Leben in Bayern

Von links: Prinz Rupprecht (der spätere Kronprinz), Prinz Luitpold, Prinz Ludwig (der später als Ludwig III. letzte bayerische König) und Prinzregent Luitpold. (Foto: dpa)

18.10.2021

Ludwig der Letzte

Er war Ludwig der Letzte - für Bayern, denn mit ihm endete hier die Monarchie. Er war aber auch Ludwig der Erste - der erste deutsche Fürst, der 1918 den Thron verließ. Darüber hinaus war er als fromm bekannt und als humorlos - und er trug den vielsagenden Beinamen "der Vielfältige"

War er nun eigentlich rechtmäßiger König von Bayern oder nicht? Ludwig, der als der Dritte dieses Namens in die Geschichte einging, begann seine Regierungszeit als Prinzregent - so, wie sich auch sein Vater Luitpold nannte. Als der 1912 mit 91 Jahren starb, war sein Sohn schon 67 Jahre alt - eine Art Prinz Charles der Kaiserzeit. Den Königstitel trug allerdings seit dem geheimnisumwitterten Tod von Ludwig II. im Starnberger See dessen geisteskranker und regierungsunfähiger Bruder Otto. Die bayerische Regierung erreichte schließlich, dass Ludwig sich König nennen durfte - so entstand eigentlich eine Doppelmonarchie.

Doch Ludwigs Regierungszeit war nur kurz, es blieben gerade sechs Jahre bis zum Ende der Monarchie, und nur knapp neun Jahre nach Regierungsantritt starb Ludwig III., am 18. Oktober 1921, in einer völlig anderen Zeit, in einem anderen Land, auf Schloss Nádasdy in Sárvas, Ungarn. Die Ungarn werden auch Ende Oktober mit einer Ausstellung im Generalkonsulat an den letzten Wittelsbacher auf dem Thron erinnern, mit dem mehr als sieben Jahrhunderte Herrschaft in Bayern endeten. Doch angesichts der kurzen Regierungszeit bleibt er vor allem als Ludwig der Letzte in Erinnerung.

Als er im Rentenalter an die Macht kam, gaben er und seine vier Jahre jüngere Frau kein Glamourpaar ab. "Er hatte nicht die verbindliche und liebenswürdige Art", die der greise Vater offenbar besaß, berichtet Katharina Weigand, Historikerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ludwig dagegen nannte man wegen seiner schlecht sitzenden Hosen den "Vielfältigen". Wesentlich konservativer als sein Vater sei er gewesen, sagt Weigand, auch reizbarer.

"Millibauer" war sein Spitzname

Technik, Tiermedizin und Landwirtschaft waren seine Interessen - "Millibauer" war der Spitzname für den auf einem Hofgut am Starnberger See lebenden Regenten, in Anspielung auf die auf seinem Hof produzierte Milch. Die Königin hatte den kaum weniger despektierlichen Namen "Topfenreserl". Sendungsbewusstsein hatte Ludwig dennoch: Er legte Wert darauf, dass die deutschen Fürsten "nicht Vasallen, sondern Verbündete des deutschen Kaisers" sind, sagte er 1896 noch als Prinz - dafür musste er sich bei Wilhelm II. entschuldigen.

"Der Kaiser verletzte den Prinzen durch sein oft nicht rücksichtsvolles und immer burschikoses Wesen und der Prinz langweilte den Kaiser durch eine gewisse Schwerfälligkeit und Gründlichkeit und den ihm eigenen Mangel an Humor", beschrieb der bayerische Gesandte in Berlin das schwierige Verhältnis.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges forderte Ludwig bei einem selbstverständlich erwarteten Sieg des Deutschen Reiches Gebietszugewinne für sein Bayern: Teile Elsass-Lothringens und Belgiens schwebten ihm vor. Anders als sein Sohn, Kronprinz Rupprecht, zog Ludwig als einer der ältesten deutschen Fürsten nicht in den Krieg, und anders als sein Sohn wollte er auch von für ihn voreiligen Friedensschlüssen noch 1918 nichts wissen.

"Kein Deutscher denkt aber an einen schimpflichen Frieden! Da gilt es dann weiterzukämpfen, alle Mühsale und Entbehrungen auch fernerhin auf uns zu nehmen in der sicheren Zuversicht, daß Gott unsere gerechte Sache zum Siege führen wird...", hieß es 1918 nur drei Monate vor seinem Sturz. Der kam für die königliche Familie trotz der Waffenstillstandsverhandlungen auf Reichsebene, trotz des Matrosenaufstands überraschend: Am allerletzten Abend, bevor die Familie die Residenz in München fluchtartig und für immer verließ, saß man beisammen bei Hirschkalbsbraten, wie es eine Tochter des Königs in ihrem Tagebuch vermerkte.

Am folgenden Tag, dem 7. November, wurde Ludwig vom Vorsitzenden seines Ministerrats und seinem Innenminister geraten, aus München zu fliehen. Er war der erste deutsche Fürst, der seinen Thron verließ. Über den Hinterhof der Residenz ging Ludwig mitsamt seiner Familie fort wie ein Relikt aus alter Zeit, während draußen die neue Zeit marschierte, Arbeiter- und Soldatenräte, und noch am selben Abend rief Kurt Eisner, der künftige erste Ministerpräsident, den Freistaat Bayern aus und verkündete: "Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt!"

Der letzte König überlebte sein Königreich nicht lange. Nach Flucht und zweimaligem Exil lebte er schließlich im Chiemgau und starb mit 76 Jahren auf dem Schloss, das seine schon vor ihm verstorbene Frau geerbt hatte. Abgedankt aber hat Ludwig nie. "Er sah sich als König von Gottes Gnaden, das konnte nicht durch eine Revolution beendet werden", schildert Weigand Ludwigs Ansichten. Er entband lediglich Beamte, Offiziere und Soldaten von ihrem Treueid. Damit habe er maßgeblich dabei mitgewirkt, einen gewaltfreien Übergang in die neue Ordnung zu ermöglichen, würdigte ihn Heimatminister Albert Füracker (CSU) im vergangenen Jahr aus Anlass seines 175. Geburtstags.

Begraben ist er neben seiner Frau im Münchner Liebfrauendom. Dort, so lässt es die Verwaltung des Herzogs von Bayern wissen, wird zum Todestag ein Kranz niedergelegt.
(Martina Scheffler, dpa)

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