Leben in Bayern

Der Bayern-Irrgarten aus der Vogelperspektive. (Foto: Labyrinth Utting)

27.07.2018

Ein bayerischer Irrläufer

In einem der bekanntesten süddeutschen Feld-Irrgärten erlebt der Besucher in diesem Sommer den Freistaat in Miniaturgröße

In Utting am Ammersee ist seit vergangener Woche ein Spaziergang durch ganz Bayern möglich. Denn das bekannte Feld-Labyrinth hat zum 100. Geburtstag des Freistaats heuer dessen Form. Innerhalb weniger Minuten kann der Besucher vom Berchtesgadener Land über München bis nach Franken laufen – und dabei auch eine Menge über seine eigene Heimat erfahren.

Es sind nur ein paar Schritte – dann ist es vollbracht. Stolz steht der Wanderer vor dem Gipfelkreuz des Watzmanns. Die Sicht reicht bis zum Ammersee. Doch statt auf Berge, Wälder und Wiesen, so weit das Auge reicht, fällt der Blick vor allem auf Hanfpflanzen, Mais und jede Menge Sonnenblumen. Also schnell wieder hinunter, eine leichte Steigung auf ein paar Holzbrettern und ein gutes Dutzend Schritte nach Westen, und schon ist der Besucher auch wieder hinabgestiegen. Und da ist auch schon der Inn – oder ist es die Isar?

Im Feld-Labyrinth im oberbayerischen Utting unweit des Ammersees ist der Besucher in diesem Jahr eine Art Superman, der mit Riesenschritten innerhalb weniger Minuten vom Berchtesgadener Land über München bis hinauf nach Franken schreitet. Denn anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Freistaat“ haben die Betreiber des bekannten bayerischen Irrgartens in diesem Jahr den Freistaat auf ihren drei fußballplatzgroßen Feldern auf Miniaturgröße schrumpfen lassen.

Die Farbe der Gewässer erzeugen blau gefärbte Hackschnitzel und die Wege sind mit Stroh geebnet. Die großen Pfade aus braunen Hackschnitzeln verlaufen an den sieben Bezirksgrenzen entlang – aus der Luft ergibt sich so ein auf den ersten Blick wiedererkennbares Bild des Freistaats.

Inmitten meterhoher Pflanzen wartet auf die Besucher manche Überraschung. „Natürlich steht auch in diesem Jahr der Spaß am Erkunden, sich Verstecken und das Verirren im Vordergrund“, sagt Labyrinth-Betreiberin Corinne Ernst. Die 44-jährige Uttingerin, deren Familie einen Biohof führt, verspricht den Besuchern ganz im Ton einer Event-Managerin ein „Abenteuer für die ganze Familie“.

Tatsächlich fühlt man sich recht schnell in dem riesigen Gewächs verloren – landet unweigerlich in einer der zahlreichen Sackgassen. Und die Besucher können noch bis zum 23. September Bayern noch ein wenig besser kennenlernen. „Wir treten dabei nicht oberlehrerhaft auf. Aber wer will, kann etwas über die Geschichte seiner Heimat erfahren“, sagt Ernst.

Im vergangenen Jahr waren die zumeist mit Pfählen in den Boden gerammten Schautafeln vor allem Persönlichkeiten gewidmet. Damals stand der Irrgarten ganz im Eindruck des Reformationstags. „Diesmal stehen neben der Geschichte Bayerns vor allem die Kultur und die Traditionen im Vordergrund“, erklärt Ernst, während sie im Aussichtsturm letzte Spinnweben entfernt.
Ernsts siebenjähriger Sohn Fridolin läutet derweil eine Glocke – „2017 war das hier ein Kirchturm“, sagt sie. Die Glocke blieb – doch das Kreuz wurde abgebaut. Was dazu wohl Bayerns Ministerpräsident sagen würde?

Doch nicht nur über Schautafeln kann sich der Besucher informieren, an zahlreichen Stellen des Irrgartens wird es ganz konkret. Neben den fünf wichtigsten Gipfeln des Freistaats versucht Betreiberin Ernst auch bayerische Bräuche „möglichst lebensecht abzubilden“. Neben Sissi oder König Ludwig geht es deshalb auch ums Fingerhakeln oder ums Fensterln. Und schon klettert Ernst eine Leiter hoch und blickt aus dem Fenster eines Holzhauses. Ihr Sohn kommt ebenfalls die Treppe ein Stückchen hoch. „So können dann nicht nur verliebte Pärchen, die den Ammersee besuchen, einen der romantischsten Bräuche des Freistaats kennenlernen“, sagt Ernst.

Es steckt viel Arbeit in dem Irrgarten. „Da kommen im Jahr schon ein paar Hundert Stunden zusammen“, sagt Corinne Ernst. Jedes Jahr setzt sich die Familie zusammen und überlegt gemeinsam, wie sie das Labyrinth im jeweiligen Sommer gestalten soll –  und dann packt jeder mit an.

Vor 19 Jahren eröffnete die Familie den Irrgarten. Die Ernsts waren damals nicht die ersten Bauern, die sich einen Nebenerwerb suchten. Doch der Irrgarten sei mehr als nur ein Broterwerb für die Familie. „Es macht noch immer Spaß“, sagt Ernst.
(Tobias Lill)

Fotos:
Corinne Ernst mit ihrem Sohn Fridolin vor ihrem selbst gestalteten Labyrinth. (Lill)
Das Thema des Irrgartens im vergangenen Jahr: 500 Jahre Reformation. (Labyrinth Utting)
2014 stand das Uttinger Labyrinth ganz im Zeichen der Fußball-WM. (Labyrinth Utting)

Kommentare (1)

  1. voa zua am 30.07.2018
    Klasse Idee... Nachahmung empfohlen.
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