Leben in Bayern

Die Viertklässler Simon und Juliana beim Programmier-Unterricht. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand /dpa)

13.01.2016

Grundschüler lernen Programmieren

In Schwaben werden Kinder schon in der Grundschule an das Programmieren herangeführt - auf ganz spielerische Weise. Hintergrund: Den technischen Berufen fehlt der Nachwuchs

Donnerstag, 14:00 Uhr: Ein fröhliches Durcheinander herrscht im Raum 104 der Grundschule Neu-Ulm Offenhausen. Ein Dutzend Schüler wartet dort auf den Unterricht. Unterricht in einem ungewöhnlichen Fach: Programmieren. Anstatt ihr Heft aufzuschlagen und mit Stiften darin zu schreiben, fahren die Kinder ihren Rechner hoch, führen die Computermaus über den Bildschirm und klicken herum. Für viele Acht- bis Zehnjährige nichts Neues - sie besitzen einen eigenen Computer, mit dem sie Spiele spielen oder im Internet surfen. "Was dahinter steckt und wie der PC funktioniert, wissen die Kinder nicht", erklärt Ansgar Batzner, Leiter des staatlichen Schulamts in Neu-Ulm.

Genau das soll das Projekt "Coding Kids" ab sofort vermitteln. Die Devise: Nicht nur konsumieren und zocken, sondern reflektieren. Batzner kam die Idee für das Programmier-Projekt beim Joggen. Er ist Vorsitzender der Kompetenz-Akademie Neu-Ulm, die sich für die Bildung von Schülern, Lehrern und Eltern im Landkreis Neu-Ulm einsetzt. "Wir brauchen mehr Interesse an den MINT-Fächern seitens der Schüler", findet der 56-Jährige. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik - gerade dort hat das Ingenieursland Deutschland Nachholbedarf. Der Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) war begeistert von der Idee.

Für Simon (10) steht schon fest: "Ich will später einmal Spieleprogrammierer werden"

Schüler, Studenten, Lehrer und Eltern sind Tutoren des Projekts. Mitte November startete der Pilotkurs in der Grundschule Neu-Ulm Offenhausen. Er wird von vier Schülerinnen des benachbarten Lessing-Gymnasiums geleitet. Sie bringen den Grundschülern "Scratch" bei, eine visualisierte Programmiersprache für Kinder und Jugendliche. Damit können sie nach Kursende leicht zu Hause weiterprogrammieren und sich übers Internet mit Gleichgesinnten austauschen. Die zwölf Neu-Ulmer Grundschüler des Pilotkurses sind begeistert.

Auch der zehnjährige Simon ist Feuer und Flamme. Fast schon routiniert zieht er den Befehl "gehe zu x,y" auf die Bedienoberfläche und tippt die Koordinaten von Äpfeln ein, die mit ein paar Klicks von einem Baum fallen sollen. Durch das Aneinanderreihen von Befehlen und Schleifen programmieren die Schüler ihre eigenen Spiele. Darin lassen sie etwa eine Katze über den Bildschirm huschen und versuchen dem vom Baum fallenden digitalen Obst auszuweichen.

In Europa hinkt Deutschland in Sachen Programmierunterricht hinterher

Für Simon steht fest: "Ich will später einmal Spieleprogrammierer werden." Am liebsten für sein Lieblingsspiel "Need for Speed", denn er fährt leidenschaftlich gern Autorennen am Bildschirm.
Das Projekt kommt gut an: Etwa 90 Prozent ihrer Viertklässler hätten sich für den Pilotkurs interessiert, erläutert Schulleiterin Cäcilia Tremmel-Wiringer. Der Programmierunterricht soll nun flächendeckend an den knapp 40 Grundschulen im Landkreis Neu-Ulm für interessierte Viertklässler angeboten werden. Batzner rechnet mit etwa 1000 teilnehmenden "Coding Kids". Das rund 23 000 Euro teure Projekt sei ein Vorreiter in Deutschland.

In Nordrhein-Westfalen sieht das Kultusministerium zwar einen Informatiklehrplan für Grundschulen vor, dieser wird derzeit aber lediglich an vereinzelten Schulen in Aachen, Paderborn und Wuppertal umgesetzt. Neu-Ulm sei deutschlandweit dann der erste Landkreis, der Computerprogrammierung flächendeckend in der Grundschule anbiete, sagt Batzner. Und Programmieren sei generell auf dem Weg zu einer grundlegenden Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben und Rechnen.

In Europa hinkt Deutschland aber hinterher. An britischen Schulen ist der Programmierunterricht für Grundschüler bereits seit 2014 verpflichtend. Und in Estland programmieren bereits Erstklässler. (dpa)

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