders erstem Kabinett beträgt der Frauenanteil 33 Prozent. Söder legte aber Wert auf die Feststellung, dass die Frauenquote im CSU-Teil der Regierung über 40 Prozent betrage und damit so hoch sei wie nie zuvor. Das Aufgebot der Freien Wähler besteht nur aus einer Frau, der neuen Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (36). Der Altersdurchschnitt der neuen Regierungsmannschaft beträgt 47,6 Jahre, es ist der niedrigste in der bayerischen Geschichte.

Auf Geheiß Söders aus dem Kabinett ausscheiden mussten Justizminister Winfried Bausback, Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer, Umweltminister Marcel Huber, Wissenschaftsministerin Marion Kiechle und Baustaatssekretär Josef Zellmeier. Überraschend berief Söder erneut den bisherigen Finanzstaatssekretär Hans Reichhart (36) als neuen Bau- und Verkehrsminister wieder ins Kabinett, obwohl dieser die Rückkehr in den Landtag verpasste. Der bisher in der Staatskanzlei für Digitalisierung und Medien zuständige Georg Eisenreich (47) wird neuer Justizminister. Bei den Freien Wählern, deren Ministerbesetzungen schon in der vergangenen Woche bekannt geworden waren, wurde neben Anna Stolz noch der neu in den Landtag eingezogene Ex-Landrat von Neuburg-Schrobenhausen, Roland Weigert (50), zum Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ernannt.

In Absprache mit den Freien Wählern führte Söder zudem einen Neuzuschnitt mehrerer Ministerien durch. So werden auf das neue Digitalisierungsministerium nicht nur die dafür bisher in der Staatskanzlei gebündelten Kompetenzen übertragen, sondern aus dem Finanzministerium auch Zuständigkeit für strategische Fragen der digitalen Verwaltung. Aus der Staatskanzlei kommt außerdem die Verantwortung für die Filmförderung und die digitale Unterhaltung dazu. Das Finanz- und Heimatministerium übernimmt aus dem Kunstressort die Aufgaben Brauchtum, Heimat und Volksmusik. Dafür gibt es die Zuständigkeit für die Landesentwicklung und Raumplanung an das Wirtschaftsministerium ab. Diesem werden zudem aus dem Agrarressort die Bereiche nachwachsende Rohstoffe und Bio-Ökonomie zugeordnet.

Grüne: "schwarz-oranger Lückentext"

In der Aussprache zur Besetzung des neuen Kabinetts klagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann vor allem darüber, dass die Frauen weiterhin unterrepräsentiert seien. Schuld daran habe vor allem der „Männerbund Freie Wähler“. Hartmann drückte zudem seine Erwartung aus, dass die neue Staatsregierung europafreundlicher auftrete und ökologische Aspekte stärker in den Mittelpunkt rücke. Dem neuen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) wünschte Hartmann „das nötige Rückgrat, für den Naturschutz etwas zu tun“. Bayern brauche mehr Artenschutz, Biotopverbünde und Klimaschutz. Dafür seien neben finanziellen Anreizen auch verbindliche Vorhaben erforderlich. Der Koalitionsvertrag sei diesbezüglich ein „schwarz-oranger Lückentext“, der mit grünen Inhalten gefüllt werden müsse.

Die AfD kritisierte das neu geschaffene Digitalisierungsministerium. Dieses sei unnötig, weil die Zuständigkeiten bisher ausreichend von anderen Ministerien abgedeckt gewesen seien, erklärte Fraktionschef Markus Plenk. Das neue Haus sei deshalb ein Fall für das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Ansonsten sei die neue Staatsregierung sowohl in der Geschäftsverteilung wie in der personellen Besetzung ein „Weiter so“. Positiv bewertete Plenk lediglich, dass mit dem schwarz-orangen Bündnis ein schwarz-grünes verhindert worden sei.

Für die SPD rügte Fraktionschef Horst Arnold, dass Söder Regionalproporz vor Sachkompetenz gegangen sei. Opfer dieser Strategie sei der allseits geschätzte Justizminister Winfried Bausback geworden. In Sachen Frauenquote herrsche wegen der „Dreimännlichkeit“ in der Ministerriege der Freien Wähler „stabiler Stillstand“. Von Aufbruch und Erneuerung, wie Söder dies im Wahlkampf versprochen habe, sei nichts zu erkennen. Die FDP wünschte sich beim Zuschnitt der Ministerien weitere Änderungen. So gehöre die Zuständigkeit für Integration nicht ins Innen-, sondern ins Sozialministerium und die für die Kinderbetreuung vom Sozial- ins Kultusministerium, erklärte Fraktionschef Martin Hagen. Bei den Personalien der Freien Wähler vermisste Hagen den Esprit. „Neben Hubert Aiwanger wirkt selbst die CSU modern“, sagte er.

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer sah dessen ungeachtet im neuen Kabinett Söders ein „Signal des Aufbruchs“. Es zeige sich, das Aufbruch nicht nur ohne die Grünen funktioniere, sondern ohne diese sogar viel besser. „Die Aufteilung der Geschäftsbereiche ist genauso gelungen wie die Personalauswahl“, urteilte Kreuzer. Bewährte Strukturen würden erhalten, neue Akzente dort gesetzt, wo es aktuelle Herausforderungen nötig machten. Unter allgemeinem Beifall des Parlaments würdigte Kreuzer die Verdienste der nicht mehr berufenen Kabinettsmitglieder. Deren Ausscheiden habe nichts mit der persönlich geleisteten Arbeit, dem Einsatz oder dem politischen Erfolg zu tun, es erkläre sich ausschließlich mit den bei Kabinettsumbildungen bestehenden Zwängen und Anforderungen, betonte Kreuzer. FW-Fraktionschef Florian Streibl wies die Kritik an den Personalentscheidungen seiner Partei zurück. Die neuen Minister und Staatssekretäre der Freien Wähler stünden für „Visionen und Innovationen“. (Jürgen Umlauft)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.