Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) kritisiert die zögerliche Finanzierung von Spezialfahrzeugen, die nach Unfällen oder Anschlägen mit chemischen oder explosiven Stoffen eingesetzt werden können. Aus Geldmangel hätten 3 der 13 dezentralen Standorte der BRK-Spezialeinheiten schließen müssen, sagt der stellvertretende Landesbereitschaftsleiter Dieter Hauenstein im Interview. "Diese Einheiten müssen jedoch flächendeckend vorgehalten werden." Beim 10. Bayerischen Katastrophenschutzkongress an diesem Wochenende in Weiden in der Oberpfalz ist die medizinische Versorgung von Verletzten nach einem möglichen Terroranschlag zentrales Thema.Frage: Vor welchen Herausforderungen steht das BRK in Zeiten von wachsendem Terror?Dieter Hauenstein: Wir haben bereits im vergangenen Jahr unsere Einsatztaktiken der neuen Situation

angepasst. Gleichzeitig schulen wir unsere vielen Mitarbeiter, auch die vielen Tausend Ehrenamtlichen, um auf für uns weitgehend ungewohnte Verletzungsmuster reagieren zu können.
Frage: Sind Sie optimal ausgerüstet für die rasche und kompetente medizinische Versorgung von Opfern nach einem Terroranschlag?Hauenstein: Wir haben in den Fahrzeugen des Rettungsdienstes noch mehr medizinisches Equipment, damit wir zum Beispiel auch Sprengstoffverletzungen adäquat und zeitgemäß versorgen können.
Frage: Funktioniert im Ernstfall das Zusammenspiel mit den anderen Hilfsorganisationen und der Polizei?Hauenstein: Wir sind bei Terrorlagen auf eine intensive Zusammenarbeit mit der Polizei und all ihren Spezialisten angewiesen. Dazu sind wir intensiv im Gespräch und hatten auch schon bei einer unserer Fortbildungen Spezialisten des Landeskriminalamtes und der Polizei eingeladen.
Frage: Woher kommt das Geld für die Anschaffung neuer Fahrzeuge und anderer Geräte?Hauenstein: Die Ausstattung des Rettungsdienstes erfolgt vollständig über die Krankenkassen, die Finanzierung und Ausrüstung des Katastrophenschutzes durch den Bund und die Länder. Darüber hinaus beschaffen wir auch einige Fahrzeuge aus Eigenmitteln und Spenden. Hierfür brauchen wir noch medizinisches Equipment für Einsätze bei Terrorlagen und dafür noch das Geld. Es ist lebenswichtig, dass wir für alle Szenarien zeitgemäß ausgestattet sind.
Fünf neue Fahrzeuge zum G7-Gipfel - das war's
Frage: Welche Rolle spielt der BRK-Landesfachdienst, der sich mit den Gefahren chemischer, biologischer und explosiver Stoffe befasst?Hauenstein: Unsere Spezialisten sind im Unterschied zu anderen Dekontaminierungskräften in der Lage, Patienten auch medizinisch zu versorgen. Sie kommen bei Unfällen mit chemischen, biologischen, radiologischen, nuklearen und explosiven Stoffen - in der Expertensprache CBRN(E)-Ereignisse genannt - zum Einsatz. Leider ist in der Vergangenheit die Ausrüstung nur sehr zögerlich von der öffentlichen Hand finanziert worden. Zum G7-Gipfel vor zwei Jahren in Krün wurden fünf Fahrzeuge finanziert. Aus Geldmangel mussten wir leider inzwischen von den 13 dezentralen Einheiten 3 ehrenamtlich betriebene Standorte schließen. Diese Einheiten müssen jedoch flächendeckend vorgehalten werden.
Frage: Wie schützen Sie Ihre Mitarbeiter vor den Gefahren, die bei der Bewältigung eines Terroranschlages drohen?Hauenstein: Im Vorfeld ist die Schulung von Einsatzstrategien am wichtigsten. Hier müssen unsere Mitarbeiter umdenken und vieles neu lernen, zum Beispiel, dass sie Anschlagsorte schnell wieder verlassen müssen. Das ist zumindest eine Lehre aus den vergangenen Terrorsituationen. Sie müssen auch lernen, mehr zu beobachten, was um sie herum passiert, sich genau an die Anweisungen der Polizei halten und auch einmal abwarten können, bis sie verletzten Menschen helfen.
Frage: In begründeten Ausnahmefällen darf künftig die Bundeswehr auch im Inland zur Terrorabwehr eingesetzt werden? Was halten Sie davon?Hauenstein: Wenn es darum geht, Menschenleben zu retten, müssen alle zusammenarbeiten. Für uns als Rotes Kreuz ist es wichtig, dass wir neutral sind und bleiben. (
Interview: Paul Winterer, dpa)
ZUR PERSON:
Dieter Hauenstein steht seit 1983 in Diensten des BRK. Derzeit ist der gelernte Rettungsassistent stellvertretender Landesbereitschaftsleiter und Vize-Geschäftsführer beim BRK-Bezirksverband für Niederbayern und die Oberpfalz. Der 47-Jährige ist verheiratet und Vater einer Tochter.
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