Unbeschwerte Partystimmung trotz erhöhter Sicherheitsvorkehrungen: Bei Sonne und wolkenlosem Himmel feierten Hunderttausende am Wochenende den Start des Münchner Oktoberfests. In den Gassen zwischen Zelten, Fahrgeschäften und Buden herrschte dichtes Gedränge und Geschiebe, zeitweise blieben Zelte wegen Überfüllung geschlossen. Nach ersten Schätzungen der Festleitung kamen an den ersten beiden Tagen gut eine Million Menschen, viele auch aus dem Ausland. Im Vorjahr waren es 850.000.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem "Traumstart". Er zapfte am Samstag um Punkt 12 Uhr das erste Fass Bier mit zwei Schlägen an und eröffnete damit das wohl größte Volksfest der Welt: "Ozapft is!" Mit der ersten Maß Bier stieß Reiter traditionsgemäß mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf eine friedliche Wiesn an.
Söder zog durch sein neues Outfit die Aufmerksamkeit auf sich. Erst kürzlich tauchte er mit Bart auf. Nun trug er erstmals eine kurze Lederhose. Der aus Franken stammende Ministerpräsident kam in einer bestickten Miesbacher Hirschledernen, wie sie im Alpenvorland üblich ist. Söder, der seit 2018 als Ministerpräsident in der Anzapfboxe dabei ist, begründete die Wahl des neuen Beinkleides so: "Weil es gut ausschaut."
Reiter sagte, er sei überrascht gewesen, dass er den Ministerpräsidenten, sonst in schwarzen Stoffhosen beim Anstich, einmal so zu sehen bekomme. "Es steht ihm aber."
Auch wenn die Wiesn traditionell politikfreie Zone ist: Eine Anspielung auf die vor wenigen Tagen gefallene Entscheidung, dass Friedrich Merz der Kanzlerkandidat der Union wird, machte Söder doch: "Berlin oder die Wiesn - die Wiesn ist einfach besser."
"Mutter aller Feste"
Den Anstich verfolgten auch Prominente, darunter Florian Silbereisen, Marianne und Michael, DJ Ötzi, Franz Herzog von Bayern, Carolin Reiber und die Schauspielerinnen Michaela May und Jutta Speidel, die fröhlich Selfies machten.
Auch der frühere Dortmunder Torwart Roman Weidenfeller war da, Comedian Michael Mittermeier, "Tatort"-Kommissar Udo Wachtveitl, Ex-Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch, Söders Tochter Gloria-Sophie Burkandt und Boris Beckers Tochter Anna Ermakova. Wiesn-Stammgast Arnold Schwarzenegger und Thomas Gottschalk feierten im Marstall-Zelt.
"Es ist ein Gesamtkunstwerk", beschrieb der 54-Jährige Skandalkünstler Jonathan Meese: das Oktoberfest. "Hier ist keine Ideologie, es wird nur gefeiert - mit Liebe." Und: "Die Wiesn ist die Mutter aller Feste."
Tausende Schaulustige beim Trachtenzug
Attraktion am zweiten Tag: der Trachtenzug zur Wiesn. Mehr als 9.000 Trachtler aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern wie Österreich, Italien, der Schweiz und der Ukraine reihten sich in den sieben Kilometer langen Zug durch München ein. Tausende säumten die Straßen, um das farbenprächtige Spektakel mit Schützen, Fahnenschwingern, Brauereigespannen, Musikkapellen und Spielmannszügen zu sehen.
In Ehrenkutschen fuhren Söder - erneut in Lederhose -, OB Reiter und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner zum Festgelände.
Wetter schwächelt
Nach dem Bilderbuchwetter wird es in der neuen Woche ungemütlicher. Die Temperaturen sinken, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilt. Die Temperatur sackt auf um die 17 Grad. Regen, Gewitter - nur am Mittwoch nochmal ein Sonnen-Lichtblick. Am nächsten Wochenende sollten sich Wiesngäste wärmer anziehen. Um die 15 Grad erwartet der DWD.
Run auf die Zelte
Am frühen Morgen hatten vor allem am Samstag die ersten Wiesn-Fans auf die Öffnung des Festgeländes gewartet. Zerbrochene Bierflaschen, Dosen und Pappbecher zeugten später von dem nicht immer alkoholfreien Warm-up. Als sich die Tore um 9 Uhr öffneten, stürmten Hunderte - meist in Dirndl und Lederhose - Richtung Zelte, um einen guten Platz zu ergattern. Ein ähnliches Bild am Sonntag.
