Leben in Bayern

Uwe Weibrecht (ganz links) mit einer Familie, die von ProBrasil mit Lebensmitteln unterstützt wird. Die Familie lebt in Caracol in einer trockenen und armen Region im brasilianischen Piauí. (Foto: ProBrasil)

20.06.2025

Engagement für Brasiliens Ärmste

Mit ProBrasil hat Uwe Weibrecht in Brasilien bisher das Leben von mehr als 100 000 Kindern, Jugendlichen und Frauen in Not verbessert

Das Sertão ist eine staubtrockene, fast wüstenartige Region im Nordosten Brasiliens. Doch wo Trockenheit das Leben bestimmt, leuchtet ein grünes Paradies auf. Caju-Bäume breiten schützend ihre Äste aus, es wachsen Acerola-Sträucher, Kautschukpflanzen, Ananas, Papaya und Mango – ein seltenes Bild in dieser kargen Gegend, so üppig, so lebendig. Pedro, der den Garten pflegt, lächelt stolz: „Nirgendwo sonst in der Gegend gibt es eine solche Pflanzenvielfalt. Die Erde schenkt reichlich, wenn man sie mit Sorgfalt bearbeitet.“

Dieses paradiesische Fleckchen Erde liegt im brasilianischen Bundesstaat Piauí im Dorf Coronel José Dias. Vor vier Jahren übernahm der Verein ProBrasil das Grundstück. Pedro räumte viel Müll weg und begann, das Land zu kultivieren. So entstand das Centro Sócioambiental Nordeste, ein Umweltzentrum, in dem Pedro Kinder und Jugendliche über die Pflanzenvielfalt ihrer Heimat informiert. Außerdem gibt es eine kleine Gärtnerei, die Setzlinge verkauft. Zudem wurde ein Tagungshaus errichtet, in dem der Verein Fortbildungen zu ökologischen Themen veranstaltet, sowie ein Hostel, um Einnahmen für die soziale Arbeit zu generieren.

Humanistisch und christlich motiviert

„Ich arbeite gerne mit Uwe zusammen“, sagt der Gärtner Pedro. „Er hat uns so viel Wissen vermittelt und uns in schwierigen Momenten immer unterstützt.“ Wer ist Uwe? Der Thüringer Uwe Weibrecht gründete im Jahr 2000 den humanistisch und christlich motivierten Verein ProBrasil mit deutschem Sitz in Düsseldorf. Auch in Bayern unterstützen viele Spenderinnen und Spender den Verein.

Seit 2013 ist der Verein neben São Paulo auch im brasilianischen Piauí aktiv. Außer dem Umweltzentrum in Coronel José Dias unterstützt ProBrasil eine Lehrbäckerei in der nahe gelegenen Kleinstadt São Raimundo Nonato.

Geboren in Eisenach, studierte Uwe Weibrecht Geschichte in Berlin, doch sein Herz schlug für soziale Arbeit. Also entschied er sich in den 1990er-Jahren für eine Ausbildung zum Krankenpfleger – mit dem klaren Ziel, Brasiliens Ärmste zu unterstützen.

1999 wanderte der 55-jährige Thüringer nach Brasilien aus und absolvierte an der Universität São Paulo ein Masterstudium der Social Entrepreneurship. Als erstes Projekt unterstützte er die unter schwierigen Bedingungen lebenden Guaraní-Indigenen in einem Dorf am südlichen Stadtrand der 22-Millionen-Metropole São Paulo und baute für sie eine Gesundheitsversorgung auf.

Für ProBrasil war Weibrecht viel auf Achse, vor drei Jahren ist er im Piauí sesshaft geworden. Mit einer kleinen Pension hat er sich in Coronel José Dias ein liebenswertes Refugium geschaffen. Die Casa Barreirinho liegt in einem gepflegten Garten, in dem Hühner gackern und Frösche quaken. Sie hat ein paar einfache Zimmer, zwei Chalets und einen Aussichtsturm mit einem wunderbaren Blick auf den nahe gelegenen Nationalpark Serra da Capivara. „Unser Motto? Wir geben Armut Kontra!“, erzählt Weibrecht.

