Leben in Bayern

Daniela Kienle, Leiterin des Gnadenhofes vom Verein "Zuflucht für Tiere im Allgäu", füttert dort lebenden Hunde. (Karl-Josef Hildenbrand, dpa)

02.12.2020

Gnadenhöfen versiegen die Geldquellen

Unvermittelbaren und misshandelten Tieren eine Heimat geben - das wird für Gnadenhöfe wegen der Corona-Pandemie immer schwieriger. Finanzielle Hilfen gibt es für sie in Bayern nicht. Jetzt haben auch noch die Hoffnungen auf die Weihnachtszeit einen Dämpfer bekommen

"Arco ist einer unserer Ladenhüter", sagt Daniela Kienle, als sich der Mischlingsrüde auf der Suche nach Streicheleinheiten an die 44-Jährige schmiegt. Nach mehreren Jahren in einer Auffangstation in Rumänien darf der taube Hund seinen Lebensabend auf dem Gnadenhof des Vereins "Zuflucht für Tiere im Allgäu" verbringen - mit Blick auf die Alpen. "Wir versuchen nicht mehr, ihn zu vermitteln", sagt Kienle. "Er fühlt sich hier wohl."

Rund 80 ausgesetzte, behinderte und schwer vermittelbare Tiere leben auf dem Hof am Fuße des Kemptener Hausbergs - vom Chinchilla bis zum Lama. Sie zu versorgen kostet den Verein rund 10 000 bis 12 000 Euro pro Monat. Normalerweise kommt ein guter Teil aus dem Erlös von Hoffesten oder Flohmärkten. Doch die Corona-Pandemie hat diese Einnahmequelle im Jahr 2020 versiegen lassen.

"Das sind schon enorme Einbußen", sagt Vereinsvorsitzende Anita Böck. "Wir müssen ja ohnehin immer schon schauen, dass irgendwie Geld reinkommt." Anderen Gnadenhöfen geht es ähnlich. "Wir haben keine Veranstaltungen, bei denen Geld reinkommt", betont Sophie Putz, die in Oberbayern einen Gnadenhof für Pferde betreibt. "An den Tieren sparen wir als letztes. Aber wir müssen vor jedem Tierarztbesuch schauen, ob wir uns das leisten können."

Eine solch schwierige Situation habe er noch nicht erlebt, sagt auch Herbert Crnila, der sich mit seinem Verein seit 2011 in Niederbayern um eine bunte Tier-Schar aus Papageien, Pferden und Hühnern kümmert. "Wir hungern nicht. Aber ich muss schauen, wie wir über die Runden kommen." Dass er im sogenannten Lockdown light keine Besucher empfangen dürfe, mache die Situation noch schwieriger.

Keinen Anspruch auf Tierheimförderung

Auf Tierheim-Förderungen können Gnadenhöfe in Bayern nicht hoffen. Zwar ähnelt ihre Arbeit oft der von Tierheimen, allerdings übernehmen nur letztere im Auftrag von Städten und Gemeinden die Unterbringung von Fund- und Abgabetieren.

Gnadenhöfe leisteten "wertvolle, ehrenamtliche Arbeit", seien aber nicht rechtlich definiert, heißt es vonseiten des Umweltministeriums. Deshalb erhalten sie im Gegensatz zu Tierheimen auch keine Fördergelder für Investitionen.

Auch bei den laufenden Kosten gibt es im Freistaat im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen keine Zuschüsse. Während des ersten Corona-Lockdowns stellte das Umweltministerium dort insgesamt 400 000 Euro als Futterhilfe für Tierheime und Gnadenhöfe bereit.

Zwar hätten sich Gnadenhöfe um Corona-Soforthilfe vonseiten des Freistaats bewerben können, heißt es vom Wirtschaftsministerium. In der Regel würden sich Gnadenhöfe aber nicht unternehmerisch betätigen - und damit die Voraussetzungen für die Soforthilfe nicht erfüllen. Auch für die Corona-Überbrückungshilfe des Bundes müssten die Vereine "dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig" sein, was in der Regel aber nicht der Fall ist.

"Ich wollte mich am Anfang mal wegen Finanzhilfen melden", sagt Gnadenhof-Leiter Herbert Crnila. "Aber mir wurde schnell gesagt, dass es da nix gibt." Stattdessen habe er sich schon im Sommer mit Heu für die Pferde eingedeckt und schränke sich bei den Ausgaben ein. "Das Geld brauche ich für die Tiere, das ist mein Leben."

Jetzt ruhen die Hoffnungen der Gnadenhöfe auf der Weihnachtszeit, in der traditionell viel gespendet wird. "Die Hilfsbereitschaft unserer Unterstützer ist jetzt schon sehr groß", sagt Daniela Kienle. "Viele fragen nach, was wir brauchen, oder wollen mit unseren Hunden Gassi gehen."

Doch die nächste große Investition wartet auch hier schon: Eine Erdwärme-Heizung soll vom kommenden Jahr an den gesamten Hof mit Wärme versorgen, die Katzenräume im ersten Stock können bisher nicht beheizt werden. Die Kosten liegen bei rund 90 000 Euro. "Erdgasleitungen gibt es hier draußen nicht", sagt Kienle. "Und Erdöl soll man ja künftig nicht mehr benutzen."

Termine für Flohmärkte oder Feste seien auch für das Jahr 2021 noch nicht vorgemerkt, betont Kienle. Auch die Finanzierung des Heizungstauschs sei noch nicht klar. "Wir müssen jetzt abwarten, was die Zeit bringt."
(Frederick Mersi, dpa)

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