Leben in Bayern

Zwei, die sich verstehen: Alois Reitmeier mit seinem Lieblingsstrauß Zöpfi. (Fotos: Bäumel-Schachtner)

18.04.2019

Ostereier in XXL

Da hat der Osterhase einiges zu schleppen: Straußeneier wiegen bis zu 1,6 Kilogramm – ein Besuch auf der Farm der Reitmeiers in Niederbayern

Im Hofladen von Gaby und Alois Reitmeier liegen die größten Ostereier der Welt. 15 Zentimeter Durchmesser – gelegt von Straußenvögeln. Die Reitmeiers haben gleich 26 Tiere – sie werden bis zu drei Meter groß und 150 Kilogramm schwer. Damit sie legen, müssen die Laufvögel gut gepflegt werden – wie auf der Straußenfarm in Grammelkam kurz hinter Landshut.

„Ja, wo is denn der Kari?“ Alois Reitmeier steht in Arbeitsklamotten und Gummistiefeln am Drahtzaun und späht in das Gehege. Lange bleibt er nicht alleine. Vier Riesenvögel rennen auf ihn zu. Der stolze Gockel Kari und seine drei Gefährtinnen. Riesige braune Augen mustern Reitmeier neugierig. Sie sind umrahmt von dichten Wimpern, dazwischen ein kapitaler Schnabel. Kari und seine Hennen sind Straußenvögel. Und sie lieben es, wenn einer der Reitmeiers bei ihnen vorbeischaut.

Gaby und Alois Reitmeier halten auf ihrer Straußenfarm in Grammelkam bei Landshut derzeit 26 Vögel. 2015 zogen die ersten Strauße auf den kleinen Bauernhof ein .Sie sind sehr robust und nur sehr selten krank, erklärt Alois Reitmeier die Vorzüge der Tiere. Es sei überdies ein großer Irrtum, dass es den Vögeln in unseren Breiten zu kalt ist. „Strauße haben sich seit fünf Millionen Jahren nicht verändert“, erklärt Reitmeier. „Sie haben die Eiszeit überlebt und bleiben bei uns auch im Winter draußen.“ Den Unterstand suchen die Tiere eher im heißen Sommer, um sich im Schatten abzukühlen. Denn Hitze mache den Vögeln zu schaffen, so Reitmeier. Wird es zu heiß, stellt er Sprinkler auf – „und die Tiere können planschen“, sagt der Niederbayer.

Reitmeier lehnt nun am Zaun und lässt Kari gewähren. Der zupft an dessen Ärmel und hackt ihm immer wieder mit dem Schnabel auf die Hand. Kein Zeichen von Aggression. Es ist ein Begrüßungs- und Zärtlichkeitsritual. Reitmeier streicht dem Hahn liebevoll über den flauschigen Kopf. „Gockel sind schwarz, Hennen grau“, erklärt der 48-Jährige. Kari hat zudem derzeit leuchtend orange Füße. „Er ist in der Balz“, sagt Reitmeier. Ist die vorbei, werden die Füße wieder grau.

Der Inhalt entspricht 30 Hühnereiern – mindestens

Die Reitmeiers leben nicht nur von ihren Tieren, sie leben mit ihnen. Vögel, die andere schon längst geschlachtet hätten, rennen in Grammelkam munter über die weitläufigen, gut gepflegten Weiden. Einer davon ist Zöpfi. Das dreijährige Tier ist viel zu klein für sein Alter, hat kürzere Füße und weniger Gewicht. Ein anderer Züchter hätte mit ihm wohl kurzen Prozess gemacht, nicht so die Reitmeiers. Zöpfi ist deren Liebling. Reitmeier fasst ihn um den Hals. Engumschlungen, fast wie ein Liebespaar, gehen sie zurück in das Gehege. Denn Zöpfi ist zwar klein, aber sehr geschickt. „Das ist unser Ausbrecherkönig“, sagt Gaby Reitmeier lachend, während ihr Zöpfi noch keck die Pudelmütze vom Kopf ziehen kann, bevor ihr Mann ihn „abführt“. „Er schafft es immer wieder, durch den Zaun zu kommen“, sagt Alois Reitmeier. Aber er lässt sich auch immer wieder brav zurückbringen. „Er ist wie ein Hund“, sagt Reitmeier.

Im Gehege nebenan liegt ein riesiges Ei in einer Mulde unter dem Unterstand. Es ist 30 mal größer als ein Hühnerei. Eine Henne hat gelegt. Strauße legen alle zwei Tage ein Ei, rund 14 Tage lang. „Dann wissen sie, das Nest ist voll und sie machen eine Pause“, erklären die Reitmeiers. Oft nehmen sie den Tieren die Eier nicht weg, damit sie sie ausbrüten können. Nicht nur, weil das Paar Strauße züchtet. Sondern auch, weil die Hennen ein permanentes Legen auslaugen würde. „Wir wollen unsere Tiere schonen“, sagt Reitmeier. Das Calcium für die Eierschalen zum Beispiel fehlt sonst den Hennen. „Wir wollen nicht, dass ihre Füße instabil werden und das Tier erkrankt.“

Vom Strauß lässt sich so gut wie alles verwerten

Einige der Eier verkaufen die Reitmeiers – für 30 Euro das Stück. Allein die Schale ist 15 Euro wert. Der Rest wird ausgebrütet – mittels Arbeitsteilung à la Strauß. „Tagsüber brütet die Henne, nachts der Hahn“, erklärt der Niederbayer das tierische Job-Sharing. „Kari aber ist ein sehr sozialer Hahn. Er kommt auch mittags für eine Stunde zu den Eiern, damit die Henne ein wenig laufen, fressen und trinken kann.“ Nach 42 Tagen schlüpfen die Küken.

In ein, zwei Jahren wollen die Reitmeiers aus dem Bauernhof eine Erlebnisfarm machen. Damit Besucher die Tiere kennenlernen können. Auch ein Spielplatz ist geplant. Schon fertig dagegen ist das kleine Schlachthaus, das bald in Betrieb gehen soll. Das Fleisch der Strauße sei sehr gesund, da es wenig Fett und Cholesterin enthalte, sagt Gaby Reitmeier. Auch die Eier hätten vergleichsweise wenig Cholesterin und seien zudem auch für Allergiker geeignet, die keine Hühnereier vertragen. Auch in der Hundefutterindustrie nimmt das Straußenfleisch der Reitmeiers Abnehmer. Straußensehnen eignen sich zudem zur Zahnpflege bei Vierbeinern.

Von einem Strauß, der zwischen 110 und 150 Kilo auf die Waage bringt, kann beinahe alles verwertet werden, erklärt Alois Reitmeier. Nicht nur das Fleisch. Selbst die Eierschalen haben ihren Platz im Hofladen. Öffnet man die Straußeneier vorsichtig mit der Bohrmaschine, lassen sich daraus aparte Dekoobjekte basteln. Und natürlich im Frühling besonders beliebt: das bemalte Straußen-Osterei. Ein Künstler aus Ostdeutschland verziert die Eierschalen der Reitmeiers mit Air-Brush-Motiven, zum Beispiel mit Löwen oder Nashörnern.

Löwen lernen die Strauße der Kreitmeiers im Gegensatz zu ihren in Afrika lebenden Artgenossen zwar nicht kennen. Dadurch aber haben sie weniger Stress – denn die sind ihre ärgsten Fressfeinde.
(Melanie Bäumel-Schachtner)

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