Die verschärften Sicherheitsvorkehrungen hielten die Fans nicht ab. Um Staus an den Eingängen zu vermeiden, hatten die Ordner noch vor der Öffnung des Geländes begonnen, die Wartenden zu kontrollieren.
Erstmals Metalldetektoren
Erstmals setzen sie Hand-Metalldetektoren ein, teils gab es Abtastungen, um etwa Messer zu entdecken. Am Samstag sei alles gut gelaufen, sagte ein Polizeisprecher. Es seien keine verbotenen Gegenstände gefunden worden. Die Reaktionen der Besucher seien positiv gewesen. Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner sagte: "Die Menschen sind fröhlich, die Menschen sind entspannt."
Als Konsequenz aus dem Terroranschlag von Solingen und der Tat in München kontrollieren die Stadt als Veranstalterin und die Polizei intensiver. Rund 600 Polizisten sind an den 16 Festtagen im Dienst. Dazu kommen Tausende Ordner, bis zu 1.500 sind allein von der Stadt engagiert. Zum Sicherheitskonzept gehören Videokameras auf dem Gelände, ein Verbot von größeren Taschen und Flugverbote auch für Drohnen.
Cannabis: Kein Thema. Alle hielten sich ans Rauchverbot. Es gab laut Polizei Anzeigen wegen anderer Drogen, vor allem Kokain.
Wiesn-Ärzte und -Sanitäter gut beschäftigt
Gut zu tun hatte die Wiesn-Sanitätsstation. Der Besuchersturm in die Zelte habe zu einigen Stürzen geführt, berichtete die Aicher Ambulanz. Ein Patient habe sich die Schulter ausgekugelt und zwei Finger ausgerenkt.
Die Helfer versorgten am ersten Tag rund 650 Gäste, etwa ein Drittel wegen zu hohen Alkoholkonsums. Als erste war am Samstag um 14.31 Uhr - zweieinhalb Stunden nach Schank-Beginn - eine 24-jährige US-Besucherin zur Station gefahren worden. Sie war nicht mehr ansprechbar.
Viele kamen mit blutigen Blasen an den Füßen, Schnitten oder Kreislaufproblemen. Ein junger Besucher erlitt bei der Bremsung eines Fahrgeschäfts eine Prellung am Bauch. Diagnose: nicht so schlimm. Der Bub konnte nach eingehender Untersuchung weiter auf die Wiesn.
An der Olympia-Looping-Achterbahn war beim Aufbau ein 20 Jahre alter Arbeiter bei einer Testfahrt von einem Zug erfasst und tödlich verletzt worden. Die Bahn konnte nach der TÜV-Freigabe dennoch am Samstag fahren.
Bier teurer, Trinkwasser kostenlos
Das Bier wird einmal mehr teurer. Die Maß kostet zwischen 13,60 und 15,30 Euro. Seit dem Vorjahr gibt es kostenlos Trinkwasser an Brunnen. Im Südteil der Theresienwiese findet die Oide Wiesn mit Blasmusik, Volkstanz und historischen Fahrgeschäften statt.
Gewitter und Starkregen zum Wochenstart erwartet
Nach dem goldenen Herbstwochenende werden in Bayern zum Wochenstart lokale Gewitter mit Starkregen erwartet. In Oberbayern und Schwaben könnten diese zum Teil auch unwetterartig ausfallen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte.
Die Gewitter sollen ab dem späteren Nachmittag im Westen einsetzen. Dazu könne es Starkregen, Hagel und Sturmböen geben. Die Höchstwerte liegen zwischen 18 Grad im Allgäu bis 23 Grad in Niederbayern. In der Nacht sollen sich die Gewitter dann in den Osten Bayerns verlagern.
Der Dienstag startet laut DWD örtlich noch mit Regen. Nachmittags wird es den Meteorologen zufolge dann wechselnd bewölkt mit einzelnen Schauern. Die Temperaturen liegen zwischen 15 und 20 Grad.
Im Laufe des Mittwochs sollen zunehmend Wolken über den bayerischen Himmel ziehen, im Norden Frankens könne es auch regnen. (Kathrin Zeilmann, Sabine Dobel, Britta Schultejans, Magdalena Henkel, Lena Brandner, dpa)
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