Leben in Bayern

In gut zwei Wochen ist klar, wer die Nase vorn hat: die Gegner von Olympischen Sommerspielen in München oder die Befürworter. (Foto: Stumberger)

10.10.2025

Bürgerentscheid: An Olympia scheiden sich die Geister

Vor dem Bürgerentscheid am 26. Oktober liefern sich in München Befürworter und Gegner der Sommerspiele ein Kopf-an-Kopf-Rennen

Für Susanna Pfaus ist die Sache klar: „Ich werde nicht zustimmen.“ Vor einigen Tagen hatte die 62-jährige Fachverkäuferin zuerst einen Flyer der Linken im Briefkasten, dann die Wahlunterlagen der Stadt München zum Bürgerentscheid in Sachen Olympiabewerbung.

Am 26. Oktober sollen die Bürger abstimmen, ob sich die Stadt um die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2036, 2040 oder 2044 bewerben soll. Auf dem Linken-Flugblatt stand „Ablehnen“, auf dem Faltblatt bei den Wahlunterlagen stand „Miteinander Großes schaffen!“

„Wir haben so viel andere Probleme“

Nach einigen Überlegungen hat sich Susanna Pfaus dann entschieden. „Wir haben so viel andere Probleme in Deutschland“, meint sie und denkt an marode Brücken und den Mangel an bezahlbaren Wohnungen.
Anders dagegen Birgit Unterhuber: Die 41-jährige Angestellte ist Präsidentin des Laimer Eisenbahner-Sportvereins. Dort hat sich das Präsidium für die Olympia-Bewerbung ausgesprochen. Ein Ja, so die Präsidentin, verspreche „nachhaltige Investitionen in örtliche Sportförderung und Sportstätten“. Und: „Vereine sind Keimzellen des Leistungssports, weshalb wir als Münchner Traditionsverein klar für Olympische Spiele in München sind.“

Der Münchner Stadtrat hatte sich am 28. Mai mit großer Mehrheit für eine Olympia-Bewerbung der Landeshauptstadt ausgesprochen. Dagegen stimmten die ÖDP/München-Liste und die Linke/Die Partei. Die Befürworter führen ins Feld, dass München bereits viele bestehende Sportstätten nutzen könne, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ausgebaut und neue Wohnungen gebaut würden und dass die Wirtschaft gestärkt werde.

Die Gegner einer Bewerbung wiederum, die sich unter dem Logo „Nolympia“ zusammengeschlossen haben, befürchten steigende Mieten und warnen vor „Knebelverträgen“ des Internationalen Olympischen Komitees, wodurch die Stadt auf den Kosten und Problemen sitzen bleibe. „Das Geld, das für die Spiele nötig wäre, könnte sinnvoller eingesetzt werden: für bezahlbare Wohnungen, besseren Nahverkehr, eine starke Kultur und Sportangebote, die allen zugutekommen“, so das Bündnis.

Hört man sich in der Stadt um, verwundert es wenig, dass diejenigen Akteure, die von den Spielen profitieren würden, sich dafür aussprechen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern zum Beispiel: „München kann Olympia! München ist ein erstklassiger Gastgeber für das größte Sportfest der Welt“, sagt IHK-Präsident Klaus Josef Lutz. Aus seiner Sicht stärken Olympische und Paralympische Spiele die Stadt. Bei den Menschen werde Begeisterung entfacht, geplante Projekte würden zeitlich sowie finanziell massiv beschleunigt, zudem richteten sich die Augen der Welt auf die „Weltstadt mit Herz“.

Wirtschaftlicher Schub erwartet

Wer „Ja“ zu Olympia sage, sage Ja zu einem zukunftsfähigen ÖPNV, zu mehr bezahlbarem Wohnraum, zu nachhaltiger Stadtentwicklung und zu einem starken Wirtschaftsstandort auch in Zukunft.

Auch der Bayerische Hotel-und Gaststättenverband steht hinter der Olympia-Bewerbung. Sie verbinde „Tradition, Moderne, Gemeinschaft und Wirtschaftskraft“. Man erwartet sich einen wirtschaftlichen Schub mit mehr Gästen, mehr Investitionen und mehr internationaler Aufmerksamkeit.

Aber auch die Sportlerinnen und Sportler plädieren für Olympia. So unterstützt der Bayerische Landessportverband „die Landeshauptstadt und die bayerische Staatsregierung auf voller Breite bei der innerdeutschen Bewerbung als Austragungsort der Olympischen und Paralympischen Spiele“. Die Liste an „positiven Effekten mit nachhaltigen Nebenwirkungen“ für den Sport in München, Bayern und Deutschland sei lang.
Zu den Gegnern der Olympia-Bewerbung gehört dagegen der Bund Naturschutz in Bayern. Nach Ansicht des Umweltschutzverbands findet die Entscheidung über die Bewerbung ohne jegliche Fakten statt: „Wir wissen nicht, was alles kommen wird, wo welche Bäume gefällt werden, wo was gebaut wird und vor allem was das alles kostet.“ Ohne Fakten könne es aber kein „Ja“ geben.

Der Bund Naturschutz befürchtet zudem die Verschwendung von Steuergeldern: „Die Stadt gibt allein 7 Millionen Euro an Steuergeldern für die Olympia-Bewerbung aus. Gleichzeitig kürzt sie Kultur-, Sozial-, Natur- und Klimaschutzprojekte.“ Eine mögliche Ausrichtung der Spiele koste sogar mehrere Milliarden und bedeute ein enormes finanzielles Risiko. Für den Verband laufen auch die Versprechungen, viele Projekte – etwa für den ÖPNV – kämen nur mit den Spielen, ins Leere: „Wieso sollte dann auf einmal das Geld da sein, das der Staat jetzt offensichtlich nicht hat?“ Ein weiteres Gegenargument des Bund Naturschutz: In fast allen Olympia-Städten hätten die Spiele steigende Mieten und höhere Nahverkehrspreise gebracht. In einer „sowieso schon enorm teuren Stadt“ wie München wäre das „eine Katastrophe“.

Zu den Gegnern des Projekts gehören auch Mitglieder der Grünen wie Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann, während die Partei im Münchner Stadtrat dafür stimmte. Auch Hartmann befürchtet steigende Immobilienpreise und Mieten.

Viel inländische Konkurrenz

Die Linke warf der SPD vor, sie habe ihren sozialen Kompass verloren und setze lieber auf „üppige Prestigeevents“. Ihr Fraktionschef Stefan Jagel warnte, am Ende stünden „Kürzungen im Sozialbereich“. Die AfD stellt sich übrigens hinter die Bewerbung.

Sollte eine Mehrheit der Bürger für die Bewerbung stimmen, ist das erst der erste Schritt auf einem langen Weg. Denn München müsste sich gegen die anderen deutschen Bewerber – Berlin, Hamburg, das Ruhrgebiet – durchsetzen. Und dann gegen die internationale Konkurrenz. (Rudolf Stumberger)
 

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