Der Hund fraß das Wurststück, so schnell konnte sein Herrchen gar nicht reagieren. Immerhin konnte der Hundehalter verhindern, dass das Tier auf dem Hundeübungsplatz im niederbayerischen Bad Birnbach drei weitere Wurststückchen verspeiste, die sich in der Nähe befanden. Die Stücke waren allesamt mit blauen Kügelchen präpariert – Rattengift, vermutet die Polizei. Der Hund musste zum Tierarzt, doch immerhin waren durch die Polizeimeldung nun weitere Hundehalterinnen und -halter gewarnt.
Dieser Vorfall vom 28. Juni ist beileibe kein Einzelfall: Immer wieder werden Giftköder entdeckt – in Parks, auf Hundeübungsplätzen oder sogar in Privatgärten, nachdem jemand die Köder über den Gartenzaun geworfen hatte. Oft handelt es sich um Fleischstückchen, die dann mit irgendwelchen Giften und in selteneren Fällen sogar mit Nägeln gefüllt werden.
Tier musste eingeschläfert werden
Meist werden sie entdeckt, bevor ein Tier zu Schaden kommt. Manchmal aber kommt die Entdeckung auch zu spät. Wie im März in Reichenbach im Landkreis Cham: Da musste ein Hund aufgrund von Vergiftungssymptomen eingeschläfert werden. Kurz darauf fand der Halter in seinem Garten einen Giftköder. Der Hund hatte wohl zuvor davon gefressen. Die Polizei leitete Ermittlungen ein.
Seit 2021 gab es laut der Hunde-Community-App Dogorama allein in Bayern 3891 Meldungen von Giftködern und anderen Gefahren wie Blaualgen an Hundestränden oder Glasscherben an beliebten Gassigeh-Orten. Ganz vorne liegt natürlich die Landeshauptstadt München mit 539 Meldungen, allein 140 davon in diesem Jahr. Dahinter kommen Nürnberg (204), Augsburg (112), Fürth (78) und Regensburg (61).
„Giftköder sind eine der größten Gefahren für Hunde in Großstädten“, sagt Jan Wittmann, der Geschäftsführer von Dogorama. Zumal viele Fälle nicht aufgeklärt werden und so die Täterinnen oder Täter immer weitermachen können. Bei der Polizei habe das Thema nicht den allergrößten Stellenwert, sagt Wittmann. Das bloße Auslegen eines Köders ist zwar eine Straftat, aber nur eine versuchte Sachbeschädigung – Tiere gelten vor dem Gesetz grundsätzlich als Sache. Erst wenn ein Tier tatsächlich verletzt wird, greift das Tierschutzgesetz und es droht eine höhere Strafe: bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Nur muss dafür erst einmal der Täter oder die Täterin erwischt werden.
Die App Dogorama gibt es seit 2019/20. Wittmann war gerade neu nach Leipzig gezogen und hatte sich einen Welpen gekauft. Er wusste nicht einmal, wo sich die nächste Hundespielwiese befindet. Und dann kam ihm, dass es anderen auch so gehen könnte. Daraus entwickelte sich die Idee einer Plattform, über die sich Hundehalter vernetzen können. „Es gab von Anfang an reges Interesse“, erzählt Wittmann.
Und gleich wurde die App von der Community auch genutzt, um vor Giftködern zu warnen. Aus der App heraus hätten sich zudem Gruppen von Menschen gebildet, die Parks auf der Suche nach Ködern ablaufen. „So ist schon oft Schlimmeres verhindert worden“, sagt der Firmengründer.
Wittmann erinnert sich an einen Fall aus der Anfangszeit der App: Der Hund einer Münchnerin habe dauerhaft unter Durchfall gelitten. „Der Tierarzt wusste auch nicht, warum.“ Erst ein Hinweis in der App habe die Frau dann auf die Spur gebracht. In der Nähe ihrer Arbeitsstelle wurde nämlich vor immer wieder ausgelegtem Rattengift gewarnt. Und der Hund hatte zwar nichts davon gefressen, war aber regelmäßig durchgelaufen. Das reichte bei dem Kontaktgift für ziemlich heftige Verdauungsbeschwerden.
Auch in seinem Bekanntenkreis haben Hunde schon einmal einen Giftköder erwischt. Sein eigener Hund übrigens, eine Beagledame, hat bisher noch bei keinem Köder zugelangt. „Die kriegt das hin“, sagt Wittmann. „Aber ich würde für sie auch nicht meine Hand ins Feuer legen.“ In einer fremden Gegend würde er sie etwa nicht frei herumlaufen lassen. Beagle seien immerhin ziemlich verfressene Hunde. „Die machen so ziemlich alles für Futter.“
„Die machen so ziemlich alles für Futter“
Man müsse seinem Hund klarmachen: „Ich habe immer was viel, viel Besseres, als du irgendwo anders kriegen kannst.“ Wenn der Hund davon überzeugt sei, dann werde er auch jeden Giftköder links liegenlassen. Das müsse man aber trainieren. (Thorsten Stark)
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