Leben in Bayern

Vertreiben eine fair gehandelte Hanfschokolade: die Schüler Kristin Dittrich, Elisabeth Ahnert und Marco Schierling (von links). (Foto: Pat Christ)

07.02.2020

Naschen für den Klimaschutz

Würzburger Schüler haben eine Firma gegründet, mit der sie Hanfschokolade vertreiben – mit dem Erlös sollen 500 Bäume gepflanzt werden

Bäume sind unabdingbar für eine gute Luftqualität. Sie liefern Sauerstoff. Entziehen der Atmosphäre Kohlendioxid. Im Sommer sind sie willkommene Schattenspender. Doch Bäume sind bedroht. Schlimmer noch: Ganzen Wäldern droht die Zerstörung. „Als wir begonnen haben, unser Projekt zu planen, brannte der Amazonas-Regenwald“, erzählt Elisabeth Ahnert, Berufsschülerin der Fachakademie für Ernährungs- und Versorgungsmanagement an der Würzburger Klara-Oppenheimer-Schule. Für sie und ihre 15 Mitschüler war schnell klar: Dagegen muss man etwas unternehmen.

Die jungen Leute gründeten eine Schülerfirma. Marco Schierling, der als Geschäftsführer von „SchoCana“ fungiert, hatte die Idee, mithilfe von Hanfschokolade ein kleines Stück Welt zu retten. Tausend Tafeln Schokolade sollen in den kommenden Wochen verkauft werden. Etliche wurden bereits unter die Leute gebracht. Ist das gesamte Kontingent weg, gehen 500 Euro an die Organisation „Plant-for-the-Planet“. „Damit werden 500 Bäume gepflanzt“, erklärt Ahnert.

Geschäftsführer Schierling ist gelernter Metzger und Koch und begann vor einem Jahr mit der Ausbildung zum Ernährungs- und Versorgungsmanager. „Hanf gilt aktuell als Superfood“, erklärt er. Denn Hanfsamen hätten ein optimales Verhältnis der mehrfach ungesättigten Fettsäuren Omega 3 und Omega 6, ergänzt Ahnert. „Außerdem enthalten sie Eisen und Kalzium.“ Die Zartbitter-Schokolade von SchoCana besteht zu zwölf Prozent aus hochwertigen Hanfsamen.

Die Idee, eine Schokolade mit Hanf zu vertreiben, klang zunächst ein bisschen obskur. Was der Schulleiter wohl dazu sagt? Wird er es erlauben, ein solches Produkt auf den Markt zu bringen? Oder legt er ein Veto ein? Das musste abgeklärt werden. Wilhelm Ott, Chef der Klara-Oppenheimer-Berufsschule, schreckte das Wort „Hanf“ nicht ab: „Schließlich nutzen wir auch Hanfseile, außerdem ist inzwischen klar, dass Cannabis in der Medizin für manche Patienten große Vorteile hat.“

Es braucht aber auch eine Menge betriebswirtschaftliches Know-how, um eine Firma zu gründen. Marketing, Buchführung, Produktionsüberwachung –  ein Unternehmen ist ein komplexes Gebilde. An der Fachakademie für Ernährungs- und Versorgungsmanagement vermittelt Beate Neuhaus-Krevert das benötigte Wissen im Fach „Existenzgründung“. Sie tut dies mit großem Erfolg. Vier Schülerfirmen wurden bisher unter ihrer Regie gegründet. Dreimal gelang es, beim bayrischen Landeswettbewerb für Schülerfirmen den ersten Platz zu ergattern. Einmal reichte es immerhin für den zweiten Platz.

Auch soziale Aspekte sind den Schülern wichtig: die Schokolade ist Fairtrade

Die Suche nach einem Kooperationspartner für die Produktion der Schokolade gestaltete sich allerdings schwierig. Die Ansprüche waren hoch: Die Hanfschokolade sollte bio, vegan und aus fair gehandeltem Kakao hergestellt sein. Mehrere Firmen hätten die Anforderungen erfüllt, allerdings oft zu einem Preis, den die Schüler nicht akzeptabel fanden. Eine Tafel hätte am Ende fünf oder sechs Euro gekostet. Am Ende entschieden sich die angehenden Betriebswirte für die traditionsreiche Schokoladenfabrik Weinrich aus Herford, die Kakao verwendet, der von Naturland, Fairtrade, Rainforest Alliance oder UTZ zertifiziert ist. 3,49 Euro kostet die Tafel SchoCana-Schokolade nun. Das kann sich nicht jeder leisten, wissen die Schüler.

Mit ihrem Projekt wollen sie aber auch klarmachen: Schokolade hat ihren Preis. Wer will, dass die Kleinbauern, die den Kakao liefern, anständig entlohnt werden, darf nicht zur Billigstschokolade greifen. Da für die Schülerinnen und Schüler nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte bei ihrem Projekt eine Rolle spielten, beschlossen sie, mit den Mainfränkischen Werkstätten zu kooperieren. Dort bieten Menschen mit geistiger Behinderung Dienstleistungen an. Dort werden Taschen aus alten Buchseiten hergestellt, in die jeweils zwei Tafeln Hanfschokolade gesteckt werden.'

Durch ihr Projekt erfuhren die Schüler auch, wie viele verschiedene Qualitätssiegel es inzwischen gibt und wie unterschiedlich sie bewertet werden. So war der Weltladen im nahe gelegenen Marktheidenfeld gleich bereit, die Hanfschokolade ins Sortiment zu nehmen. Der Würzburger Weltladen hingegen lehnte dies ab. Ihm reicht die UTZ-Zertifizierung nicht. Obwohl die Organisation mit Hauptsitz in Amsterdam das weltweit größte Zertifizierungsprogramm für Kakao verantwortet. Abgesehen davon gibt es jedoch kaum Hemmnisse bei der Vermarktung und dem Vertrieb der Hanfschokolade. Viele Geschäftsleute finden die Idee toll, mit einem süßen Trendprodukt Gutes für die Umwelt zu tun. Eine Würzburger Kaffeemanufaktur, ein Café mit drei Filialen, das Würzburger Naturkaufhaus sowie ein Edeka-Markt waren bereit, die Schokolade in Kommission zu nehmen. Und so ist innerhalb eines Monats schon mehr als ein Drittel der Produktion verkauft.

Für diesen Erfolg haben sich die Schüler aber auch tüchtig ins Zeug geleg. Ob die fünfte Schülerfirma aus der Kreativschmiede der Klara-Oppenheimer-Schule ebenfalls einen guten Platz beim Landeswettbewerb ergattern kann? Die Naschkatzen, die inzwischen „süchtig“ nach der Hanfschokolade sind, drücken jedenfalls fest die Daumen.
(Pat Christ)

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