Leben in Bayern

Das Regensburger Amts- und Landgericht: Am 5. Januar war hier während einer Prozesspause ein Häftling geflohen, der eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes absaß. (Foto: dpa/Armin Weigel)

10.01.2023

Bei seiner Schwester im Auto: Mörder nach Flucht gefasst

Seine vermeintliche Freiheit währte kurz: Nach gut 100 Stunden auf der Flucht ist ein aus dem Amtsgericht Regensburg geflohener Mörder in Frankreich gefasst worden. Laut Polizei gibt es Indizien, dass der 40-Jährige Helfer gehabt haben könnte

Mit einem Sprung aus einem Fenster des Gerichtsgebäudes in Regensburg entkommt ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder. Sofort wird international nach ihm gefahndet. Weil der 40-jährige Algerier Verwandte in Frankreich hat, richtet sich der Blick der Ermittler auf das Nachbarland, wie Regensburgs Polizeivizepräsident Thomas Schöniger am Dienstag berichtete.

Am fünften Tag seiner Flucht wird der Gesuchte dann in Straßburg von Spezialkräften der französischen Polizei gesehen - und zwar im Auto einer seiner Schwestern. Etwa 110 Kilometer weiter nördlich nehmen ihn die Beamten fest. Der als gewalttätig geltende Mann leistet dabei keinen Widerstand. Viele Fragen in dem Fall müssten noch geklärt werden, so Schöniger.

Es gebe Indizien, dass der Mann die Flucht geplant und einen oder mehrere Helfer gehabt haben könnte. Mögliche Kontaktpersonen würden geprüft. Unklar sei, weshalb der Mann aus dem Gerichtsgebäude entkommen konnte, sagte Schöniger.

Warum trug der Mann keine Fußfesseln?

Zwei Polizeibeamte hätten den 40-Jährigen aus der JVA Würzburg zu einem Verhandlungstermin nach Regensburg gebracht. Dort musste er sich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte während seiner Haftzeit in der JVA Straubing verantworten.

Im Gerichtssaal habe die Vorsitzende Richterin gestattet, dass dem Mann die Handfesseln abgenommen werden. Fußfesseln habe der 40-Jährige nicht getragen, weil er zuvor angegeben habe, am Fuß verletzt zu sein, sagte Einsatzleiter Michael Danninger. Das passe jedoch nicht mit seiner späteren Flucht zusammen, denn laut Zeugen soll der Mann "extrem schnell" gelaufen sein. Offen ist demnach, ob der Mann die Fußverletzung bewusst vorgegaukelt hat.

Während einer Verhandlungspause sei der 40-Jährige mit seinem Verteidiger in ein Besprechungszimmer im Erdgeschoss gebracht worden. Weil das Fenster in dem Raum nicht gesichert ist, sei ein Beamter vor der Türe stehen geblieben und der Zweite durch das Gebäude gegangen, um sich draußen vor dem Fenster zu positionieren.

Diesen Moment habe der Angeklagte genutzt, um aus dem Fenster zu springen. Warum dem Mann keine Handfesseln angelegt worden seien, war ebenfalls unklar.

Der Verteidiger habe den vor der Türe stehenden Polizisten sofort über die Flucht informiert. Der sei dem 40-Jährigen hinterhergesprungen, habe ihn jedoch später aus den Augen verloren.

Ab Montag war der Geflohene im Visier der Polizei

Am Sonntag seien dann Kontaktpersonen des Algeriers auf einer Autobahn in Baden-Württemberg lokalisiert und von Spezialkräften der Polizei verfolgt worden. Ob sich der Gesuchte in dem Auto befand, sei da noch unklar gewesen. An der Grenze zu Frankreich hätten französische Kollegen übernommen.

Am Montag hätten dann Beamte in Straßburg den Gesuchten im Wagen einer seiner Schwestern gesehen. Nachdem sich der Verdacht, dass es sich um den Gesuchten handelte, erhärtet hatte, sei der Mann in dem Ort Farébersviller etwa 110 Kilometer nördlich von Straßburg und 30 Kilometer südlich von Saarbrücken festgenommen worden. Er befinde sich noch in Frankreich in Haft und soll nach Deutschland gebracht werden, teilte die Polizei mit.

Aufklärung gefordert

Der Vorfall müsse gründlich nachbereitet werden, sagte Polizeivizechef Schöniger. Jedoch habe zunächst die Fahndung nach dem Gesuchten im Vordergrund gestanden. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte Aufklärung, damit sich eine solche Situation in Zukunft verhindern lasse. Die Maßnahmen, die zur Festnahme des Gesuchten führten, bezeichnete er als "ein Beispiel sehr erfolgreicher, internationaler polizeilicher Zusammenarbeit".

Der 40-Jährige hatte 2011 mit einem Komplizen einen Lottoladen in Nürnberg überfallen und die 76 Jahre alte Besitzerin umgebracht. 2013 wurde er zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes verurteilt und saß in Straubing im Gefängnis. Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in der dortigen JVA war er in ein Gefängnis nach Würzburg verlegt worden und musste sich wegen der Tat nun vor dem Amtsgericht Regensburg verantworten.

Die Flucht des Mannes sei nicht strafbar, erläuterte Schöniger. Jedoch machten sich etwaige Fluchthelfer strafbar. Außerdem sei zu prüfen, inwieweit der 40-Jährige auf seiner Flucht möglicherweise Straftaten wie beispielsweise Sachbeschädigung beging. (Ute Wessels, dpa)

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