Leben in Bayern

Bald steht das Vieh wieder auf dem Almen und Alpen. (Foto: dpa/Matthias Balk)

17.04.2024

Der Bergsommer steht bevor

Im Allgäu und in Oberbayern steht der Viehauftrieb auf die Alpen und Almen vor der Türe

Mit Tausenden Rindern und anderen Tieren machen sich im Allgäu und in Oberbayern in den kommenden Wochen Landwirte wieder auf den Weg in die Berge - auf die Alpen und Almen. Doch warum eigentlich? Und was gibt es für Ausflügler dort zu beachten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Tiere verbringen den Sommer in den Bergen?
Die Alpen, wie die Bergweiden im Allgäu genannt werden, sind reich bestückt: Rund 29.000 Jungrinder, 2500 Milchkühe, 300 Pferde, 420 Schweine, 400 Schafe, 250 Ziegen werden in der Region auf 703 Alpen getrieben. Auf den oberbayerischen Almen verbringen 23.000 Jungrinder, 1000 Milchkühe, 600 Pferde und 4000 Schafe und Ziegen den Sommer in den Bergen auf 710 Almen. Die Almen und Alpen liegen zwischen 800 und 2200 Metern Höhe, wie Michael Honisch, Geschäftsführer des Alpwirtschaftlichen Vereins Allgäu, und Hans Stöckl, Geschäftsführer des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, mitteilen.

Warum heißt es im Allgäu Alp und in Oberbayern Alm?
Der Begriff Alp stammt laut Honisch vom römischen Begriff "alpi", mit dem hoch gelegene Bergweiden bezeichnet wurden. Im alemannischen Sprachraum, zu dem das Allgäu gehört, habe sich das Wort erhalten. Die Abwandlung Alm im bajuwarischen Sprachraum, also Oberbayern, führt Stöckl auf eine verwaschene Aussprache zurück.

Wie groß ist die Fläche, die dort oben bewirtschaftet wird?
Die Lichtweideflächen im Allgäu umfassen 21.000 Hektar, in Oberbayern 18.000 Hektar. Zum Vergleich: Ein Hektar ist etwas größer als ein Fußballfeld. Der Begriff Lichtweidefläche bezeichnet laut den beiden Vereinen die offenen Weiden, auf denen die aufgetriebenen Tiere grasen. Ebenfalls zu den Alp- und Almgebieten zählende Wald- und Ödflächen sind damit nicht gemeint.

Warum treiben die Landwirte ihre Tiere in die Berge?
"Die Landwirte haben dadurch in den Sommermonaten weniger Vieh in den Talbetrieben", erklärt Honisch. Dadurch sparten sie sich nicht nur das Futter, sondern profitierten hinterher auch von einer besseren Gesundheit der Tiere. "Geälpte Jungtiere werden langlebige und fruchtbare Milchkühe. Der Aufenthalt ist gut für ihr Herz, den Kreislauf und die Muskulatur und wird deswegen von den Landwirten hochgeschätzt", sagt Honisch.

Welche Auswirkungen hat die Alpwirtschaft auf die Natur?
Die Beweidung der Flächen ist existenziell für den Erhalt der Kulturlandschaft, den Artenschutz und die Biodiversität, sind sich Honisch und Stöckl einig. Ohne sie würden die offenen Flächen verbuschen. Das wiederum hätte negative Auswirkungen auf den Artenreichtum. "Zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten brauchen offene Wiesen zum Überleben", erklärt Honisch. "Gerade heute, wo sich viele Pflanzen aufgrund von Düngung und Bewirtschaftung von den Talwiesen zurückgezogen haben, tragen wir eine große Verantwortung", ergänzt Stöckl.

Macht sich der Klimawandel bemerkbar?
Die Bergweiden seien aufgrund des Klimawandels immer früher so üppig bewachsen, dass Vieh aufgetrieben werden könne. Bereits Ende April und Anfang Mai kann laut den Vereinen in diesem Jahr auf die tiefer gelegenen Alpen und Almen aufgetrieben werden. Im Sommer dagegen sei immer öfter Wassermangel ein Thema, dem sich die Betreiber der Alpen und Almen stellen müssten. Außerdem verzeichnen beide Geschäftsführer eine Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Starkregen, Hagel oder heftigen Gewittern.

Wie groß ist die Sorge vor dem Wolf?  
Neben den zunehmenden Unwettern blicken Honisch und Stöckl mit erheblichen Sorgen auf Gefahren durch große Beutegreifer - und im Speziellen auf die zuletzt vermehrt gesichteten Wölfe in der Nähe der Weideflächen. "Man muss kein Prophet sein, um Risse von Tieren auf den Alpen vorauszusehen", sagt Honisch. Die hätten zur Folge, dass sich Bauern genau überlegten, ob sie künftig ihre Tiere auftreiben. "Sinkende Zahlen an aufgetriebenen Tieren führen wiederum zum Verbuschen der offenen Flächen", sagt Stöckl.

Hat die Alm- und Alpwirtschaft eine Zukunft?
Hauptsächlich kleinere Landwirte treiben laut beiden Vereinen Tiere im Sommer auf Almen und Alpen, da der Aufwand für große Betriebe zu hoch sei. "Deren Existenz wird aber durch ein mögliches Verbot der Kombihaltung - also tags auf der Weide und nachts angebunden im Stall - bedroht", sagt Honisch. Der Bau eines Laufstalls sei für Landwirte mit kleinem Viehbestand oft zu teuer. "Streng genommen dürften dann Tiere auf der Alp, die geimpft werden müssen oder einen Tierarzt brauchen, auch nicht mehr angebunden werden", sagt Honisch. Laufställe auf allen Alpen zu bauen, sei keine Option.

Was sollten Besucher von Alpen und Almen beachten?
"Es ist aus Sicherheitsgründen wichtig, Abstand zu den Tieren zu halten. Eine Alm ist kein Streichelzoo", sagt Stöckl. Gemeinsam mit Honisch appelliert er an Besucher, wo möglich auf den Wegen zu bleiben, Hunde an die Leine zu nehmen und deren Kot sowie anderen Müll nicht liegenzulassen. "Freizeitbesucher sind auf Alpen und Almen gern gesehen, aber ein respektvoller Umgang miteinander ist wichtig", sagt Honisch.  
(Anne-Sophie Schuhwerk, dpa)

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