Leben in Bayern

Siegfried Schwinn mit dem Modell der Synagoge von Bad Königshofen. Kleines Die Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen. (Fotos: Josef Kleinhenz)

26.07.2019

Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl

Ungewöhnliches Hobby: Der unterfränkische Rentner Siegfried Schwinn baut historische Gebäude im Kleinformat nach

Kirchen, Schlösser und Burgen sind die große Leidenschaft von Siegfried Schwinn. Der 69-jährige Franke aber begnügt sich keineswegs damit, die historischen Bauten zu besichtigen. Der gelernte Fabrikarbeiter errichtet sie selbst – im Maßstab 1 zu 100 aus kleinen Bastelhölzern. Besonders Gotteshäuser haben es dem Rentner aus Sylbach, einem Ortsteil von Haßfurt, angetan. Schwinn will damit eine sichtbare Verbindung zum christlichen Erbe herstellen, sagt er. Und so wählte er für eines seiner kleinen Holzmodelle nicht von ungefähr die bekannte Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen aus.

Zu Beginn einer Arbeit misst Schwinn zunächst vor Ort den Grundriss des Objekts aus. Seine Frau Gisela ist dann stets dabei. Denn sie stellt sich mit einem drei Meter langen Zollstock vor das ausgewählte Bauwerk. Der Künstler macht ein Foto, mit dessen Hilfe er dann die Höhe des Gebäudes abschätzen kann. So erspart er sich eine mühevolle Vermessung.

Eine Abbildung des Gebäudes, in Teile geschnitten, und eine Skizze dienen als Vorlage beim Nachbau. Mehr als 2000 kleine Bastelhölzer benötigt Schwinn für ein Bauwerk. „Die Fenster fertige ich mit Kunststoff- und Balsaholz und das Fachwerk bepinsele ich mit roter Farbe, damit alles originalgetreu aussieht“, erklärt er. Größtenteils Sperrholz verwendet Siegfried Schwinn für den Unterbau seiner Objekte. Auch Streichhölzer kommen zum Einsatz, teils sogar bereits verwendete. Dazu kommen Schere, Messer – und viel Klebstoff.

„Meine Arbeitsstunden habe ich noch nie gezählt“, sagt Schwinn. Klar aber, dass es eine Menge sind. Für das Schloss Unsleben im Landkreis Rhön-Grabfeld zum Beispiel habe er rund drei Monate gebraucht, erklärt er. „Es macht aber natürlich einen Unterschied, ob ich täglich durchgehend arbeite oder größere Pausen einlege.“

Er gibt ein Modell nur schweren Herzens weg

Schwinn bastelt zum Vergnügen. Wichtig sei ihm, dass sich Menschen über sein Handwerk freuen, erklärt er. Wenn seine Arbeit wertgeschätzt werde, sei dies nicht nur der größte Lohn seiner Mühen, sondern auch Ansporn für weitere Bauwerke. Als sich für die Burg Lisberg bei Bamberg ein Kaufinteressent bei ihm meldete, zögerte Schwinn angesichts des hohen ideellen Werts, den seine Bauten für ihn besitzen. Schweren Herzens gab er die Burg dann aber her. „Wenn es weg ist, habe ich es nicht mehr vor Augen – das tut dann schon ein bisschen weh“, sagt er.

Als eine der wenigen Auftragsarbeiten baute Schwinn die Synagoge im fränkischen Bad Königshofen nach. Von 1903 bis 1904 errichtet, wurde das Innere des Gebäudes 1938 von den Nazis zerstört. Im Krieg diente es als Getreidespeicher. 1951 wurde es abgetragen. Nun existiert die Synagoge aber zumindest wieder als Holzmodell. '

Freilich geht nicht immer alles glatt über die Bühne. „Es passiert auch mal ein Fehler bei der feinfühligen Arbeit“, gibt der Künstler zu. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass die Maße in Länge oder Breite nicht hundertprozentig zusammenpassen. Dann brauche es eine Korrektur.
Eines von Schwinns Meisterwerken ist das Modell des 1900 infolge eines Blitzeinschlags abgebrannten Schlosses von Kleineibstadt im fränkischen Grabfeld. Das Schloss galt als eine der schönsten Renaissanceanlagen Unterfrankens. Aus einem Buch über Burgen und Schlösser hatte der Bastelkünstler von dem zerstörten und ihm bis dahin völlig unbekannten Gebäude erfahren. Heute hat Schwinns Renaissancebau in Miniatur seinen Ehrenplatz in Kleineibstadts Gemeindekanzlei. Bürgermeister Emil Sebald freut sich, das gelungene Exemplar präsentieren zu können. „Schaut doch bitte mal her, so hat unser abgebranntes Schloss einmal ausgesehen“, ruft er Besuchern gerne zu.

Zu seinem Hobby war Schwinn 1975 durch einen Zufall gekommen. Bei einer schlesischen Familie in Sylbach entdeckte er eine Windmühle. Diese faszinierte ihn so, dass er sie unbedingt im Kleinformat nachbauen wollte. Das klappte, und so wagte er sich bald an neue Herausforderungen heran. Das Ergebnis bislang: rund 20 filigrane Meisterwerke aus Holz. Bis zu diesem Sonntag sind sie im Kunsthandwerkerhof Stadtlauringen zu sehen. (Josef Kleinhenz)

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