Leben in Bayern

Imposantes Musikinstrument. Immer mehr Menschen wollen das Alphorn spielen können. (Foto: Daniel Peter, dpa)

09.03.2016

Mit Muskelkater mehr als drei Töne schaffen

Wer bei einem Alphorn nur an Trachten und entlegene Berghütten denkt, der irrt. Immer mehr wollen das imposante Gerät spielen können: Ein Kurs in Nordbayern war beispielsweise ruckzuck ausgebucht

Eindrucksvoll, fast majestätisch schallt es durch die Gemäuer der Musikakademie Hammelburg. Die Klänge der langen, aus Holz gefertigten Hörner erfüllen den ganzen Raum. Fernab der Alpen hat der Nordbayerische Musikbund zu einem Alphorn-Workshop in Unterfranken geladen. "Eine einmalige Sache, sowas zu ermöglichen", findet der Dozent Ralf Denninger, denn 16 Instrumente wurden zur Verfügung gestellt. Dabei ist es ein ungeschriebenes Gesetz unter den Bläsern, die Hörner nicht zu verleihen: "Nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern auch, um die Exklusivität zu wahren."

Bei 111,1 Dezibel liegt der Weltrekord im Alphornlautblasen. Das ist in etwa die Lautstärke eines Presslufthammers, jedoch um einiges wohlklingender. Die unterschiedlichen Töne entstehen allein durch Körperspannung, Atemtechnik und Mimik - reine Naturtöne. Vier Oktaven sind theoretisch möglich, doch das hält Denninger für ein Optimum. Er schätzt, dass gerade mal 20 Prozent der Bläser "Allrounder" sind und sowohl hohe als auch tiefe Töne beherrschen. Einem Anfänger traut der Schwabe drei bis fünf Töne zu.

Monika Caliebe aus Hof schafft bereits sieben. Sie wollte unbedingt ihr Alphornspiel verbessern und hat sich deshalb angemeldet. Im vorherigen Jahr hat sie das erste Mal an einem der Kurse teilgenommen und sich anschließend ein eigenes Horn zugelegt. "Das ist einfach ein tiefer, satter Klang. Da vibriert der Körper von innen heraus", schwärmt die Krankengymnastin aus Hof. So wie ihr geht es vielen Blasmusikern. Zudem suchen viele ältere Blasmusiker nach neuen Herausforderungen, und dazu passt das Alphorn gut, sagt der Geschäftsführer des Nordbayerischen Musikbundes, Andreas Kleinhenz.
Kein Wunder also, dass die 23 Kursplätze sofort ausgebucht waren und der Musikbund sogar zwei weitere Termine auf die Beine stellen musste. "Am Anfang wurde das noch belächelt. Aber ich war mir sicher: das läuft", erinnert sich Kleinhenz.

Muskelkater im Mundbereich: "Nach 15 bis 20 Minuten Spielen ist erstmal Feierabend"

Der 26-jährige Stefan Gruber beklagt bereits den ersten Muskelkater im Mundbereich. "Nach 15 bis 20 Minuten Spielen ist erstmal Feierabend", so der Förster aus Lohr. Davon kann auch Denninger ein Lied singen: "Ein bisschen Nachlässigkeit beim Üben merkt man sofort." Eine Stunde auf dem Alphorn empfindet er als genauso anstrengend wie drei Stunden auf der Posaune. "Ich habe das einfach gemacht, um mir Zeit zu sparen", erklärt der Kursleiter.

Aber die Freude darauf, die volle Kraft des Alphorns in den Bergen zu testen, treibt an. Denn die Resonanz ist ein entscheidender Punkt. "Ein großes Wohnzimmer tut's aber auch", meint Teilnehmerin Caliebe. Oder eben der große Saal der Musikakademie Hammelburg, in dem die 16 fortgeschrittenen Bläser mit ihren Hörnern imposante Klänge erzeugen.

Spaß haben die Teilnehmer auf jeden Fall am gemeinsamen Musizieren. Dabei war das Alphorn einst ein Soloinstrument. Formationen sind ein Erscheinungsbild der jüngeren Geschichte. Erst vor 10 bis 15 Jahren haben Komponisten angefangen, Noten niederzuschreiben, erklärt Denninger.

Wer hat's erfunden? Nicht die Schweizer, glaubt der Experte

Der Einzug in Musikrichtungen wie Jazz und Schlager habe das hölzerne Instrument dann in der breiten Öffentlichkeit bekanntgemacht, erklärt Thomas von Arx, Präsident der Alphornvereinigung Nordwestschweiz. "Die Anzahl an Alphornbläserinnen und -bläsern steigt stetig", so von Arx. Allerdings finde nicht jeder im Verein das Aufleben gut: "Vor allem das Streben nach Rekorden ist den traditionsbewussten Alphornbläsern ein Dorn im Auge."

In Hammelburg lehrt Denninger seine Schülern sowohl moderne Schlager als auch den traditionellen Alphorn-Ruf. Mit dem wurde sich von Alm zu Alm verständigt. "Mir und meinen Viechern geht's gut. Das war quasi das damalige Handy der Alpen", sagt der Kursleiter, der seit 20 Jahren ins Alphorn bläst.

Den Geburtsort des Alphorns sieht der Dozent der Pädagogischen Hochschule Heidelberg übrigens nicht im Nachbarland. Die Schweizer waren seiner Meinung nach einfach die ersten, die es vermarktet haben. "Alphornähnliche Instrumente gab es immer überall dort, wo Berge sind - von Südafrika bis zum Himalaya." Wenn er bald in Rente geht, möchte der Schwabe die Welt bereisen. Und sein Alphorn? "Das darf sogar im Handgepäck mitfliegen", sagt Denninger. (Anja Meusel, dpa) Bilder (Daniel Peter, dpa):
Dozent Ralf Denninger zeigt beim Alphorn-Workshop in der Bayerischen Musikakademie in Hammelburg die richtige Blastechnik.  Monika Caliebe aus Hof schafft bereits sieben Töne auf dem Instrument.

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