Leben in Bayern

Justizbeamte nehmen dem Angeklagten im Landgericht Traunstein vor Prozessbeginn die Handschellen ab. Er wurde nun wegen Mordes an der Studentin Hanna verurteilt, will aber die Entscheidung des Landgerichts anfechten. (Foto: dpa/Uwe Lein)

19.03.2024

Neun Jahre Haft wegen Mordes an Studentin Hanna

Wurde Hanna ermordet – und wer war der Täter? Der Indizienprozess um den Tod der Medizinstudentin hat sich lange hingezogen. Nun hat das Landgericht Traunstein ein Urteil gesprochen. Doch die Verteidigerin des Verurteilten kündigte unmittelbar nach dem Ende des Prozesses an, Revision einlegen zu wollen

Im Indizienprozess um den Tod der Studentin Hanna hat das Landgericht Traunstein am Dienstag den angeklagten jungen Mann zu neun Jahren Haft verurteilt. Nach Auffassung der Jugendkammer hat der damals 20-Jährige die junge Frau am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven verfolgt, von hinten angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach geworfen.

Er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes verurteilt. "Es handelte sich nicht um einen Unfall", sagte die Vorsitzende Richterin. Doch der verurteilte Mann will die Entscheidung des Landgerichts anfechten. 

Laut Obduktion ertrank die 23-Jährige. Weil der Angeklagte zur Tatzeit noch 20 Jahre alt war und ihm Gutachter Reifeverzögerung attestierten, verhängte das Gericht eine Jugendstrafe.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den inzwischen 22 Jahre alten Angeklagten neuneinhalb Jahre Jugendstrafe wegen Mordes verlangt. Die Anklage sah nach rund einem halben Jahr Prozessdauer und mehr als 30 Verhandlungstagen die Schuld des Angeklagten vollumfänglich bestätigt. 

Revision angekündigt

Die Anwälte des jungen Mannes hatten hingegen Freispruch gefordert. Sie sahen viele Widersprüche unter anderem in Aussagen wichtiger Zeuginnen und Zeugen - und halten die Schuld ihres Mandanten keineswegs für erwiesen. Nach ihrer Auffassung könnte Hanna, die bei ihrem Tod etwa zwei Promille Alkohol im Blut hatte, ohne fremdes Zutun in den Bach gestürzt sein.

Verteidigerin Regina Rick kündigte unmittelbar nach dem Ende des Prozesses an, Revision einlegen zu wollen. Sie sprach von der "Verurteilung eines Unschuldigen sehenden Auges" und betonte: "Sowas kann der BGH nicht akzeptieren."

Das Gericht hatte ihren Mandanten nach einem langen Indizienprozess wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes aus Verdeckungsabsicht zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler sah es als erwiesen an, dass der damals 20-Jährige die 23-jährige Hanna am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven von hinten angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach geworfen hat. 

Die Version, die junge Frau könne gestürzt sein, es könne sich um einen Unfall handeln, verwarf das Gericht als abwegig und "lebensfremd". Aßbichler kritisierte die Verteidigung Ricks scharf. Sie warf ihr vor, sie trage das Verfahren "auf die Straße", verhalte sich "eines Organs der Rechtspflege unwürdig" und rügte vor allem, dass Rick mit ihrem prominenten Mandanten Manfred Genditzki, der 2023 nach 13 Jahren unschuldig in Haft freigesprochen worden war, im Traunsteiner Gericht aufgetaucht war. 

In seinem Fall hatte das Gericht in einem Wiederaufnahmeverfahren entschieden, dass die Frau, für deren angebliche Ermordung er in Haft saß, bei einem Unfall gestorben sei. "Das ist natürlich genau vergleichbar", sagte dagegen Rick, die auch im Traunsteiner Verfahren Freispruch für ihren Mandanten gefordert und im Laufe des Verfahrens einen Befangenheitsantrag gegen Aßbichler gestellt hatte wegen eines Mailwechsels zwischen der Richterin und der Staatsanwaltschaft. Diesen sieht Rick als Hauptgrund dafür, dass ihre Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg haben könnte. 

Eltern als Nebenkläger dabei

Hannas Eltern nahmen als Nebenkläger an dem Prozess teil. Deren Anwalt hatte sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung des Angeklagten zu neuneinhalb Jahren Haft angeschlossen. Er sagte in seinem Plädoyer, für die Eltern stelle sich tausendfach die Frage: "Warum?" Diese Frage sei in dem Prozess bedauerlicherweise unbeantwortet geblieben. 

Hanna hatte in jeder Nacht im Oktober 2022 im "Eiskeller" gefeiert und die Disco am frühen Morgen verlassen. Zu Hause kam sie nie an. Stunden später fand ein Passant ihre Leiche viele Kilometer weiter im Fluss Prien, in den der Bärbach mündet. (Sabine Dobel, Britta Schultejans, dpa)

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