Leben in Bayern

Seit dem 25. Juli steht das Karussell „Fahrt ins Paradies“, das auf der Oidn Wiesn zu sehen ist, als einziges Karussell in Deutschland unter Denkmalschutz. (Foto: dpa/Stefan Puchner)

12.09.2025

Auf diesem Wiesn-Denkmal geht’s rund

Das Karussell „Fahrt ins Paradies“ moderte jahrzehntelang vor sich hin, bis ein Schausteller daraus etwas Einmaliges machte

Jauchzend werfen die Fahrgäste die Arme in die Höhe, wenn es bei der „Fahrt ins Paradies“ bergauf und bergab geht und es dabei angenehm im Magen kribbelt. Auch Toni Schleifer hat allen Grund zum Jubeln: Seine historische kleine Berg- und Talbahn ist seit 25. Juli wohl das einzige Karussell Deutschlands, das unter Denkmalschutz steht. So sagt es zumindest Toni Schleifer. Heuer dreht sich das Karussell wieder auf der „Oidn Wiesn“, dem historischen Bereich auf dem Münchner Oktoberfest.

So, wie es bei der Fahrt ins Paradies auf und ab geht, so erlebte auch das alte Fahrgeschäft sehr wechselvolle Zeiten. 1939 wurde es an einen Schausteller aus der Pfalz ausgeliefert und die Besucher durften ihre ersten Runden drehen. Anfang der 50er-Jahre ist es dann eingelagert worden und geriet in Vergessenheit. In einem Privathaus moderte es vor sich hin, bis es 2003 wiederentdeckt wurde.

Komplett in Vergessenheit geraten

Eine Freundin von Toni Schleifer forschte über die Geschichte von Karussells der Firma Friedrich Heyn und stieß dabei auf die Information, dass das Unternehmen auch die Fahrt ins Paradies gebaut hatte. Sie recherchierte, wo das Fahrgeschäft abgeblieben ist. So lernte es Toni Schleifer, der in der Nähe von Köln lebt, kennen und lieben und kaufte es schließlich.

Ein Fotobuch erinnert daran, in welch schlechtem Zustand die Fahrt ins Paradies war und wie lange es gedauert hat, bis das Karussell wieder glänzte und funktionierte: Sieben Jahre dauerte die Restaurierung. „Wenn ich gewusst hätte, was für ein gutes Geschäft das ist, hätte ich mich mehr beeilt“, sagt der Schausteller mit einem Augenzwinkern.

Dass das Fahrgeschäft so lange von der Bildfläche verschwunden war, ist gleichzeitig auch ein großes Glück: „Wäre es jahrzehntelang in Betrieb gewesen, hätte man einiges verändern müssen. So ist es aber noch im Auslieferungszustand.“

Bei der Restaurierung hat der 56-Jährige genau darauf geachtet, dass die Malereien und die Technik original erhalten bleiben. So war es auch möglich, die Fahrt ins Paradies unter Denkmalschutz zu stellen.

Und genau das wollte der aus einer Schaustellerdynastie kommende Schleifer: „Wenn ich hoffentlich irgendwann einmal einen Nachfolger haben werde, dann ist durch den Denkmalschutz garantiert, dass am Fahrgeschäft nichts verändert wird.“

Und ein bisserl stolz ist er außerdem auch, dass er der Erste in Deutschland ist, der das geschafft hat. Wie er erzählt, stehen zwar noch zwei hölzerne Riesenräder unter Denkmalschutz, doch mit seiner Bauart hat sein Fahrgeschäft ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Nach der Restaurierung hatte Schleifer eigentlich geplant, das Fahrgeschäft in einem Museum auszustellen. Doch dann baute er es doch in einer Kirmes in der Nähe von Köln auf und es kam gleich gut an.

Als zum 200-jährigen Bestehen des Oktoberfestes im Jahr 2010 die Oide Wiesn zum ersten Mal stattfand, reiste die Fahrt ins Paradies nach München und fand auch dort genügend Nostalgie-Fans, die Bauchkitzel suchten. Kurze Zeit später kam das Straubinger Gäubodenfest dazu, das ebenfalls mittlerweile einen historischen Bereich anbietet.

Der Schausteller greift auch mal zum Saxofon

Nicht überall ist das alte Karussell aber ein Publikumsmagnet: „An manchen Standorten funktioniert es nicht. Die Menschen müssen es verstehen. In Straubing hat es drei Jahre gedauert, bis es richtig angenommen wird.“ Jetzt aber ist es der Renner auf dem Gäubodenfest und auf dem Oktoberfest und Toni Schleifer verkauft fleißig Fahrchips.

Und wenn sich die Fahrt ins Paradies mit ihrem charmanten Rumpeln schließlich in Bewegung setzt und die Fahrgäste erst langsam und dann immer schneller an den nostalgischen Holzfiguren vorbeisausen, dann greift der Schausteller auch gerne mal zum Saxofon und spielt einen alten Schlager. Eine Fahrt ins Paradies eben. (Melanie Bäumel-Schachtner)
 

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