ProBrasil betreibt aktuell in São Paulo Zentren für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, in denen die Kinder neben Bildung auch eine vollwertige Mahlzeit erhalten, Ausbildungszentren, betreute Wohngemeinschaften für junge Menschen mit und ohne Behinderung, Mehrgenerationenhäuser, Familienhilfsprogramme, Umwelt- und Kulturprogramme sowie Einrichtungen zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Allein während der Corona-Pandemie verteilte der Verein in São Paulo über 16 000 Lebensmittelpakete mit mehr als 200 Tonnen Nahrungsmitteln und konnte so rund 50 000 Menschen erreichen.

In den vergangenen 25 Jahren hat ProBrasil insgesamt mehr als 100 000 Personen unterstützt. All dies wäre nicht möglich ohne lokale und internationale Partnerschaften, ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer vor Ort, ohne die vielfältigen Kooperationen mit deutschen Förderern, etwa dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Nicht zu vergessen die treuen Spenderinnen und Spender. Durch Spenden fließen dem Verein jährlich zwischen 50 000 und 90 000 Euro zu. Gelegentlich übernimmt ProBrasil kleinere Dienstleistungen für brasilianische Behörden, die weitere Einnahmen bringen.

„Wie wir mit unseren Mitteln auskommen, das frage ich mich selbst immer wieder“, sagt Weibrecht. „Als NGO bewegen wir uns im Bereich des Unmöglichen, wir haben zu wenig Geld, aber irgendwie funktioniert es.“ Dazu trägt auch bei, dass brasilianische Behörden dem Verein immer wieder Grundstücke überlassen, zum Beispiel für den Umweltgarten in Piauí oder für die Hilfsprojekte in São Paulo.

In der Lehrbackstube zum krisenfesten Beruf

Knetmaschine, Gärschrank, Backofen: Stolz führt Cartésio durch die von einer Stiftung gut ausgestattete Backstube einer Lehrbäckerei in São Raimundo Nonato, einer Kleinstadt in Piauí.
Kaum vorstellbar, dass der gelernte Bäcker im glühend heißen Nordosten Brasiliens Sauerteig nach deutschem Rezept gären lässt. Der 28-Jährige stammt aus Mosambik, wo – wie in Brasilien – portugiesisch gesprochen wird. „Zu Hause in Maputo habe ich in einem Projekt von Brot gegen Not das Backen gelernt, und jetzt hat mir die Stiftung diesen spannenden Job vermittelt“, erzählt Cartésio. „Meine Aufgabe ist es, hier das Backen von gutem Brot zu vermitteln.“

Zurzeit versorgt er mit seinen Backkünsten Kinder und Jugendliche mit frischem und gesundem Gebäck und liefert das Catering für Veranstaltungen. Bald wird er Lehrlinge ausbilden und Back- und Ernährungskurse für alle Interessierten anbieten. „Es ist so wichtig, dass junge Menschen einen krisenfesten Beruf haben“, weiß Cartésio aus eigener Erfahrung. „Das ist die beste Grundlage für eine bessere Zukunft.“

2023 erhielt er das Bundesverdienstkreuz

Menschen eine gute Zukunft zu ermöglichen – genau darum geht es ProBrasil. Der Verein ist ein Beispiel für nachhaltige Hilfe und den Mut zu Veränderung. Er zeigt, wie aus viel persönlichem Engagement Großes entstehen kann. Für sein soziales Engagement wurde Uwe Weibrecht 2023 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Außerdem erhielt ProBrasil das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI), weil alle Spenden nahezu eins zu eins in die soziale Arbeit fließen und kaum Verwaltungskosten entstehen. Seit 2012 besitzt ProBrasil die wichtigste Zertifizierung für soziale Vereine in Brasilien, die von der Regierung in Brasília vergeben wird.

Für Vereinsgründer Weibrecht bedeuten diese Auszeichnungen auch persönlich sehr viel. „Das macht mich schon ein bisschen stolz“, gesteht Uwe, der Brasilianer aus Eisenach, der längst eingebürgert ist. „Es ist für mich der Ansporn für die Zukunft, immer weiter gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit hier in meiner Heimat zu kämpfen.“ Denn es ist noch so viel zu tun. (Constanze Mauermayer)
 

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