Leben in Bayern

Immer mildere Winter, ein explodierender Maisanbau, keine Fressfeinde: Wildschweine finden in Bayern zunehmend fantastische Bedingungen vor und vermehren sich rasant - keine gute Perspektive für den Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest. (Foto: dpa)

25.01.2018

Mehr Sauen töten - aber wie und wo?

Der Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest ist auch eine logistische Herausforderungen

Die Afrikanische Schweinepest rückt immer näher und der Bayerische Jagdverband sieht sich unter wachsendem Druck: Es sollen endlich deutlich mehr Wildschweine geschossen werden, fordern vor allem Landwirte und Politiker. Doch so einfach sei das eben leider nicht, argumentieren die Vertreter der Jäger-Lobby. "Angesichts der Bedrohung kochen die Emotionen hoch", so Verbandspräsident Jürgen Vocke.
Gestern lud der Verband - mit mehr als 48 000 Mitgliedern (das entspricht der Einwohnerzahl von Passau) ist er einer der größten Vereine des Freistaats - zu einer Expertenanhörung in den Münchner Presseclub. Immer mildere Winter, ein explodierender Maisanbau, keine Fressfeinde: Wildschweine finden in Bayern zunehmend fantastische Bedingungen vor und vermehren sich rastant - keine gute Perspektive für den Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest. Immer mildere Winter, ein explodierender Maisanbau, keine Fressfeinde: Wildschweine finden in Bayern zunehmend fantastische Bedingungen vor und vermehren sich rastant - keine gute Perspektive für den Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest.

Nach Infektion Erkrankung in 48 Stunden, Tod nach einer Woche


Miroslav Vodnansky, Leiter des Mitteleuropäischen Instituts für Wildtierökologie in Wien, thematisierte den künftigen Stellenwert des Nahrungsmittels Wildbret. Seit dem Reaktorunglück von Tschenobyl herrscht unter Konsumenten große Skepsis, das wird sich künftig wohl noch verschärfen. Vodnansky und sein Team beobachten vor allem die exakten Ausbreitungswege des Virus, das ursprünglich aus Afrika stammt, wo es durch Zecken auf Warzenschweine übertragen wird. Durch den unsachgemäßen Umgang Transport von Müll kam es über Georgien und Rußland ins Baltikum und aktuell wütet es bereits in Tschechien. Der Philosoph John McCarthy von der Vanderbilt-University in Nashville im US-Bundesstaat Tenessee beschäftigt sich mit der Frage, wie die Deutschen - ganz anders als die Amerikaner - soziokulturell zur Jagd stehen. Denn im Gegensatz etwa zu Förstern genießen Jäger hierzulande kein großes Ansehen, gelten vielen Mitbürgern nur als gut betuchte Tiermörder. Das macht es schwierig, sie in Zeiten wie diesen zum stärkeren Abschuss zu motivieren. Außerdem ist das Ganze ein teures Zuschussgeschäft. Der Jäger bekommt pro toter Sau 20 Euro vom Freistaat, hat aber Untersuchungen, Versicherungen und Enstsorgung viel höhere Kosten. Doch Jagen dürfte auf lange Sicht die einzige Möglichkeit im Kampf gegen die Seuche bleiben. Es gibt noch keinen Impfstoff, infizierte Tiere erkranken innerhalb von 48 Stunden und sterben nach maximal einer Woche. Symptome sind Fieber, Schwäche, Fressunlust, Bewegungsstörungen, Durchfall, Blutungen und Atemnot. Für den Fall eines Ausbruchs hat der Jagdverband gemeinsam mit dem Friedrich-Loeffler-Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit in Greifswald einen Maßnahmenkatalog nach dem Werkzeugkasten-Prinzip entwickelt: Je nach Jahreszeit, Gelände und Vegetation müssen die lokalen Behörden dann unterschiedlich reagieren.

Schweinemastbetriebe sollen teure Saufänge mitfinanzieren


Jürgen Vocke machte unterdessen seinem Unmut Luft: "Saufänge sind natürlich eine Möglichkeit, mehr Schwarzwild zu erlegen. Aber dann sollen sich die großen Schweinemastbetriebe, die deren Einsatz fordern, auch an der Finanzierung der Vorrichtungen beteiligen. Wenn sie nämlich tierschutgerecht sein sollen, kostet so ein Saufang zwischen 7000 und 8000 Euro." Ein Saufang ist eine große Falle, in die mittels Futter gleich eine ganze Rotte - die Bache und ihre bis zu zehn Frischlinge - hineingelockt und dann abgeschossen werden. Das fanden die Jäger bisher mehrheitlich unwaidmännisch. Das Problem: Niemand weiß, wie viele Wildschweine es derzeit überhaupt in Bayern gibt, möglich seien nur grobe Schätzungen. Erlegt wurden in der Jagdsaison 2016/2017 rund 60 000 Stück Schwarzwild. Allerdings gehen die Veterinäreder Tierärztlichen Hochschule München von einer Reproduktionsrate von 230 Prozent bei Wildschweinen aus. Das Fehlen natürlicher Feinde, die immer milderen Winter, der Umbau der Forsten von Nadel- zu Mischwäldern und das wachsende Angebot an Nahrung (vor allem der explodierende Maisanbau) lassen die Population zusätzlich in die Höhe schnellen. Die Afrikanische Schweinepest wird also nicht so schnell verschwinden - im Gegenteil. (André Paul)

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